Manchmal darf der Leipziger wirklich das Gefühl haben, dass es CDU-Angeordnete ein bisschen schwer haben zu unterscheiden, was nun Kommunal- und was Landespolitik ist. So wie Wolf-Dietrich Rost, der gleichzeitig Landtagsabgeordneter in Dresden und Stadtrat in Leipzig ist. Am 12. August platzierte er mit CDU-Stadtratskollege Uwe Rothkegel eine Anfrage zur Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in Leipzig. Und aus der SPD kommt nur ein großes Ojemine.

Diesmal von Holger Mann, der im Leipziger Norden auf dem selben Terrain um ein Landtagsdirektmandat kämpft wie Wolf-Dietrich Rost. Die geplante Leipziger Erstaufnahmeeinrichtung an der Max-Liebermann-Straße liegt mitten drin in diesem Wahlbezirk – auf ehemaligem Kasernengelände, das dem Freistaat gehört. Denn das Einrichten von Erstaufnahmeeinrichtungen ist Landesaufgabe. Da ist Leipzig nicht einmal vollziehende Behörde – anders als bei der regulären Asylbewerberunterbringung.

Es wäre also logisch gewesen, das Fragenpaket, das Wolf-Dietrich Rost und Uwe Rothkegel sich ausgedacht haben, im Landtag zu platzieren und den Innenminister antworten zu lassen. Im Ratsinformationssystem der Stadt Leipzig wirkt es schon seltsam.Hier ist es:

“Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in der Max-Liebermann-Straße

Die Stadtverwaltung der Stadt Leipzig hat bestätigt, dass ein Gebäude an der Max-Liebermann-Straße zukünftig als Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende genutzt werden soll.
Unsere Fragen dazu lauten:

1. Wann wurden erste Verhandlungen mit dem Freistaat Sachsen aufgenommen zur Errichtung der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende am Standort Max-Liebermann-Straße?
2. Mit welchen Maßnahmen plant die Stadt, die Infrastruktur im direkten Umfeld dieser Einrichtung auszubauen, damit diese allen Bedürfnissen eines modernen Lebensumfeldes gerecht wird?3. Gab es vor dem Bekanntwerden der geplanten Eröffnung dieser Einrichtung privatwirtschaftliche Investitionsvorhaben, die zurückgezogen wurden?
4. Welche Auswirkungen wird diese Standortentscheidung auf weitere Investitionen im Umfeld haben?
5. Wie hoch wird die Kapazität des Erstaufnahmelagers sein? Wie viele Plätze sind geplant?
6. Welcher Zeitplan ist für die Errichtung und Inbetriebnahme der Einrichtung vorgesehen?
7. Welche baulichen Maßnahmen sind für das Objekt selbst und im direkten Umfeld vorgesehen?
8. Wird es eine dauerhafte Einrichtung zur Erstaufnahme von Asylsuchenden sein oder ist es denkbar, dass diese temporär konzipiert ist?
9. Wie werden die Bürger und Anwohner im unmittelbaren Wohnumfeld in die zukünftigen Prozesse zur Errichtung der Erstaufnahmeeinrichtung einbezogen?”

Beantwortet haben wollen Rost und Rothkegel die Fragen in der ersten Ratsversammlung nach den Ferien am 17. September. Da wird Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) wohl erst mal in Dresden nachfragen und die Antworten holen. Oder er hat das Rückgrat, sich ans Rednerpult zu stellen und zu sagen: Dafür ist der Freistaat zuständig.

So sieht es auch Holger Mann, nachdem die allseits beliebte Leipziger Tageszeitung über die Rost-Rothkegel-Anfrage berichtet hat, als würde daran eine besondere Besorgnis der beiden CDU-Abgeordneten um die besorgten Anwohner sichtbar. Dick hatte man auch noch getitelt “CDU kritisiert Info-Politik zu Asylheim”.

“Herrn Rost scheint in fünf Jahren Landtagstätigkeit entgangen zu sein, dass für den Bau und Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung der Freistaat Sachsen verantwortlich ist. Der Ansprechpartner für das Vorhaben in Gohlis-Nord sitzt also in Dresden”, stellt nun Holger Mann fest. “Wenn Herr Rost (CDU) bei Innenminister Markus Ulbig (CDU) keine Auskunft zum Vorhaben bekommt, kann ich ihm das Mittel einer Kleinen Anfrage empfehlen. Meine Kollegin Hanka Kliese (SPD) hat zum Thema bereits nachgefragt und Antwort erhalten.”

Sie hat nicht ganz so ausführlich gefragt. Aber auch die detaillierten Fragen, die Rost und Rothkegel in Leipzig gestellt haben, wird ihnen so nur das Innenministerium beantworten können.

“Ferner würde ich mich freuen, wenn in der kommenden Legislatur mehrere Abgeordnete aus dem Leipziger Norden gemeinsam den Innenminister zur Erläuterung des Vorhabens einladen. Mir jedenfalls hat Herr Ulbig zeitnahe Information bereits mündlich zugesagt”, sagt Holger Mann, der augenscheinlich nicht so viel Scheu hat, den Innenminister mal anzusprechen.

http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=14202&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=202

Die Kleine Anfrage von Hanka Kliese als PDF zum Download.Und die Kommentare aus den Fraktionen von Linken und SPD im Leipziger Stadtrat dazu:

Juliane Nagel (Linksfraktion): “Die Kritik der CDU-Politiker läuft fehl. Verantwortung für die Erstaufnahmeeinrichtung – sowohl in Sachen Bau als auch in Sachen Informationspolitik – trägt das Land, das bekanntermaßen (noch) von der CDU regiert wird. Genau in diese Richtung müssen die beiden ihre Kritik formulieren, anstatt mit dem Zeigefinger auf die Stadt Leipzig zu zeigen.

Vor einer Woche hatte der Sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich in den Medien verlautbart, dass bereits im kommenden Jahr erste Asylsuchende in Containern auf dem Gelände in der Max-Liebermann-Straße untergebracht werden sollen. Rost und Rothkegel täten gut daran, diese Form der Informationspolitik sowie die Form der Unterbringung zu kritisieren.

Auch die Fraktion Die Linke wird in der September-Stadtratssitzung eine Anfrage zur Erstaufnahmeeinrichtung an den Oberbürgermeister richten. Darin wird es um die Informationspolitik des Freistaates in Richtung der Stadt sowie um menschenwürdige Lebensbedingungen in der geplanten Einrichtung gehen.”

Christopher Zenker (SPD): “Natürlich hat die Stadt Leipzig die Staatsregierung bei der Standortsuche und der Umsetzung dieser Flüchtlingsunterkunft unterstützt und wird dies sicher auch weiterhin tun, schließlich geht es darum, den Flüchtlingen eine menschenwürdige Unterbringung zu ermöglichen”, so Zenker. “Allerdings handelt es sich hier eben um ein Projekt der Landesregierung, weshalb auch ihr die Informationspolitik obliegt. Die Herren Rost und Rothkegel täten also gut daran, ihre Parteifreunde in Dresden zu befragen.”

Er verweist allerdings auch auf die zeitgemäße und menschenwürdige Unterbringungsstrategie der Stadt Leipzig, die vor allem auf kleine Flüchtlingsunterkünfte, eine dezentrale Unterbringung im eigenen Wohnraum und eine gute soziale Betreuung setzt: “Hier hinkt der Freistaat doch sehr hinterher und die Landesregierung könnte durchaus von den Erfahrungen der Stadt Leipzig in diesem Bereich profitieren, um die Unterbringung von Flüchtlingen besser zu regeln und für die Kommunen kostendeckend zu finanzieren.”

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