Es wird in Leipzigs Stadtverwaltung zwar gern gejammert, man habe nicht genug Flächen zur Verfügung, um strategisch arbeiten zu können. Die Stadtratsfraktionen drängen auch endlich auf eine sichtbare strategische Flächenbevorratung. Aber die Stadt hat durchaus interessante Geländestückchen - erweist sich aber oft genug als nicht in der Lage, dafür sinnvolle Visionen zu entwickeln. So ein Fleckchen ist auch das ehemalige agra-Gelände.

Zwei Mal preschte hier die Verwaltung schon vor mit Bebauungsvorschlägen. Beide Mal mussten sie abgelehnt werden. Beim ersten Mal sollte ein Überschwemmungsgebiet an der Mühlpleiße mit schicken Eigenheimen bebaut werden. Beim zweiten Mal geriet der Planvorschlag zu einem Sammelsurium all dessen, was es in Leipzig längst im Überfluss gibt – und das ohne jegliche Rücksicht auf den naturnahen Teil des Geländes. Der Stadtrat lehnte dankend ab und verwies die Aufgabe zur Neuerledigung zurück ins Wirtschaftsdezernat.

Das ist jetzt ein Jahr her. Normalerweise genug Zeit, um zumindest eine Vorstellung davon zu bekommen, was eine Stadt wie Leipzig an dieser Stelle tatsächlich braucht. In enger Nachbarschaft hat die Stadt Markkleeberg für ihren auch nicht ganz unproblematischen Teil zwischen altem Herfurthschem Park und Stadtmitte schon eine Vision entwickelt, mit der sie sich zur Landesgartenschau beworben hat. Mit viel Grün, mit Freiräumen, mit Integration der Mühlpleiße, die ja bekanntlich über ein neues Kanalstück künftig die Verbindung herstellen soll zwischen Markkleeberger See und Pleiße.

An diese Visionen könnte sich das, was auf dem Leipziger Teil des ehemaligen agra-Geländes passieren soll, anlehnen. Im März hatte die Stadtverwaltung schon einen neuen Entwurf vorlegen sollen. Passiert ist es nicht.Also hat sich jetzt die Linksfraktion aufgerafft und am 5. Mai einen Fragenkatalog formuliert, um herauszubekommen, was mit dem Auftrag in der Stadtverwaltung passiert ist. “Im Dezember 2009 wurde die Stadtverwaltung mit der Erarbeitung eines Entwicklungskonzeptes für das Agra-Gelände beauftragt.

Ein daran anschließender Ideenfindungsprozess unter Einbindung diverser Akteure mündete in einem Vorschlag für ein Nutzungskonzept – vorgelegt durch die beauftragte Firma Arcadis GmbH. Im März 2013 legte das Dezernat Wirtschaft und Arbeit eine Informationsvorlage für die ‘Zukünftige Nutzung des AGRA-Veranstaltungsgeländes’ vor. Diese wurde aufgrund massiver Kritik zurückgezogen. Seitdem herrscht wiederum Ruhe”, stellt die Fraktion fest. Und fragt jetzt nach: “Wie ist der aktuelle Stand der Erarbeitung des Nutzungskonzeptes für das Agra-Gelände? Inwieweit wird dabei die aus dem Stadtrat heraus formulierte Kritik an der Informationsvorlage DS V/2872 berücksichtigt? Wann wird die finale Variante des Nutzungskonzeptes vorliegen?”

Und natürlich fragt die Fraktion auch, ob man an dem Ideensalat aus der 2013er Vorlage festhält: “Inwieweit wird an den Ideen des im Rahmen des Beteiligungsverfahrens erstellten Nutzungskonzeptes der Firma Arcardis festgehalten? Inwieweit gibt es verbindliche Abstimmungen mit der Stadt Markkleeberg?”

Auch ein wichtiger, nun schon fünf Jahre alter Beschluss wird angesprochen: “In welchem Umfang ist der im Ratsbeschluss V-124/09 avisierte Grundstückskauf von der DAHG vollzogen? Was geschah mit den auf diesem Grundstück angesiedelten Gewerbehallen?”

2009/2010 hatte die Stadt beschlossen, das Grundstück Helenenstraße 26 A von der Deutschen Auktions- und Handelsgesellschaft mbH (DAHG) für 2,5 Millionen Euro zu kaufen. Aber wie soll ein Stadtrat agieren, wenn er keine Informationen bekommt? Ist das Grundstück nun gekauft? Gehört es (noch) einem anderen? Muss man eine Konzeption ohne diese Geländeteile finden?

Einen Wunsch hat die Linksfraktion schon, was die künftige Nutzung betrifft: “Inwieweit sieht die Stadtverwaltung die Möglichkeit, in das Nutzungskonzept einen SB-Terminal der Sparkasse zu integrieren?” Denn die Sparkassenfiliale in Dölitz wurde ja bekanntlich geschlossen. Derzeit sorgt der Sparkassenbus dafür, dass die Dölitzer ihre Geldgeschäfte tätigen können.

Der Ankaufbeschluss von 2010: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/D28ABF672AEBA5C1C12576EE0044F16C/$FILE/V-ds-340-text.pdf

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