Wenn es um Technik geht, können Meldungen gar nicht glänzender poliert sein, als es aus Verwaltungen möglich ist. Gerade in Behörden lebt der unerschütterliche Glaube, man könne mit einer Menge Geld und toller neuer Technik alle Probleme lösen. Sogar die Leipziger Verkehrsprobleme rund ums Sportforum. Am 26. August lancierte die Leipziger Stadtverwaltung so eine Meldung. Tags drauf verkündete FDP-Stadträtin Isabel Siebert: Der Einfall war von uns.

Leipzig hat zwar schon so eine Art Verkehrsmanagementsystem. Oder rudimentäre Teile eines solchen mit Sensoren in den Fahrbahnen und so einer Art dynamischer Ampelschaltung. Aber ob das die Probleme rund um die Fußballspiele von RB Leipzig im Zentralstadion und die Veranstaltungen in der Arena lösen wird, selbst wenn man es für 250.000 Euro aufrüstet, darf bezweifelt werden.

“Die Verkehrslage wird für die wichtigsten Hauptnetzstraßen mit einem besonderen Schwerpunkt im Umfeld des Stadions ermittelt”, beschrieb die Verwaltung ihr Vorhaben. “Im Verkehrsinformationssystem der Stadt Leipzig soll diese dann dargestellt werden und die Kraftfahrer über Staus und Behinderungen informieren. Die gewonnenen Daten ermöglichen auch eine Optimierung der Schaltung von Lichtsignalanlagen und der Verkehrsführung besonders bei Großveranstaltungen.”

Eigentlich in dieser sehr simplen technischen Betrachtung Unfug, finden selbst die Stadträte der Linksfraktion Dr. Skadi Jennicke (stellvertretende Fraktionsvorsitzende) und Siegfried Schlegel (Sprecher für Stadtentwicklung). Das funktioniert alles nur, wenn auch in Zukunft Straßenbahn, Busse und Fußgänger bei Großveranstaltungen im Sportforum Vorrang haben.

“Eine noch so intelligente Verkehrssteuerung kann nur begrenzt Verbesserungen erzielen, da bei bestem Willen das vorhandene Straßennetz in der Innenstadt nur begrenzt auch kurzzeitigen stark ansteigenden privaten Kfz-Verkehr bewältigen kann. Dabei müsse auch die Organisation von Fan-Gruppenströmen weiter beachtet, darf nicht nur der Hauptbahnhof Umsteigebahnhof sein und muss der Bau einer bereits zur Olympiaplanung vorgesehenen Fußgängerbrücke über das Elsterflutbett in Richtung Cottaweg neu bedacht werden.”

Das Thema ist ja nicht neu. Und war es auch nicht vor den Sommerferien, als die FDP sich einklinkte. Seit 2010 wird diskutiert, hat die Stadtverwaltung nun zweieinhalb mehr oder weniger unfertige Konzepte fürs Sportforum vorgelegt, haben sich Stadtbezirksbeirat Mitte und fast alle Fraktionen positioniert und das Thema teilweise wieder für politische Grabenkämpfe genutzt, obwohl es am Ende tatsächlich um klare und einfache Entscheidungen geht: ein klares Parkplatzregime fürs Waldstraßenviertel, ein funktionierendes Park-and-Ride-Konzept und Vorfahrt für die Straßenbahnen auf allen Zufahrten.Das hat die Linksfraktion ernst genommen, betonen Jennicke und Schlegel, 2010 schon habe man sich in der Fraktion zusammengesetzt und dann – da kommt’s ja nunmal her – den Antrag für ein Verkehrskonzept ins Verfahren gebracht.

“Es ging darum, alle Akteure für das Vorhaben zu gewinnen”, betonen die beiden nun. “Ist es den jetzigen Wahlkämpfen geschuldet oder hat man hier nicht an einen Bundesliga-Aufstieg von Red Bull geglaubt, wenn die FDP-Fraktion nunmehr auf den fahrenden Zug für großräumige Verkehrslösungen im Bereich des Sportforums und des Waldstraßenviertels aufspringen will? Noch in der Stadtratssitzung vom Juni diesen Jahres hat die FDP-Fraktion das vorgeschlagene Konzept wegen zu vieler offener Fragen abgelehnt, ohne selbst Vorschläge einzubringen. Im Unterschied zu ihr hatten sich die anderen Stadtratsfraktionen aktiv an der Debatte um das Anfang des Jahres vorgelegte Konzept beteiligt und konstruktive Vorschläge eingebracht, von denen zahlreiche übernommen wurden.”

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So nebenbei erinnern die beiden daran, dass die Linkspartei auch noch ein Elefantengedächtnis hat: “Anzumerken ist zudem, dass Leipzig, wegen des zur Messe stark ansteigenden und mit westlichen Städten vergleichbaren Kfz-Verkehrs bereits in den 1980er Jahren eine erste Rechneranlage zur Steuerung eines Netzes von Lichtsignalanlagen von Robotron in der DDR besaß. Sie versah bis in die 90er Jahre ihren Dienst und wurde erst danach von Siemens-Rechnern ersetzt. Beim Bau aller Lichtsignalanlagen wurde und wird von der Stadtverwaltung und im Vergabegremium Bauleistungen auf eine Vernetzung aller LSA geachtet und die Möglichkeiten der Steuerung gerätetechnisch mit realisiert. Nur deshalb ist derzeit die vergleichsweise kostengünstige Installation eines zusätzlichen Rechnermoduls und einer Software für ein Verkehrsinformationssystem möglich. Ansonsten wären statt der 250.000 Euro allein für den Bereich Sportforum und Waldstraßenviertel Investitionen in mehrfacher Millionenhöhe erforderlich.”

Das Verkehrsinformationssystem, so betonen die beiden Linke-Stadträte – ist im Gesamtkonzept nur ein kleiner Baustein. Nur ist es natürlich an der Zeit, die Bausteine jetzt auch alle umzusetzen. Erst wenn sie ineinander greifen, kommt ein bisschen Ordnung ins Chaos.

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