Die IG Nachtflugverbot Leipzig/Halle e. V. gibt nicht auf. Gesundes Leben ist ein Menschenrecht. Und schlafen unter Fluglärm ist nun einmal nicht gesund. Zwar erlebte der Verein am 7. Juli eine heftige Demotivierung: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte eine Beschwerde des Vereins zurückgewiesen. Aber der Gerichtshof in Straßburg hatte es sich mal wieder leicht gemacht und die Beschwerde aus formalen Gründen zurückgewiesen.

Womit sich auch dieses Gericht in die Reihe von Gerichten einreiht, die sich mittlerweile ins Formale flüchten, wenn ihnen ein Thema wie der Lärm an europäischen Flughäfen zu heiß ist.

Nach mehr als vier Jahren Bearbeitungszeit hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Beschwerde mit rein formalen Argumenten als unbegründet abgewiesen. “Dies ist mehr als ärgerlich, da wir uns von der Beschwerde vor der höchsten richterlichen Instanz in Europa endlich eine rechtliche Würdigung der neuen Gesundheitsstudien versprochen hatten”, erklärt dazu Michael Teske, Vorstand der IG Nachtflugverbot Leipzig/Halle. “Diese beweisen wissenschaftlich wasserdicht, dass Lärmpegel, wie sie die Anwohner des Flughafens Leipzig/Halle trotz der gepriesenen ‘Schallschutzmaßnahmen’ allnächtlich aushalten müssen, gesundheitsschädigend sind.”

Womit der Verein wieder da ist, wo er auch 2005 und 2006 schon vor, als ihm sämtliche staatlichen Instanzen weismachen wollten, mit den Planfeststellungsverfahren für die Start- und Landebahn Süd am Flughafen Leipzig/Halle sei alles rechtens. Aber gerade diese Täuschung müsste doch angreifbar sein, findet der Verein.

Am 10. September hat die IG Nachtflugverbot Leipzig/Halle deshalb über den Leipziger Anwalt Wolfram Günther bei der Landesdirektion Sachsen einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Planfeststellungsverfahrens für den Flughafen Leipzig/Halle gestellt.Mit dem Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ist die Genehmigungsbehörde nun erstmals gezwungen, inhaltlich auf diese neuen Erkenntnisse einzugehen. Sie muss “von Amts wegen” überprüfen, ob die sogenannte DLR-Studie, die dem “Schutzniveau” des Planfeststellungsbeschlusses zugrunde liegt, angesichts der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse überhaupt noch haltbar ist.

Im Wiederaufnahmeantrag der IG Nachtflugverbot wird dazu formuliert: “Sowohl hinsichtlich der Ermittlung der Lärmwirkungen, als auch hinsichtlich der wertenden Beurteilung über die Zumutbarkeit des Fluglärms beruht der Planfeststellungsbeschluss auf erheblichen Fehlannahmen und Fehleinschätzungen. Daraus folgend sind die festgelegten Bestimmungen zum Nachtflugbetrieb und Lärmschutz in keiner Weise geeignet, den Schutz der menschlichen Gesundheit … zu gewährleisten. Der Planfeststellungsbeschluss … verstößt gegen das Verfassungsgebot auf Schutz der körperlichen Unversehrtheit aus Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz.”

“Sollte die Genehmigungsbehörde die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses aus eigener Initiative ablehnen, was hinsichtlich politischer Vorgaben sehr wahrscheinlich ist, so wird der Verein eine Rücknahme oder teilweisen Widerruf des Planfeststellungsbeschlusses beantragen”, kündigt Teske an.

Zur Frage der Kosten dafür sagt er: “Ob wir diesen Schritt tun, wenn nötig auch den Klageweg noch einmal beschreiten können, hängt ganz wesentlich vom Engagement der Fluglärmbetroffenen ab. Wenn die Mitglieder und Sympathisanten der IG Nachtflugverbot und der anderen im Netzwerk ‘Zukunft LEJ’ engagierten Vereine uns weiter so unterstützen wie in den vergangenen zehn Jahren, sind wir optimistisch, das durchzustehen.”

Die Erfolgschancen werden – so Teske – von Fachleuten vorsichtig optimistisch eingeschätzt. Denn noch nie sind die Fluglärmbelastungen an deutschen und internationalen Flughäfen einem “Stress-Test” auf der Basis der neuen Gesundheitsstudien unterzogen worden. Teske: “Der Flughafen Leipzig/Halle bietet erstmalig die Chance, dies zu tun.”

www.nachtflugverbot-leipzig.de

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