Das Rätselraten um die Schiffbarkeit im Leipziger Neuseenland geht weiter. Und die Landesdirektion Leipzig bestätigte am 5. März genau das, was viele Wassersportliebhaber in Leipzig befürchtet haben: Nicht nur auf den Tagebauseen wird die Schiffbarkeit geprüft, sondern auch mitten im Stadtgebiet - auf Elsterflutbett, Pleißeflutbett, Karl-Heine-Kanal sowie Abschnitten der Stadtelster und des Elstermühlgrabens.

Dass die Landesdirektion sich überhaupt dazu äußert, was da möglicherweise ab Frühjahr schon auf die Gewässer im Leipziger Knoten zukommt, hat mit der Petition gegen Motorboote im Auenwald des NuKla e.V. zu tun. Die wurde ja bekanntlich vom Petitionsausschuss an die Landesdirektion durchgereicht.

Und die nahm – anders als der Petitionsausschuss des Sächsischen Landtages – am Mittwoch, 5. März, auch das Gespräch mit dem “Natur und Kunst im Leipziger Auwald e.V.” (NuKLA) auf. An dem Treffen nahmen außerdem Leipziger Vertreter des BUND und des NABU sowie des Ökolöwen teil.

Für die Landesdirektion ist alles klar. Sie begreift sich als Landesbehörde und damit als ausführendes Organ. Beschlossen hat der Landtag im Herbst 2013 mit den Stimmen von CDU und FDP. Das neue Wassergesetz, das einfach mal die Schiffbarkeit für die Tagebauseen erklärt, ist Gesetz. “Die Verfahren zur EdS (Erklärung der Schiffbarkeit) haben mit dem Sächsischen Wassergesetz einen klaren und verbindlichen Rechtsrahmen und erfolgen nicht nach den Wunschvorstellungen einzelner Interessengruppen”, weist die Landesdirektion die Umweltschützer in die Grenze. Was schon ein derber Zungenschlag ist, nachdem die “Schiffbarkeit” seit Jahren hinter verschlossene Türen von – genau so muss man sie nennen: einzelnen Interessengruppen – ausbaldowert wurde. Womit sich genau das als richtig erweist, was die L-IZ im Frühjahr 2013 mehrfach beschrieben hat: Ein “sanftes Neuseenland” ist nicht die Absicht. Es geht um Motorboote. Auch wenn die Landesdirektion einschränkt: ” In der Region entwickelte Ideen und konzeptionellen Überlegungen zur Schiffbarkeit müssen diesem Rechtsrahmen angepasst sein oder damit in Übereinstimmung gebracht werden können.”

Heißt: Da, wo auf der Karte des “Touristischgen Gewässerverbundes” dicke blaue Linien für Motorboote eingemalt sind, dürfen auch welche fahren. Einzige Ausnahme – und das ist die Änderung – im Floßgraben und im Auenwald.

Und die Landesdirektion sieht sich ganz als Verwalter: “Eine EdS ist ein Verwaltungsakt von Amts wegen und hat die Form einer Allgemeinverfügung, Sie regelt die Benutzung des jeweiligen Gewässers durch die Allgemeinheit. Betroffene – etwa Anliegerkommunen – werden zuvor angehört. Bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer EdS, kann nach deren Erlass Widerspruch erhoben werden.”

Da kann man gespannt sein, wie sich die Kommunen positionieren und ob es auch von der Stadt Leipzig ein klares “So nicht!” gibt.
Die Landesdirektion hat die Gewässer in zwei Gruppen geteilt. In der Gruppe A ist aus ihrer Sicht alles klar: “Zur Gruppe A gehören im Raum Leipzig der Markkleeberger, der Störmthaler, der Cospudener und der Zwenkauer See sowie bereits vorhandene oder noch entstehende Verbindungskanäle zwischen diesen Seen. Diese Gewässer wurden künstlich angelegt und unter anderem für die Schifffahrt hergestellt. Folgerichtig ist bereits im Gesetz die Grundentscheidung für deren Schiffbarkeit verankert. Damit sind auch die möglichen Wasserfahrzeuge (Fahrgastschiffe, motorgetriebene und nichtmotorgetriebene Wasserfahrzeuge) gesetzlich festgelegt.”

Und damit keiner auf die Idee kommt, das hätte sich allein Sven Morlok in Dresden so ausgedacht: “Diese Vorgabe ist deckungsgleich mit den konzeptionellen Überlegungen des Touristischen Gewässerverbundes ‘Leipziger Neueseenland’, dem ‘Wassertouristischen Nutzungskonzept’ der Region.”

“Im Ergebnis der Prüfungen kann auf bestimmten Gewässerteilflächen (bspw. in geotechnischen Sperrbereichen) die Schifffahrt ausgeschlossen werden”, schränkt die Landesdirektion ein. “Möglich ist auch die Einschränkung der gesetzlich zulässigen Wasserfahrzeuge, wenn dafür im Anhörungsverfahren rechtlich relevante Begründungen vorgetragen und belegt werden können. Das können beispielsweise aus der Fahrzeugnutzung resultierende unzulässige Beeinträchtigungen der Umwelt sein. Mutmaßungen erfüllen diesen Anspruch nicht”, setzt die Landesdirektion schon einmal das Stoppschild für Einsprüche.

Das ist ein Effekt des Sächsischen Wassergesetzes: Es hat die Beweislast völlig umgekehrt. Vorher mussten die Antragsteller für eine Motorbootnutzung nachweisen, dass sie geforderte Mindestbedingungen erfüllen. Jetzt müssen all jene, die sich durch Motorboote beeinträchtigt fühlen, beweisen, dass gesetzliche Bedingungen nicht erfüllt werden.

“Selbstverständlich werden in diesen Entwurf einer Schiffbarkeitserklärung alle naturschutzrechtlichen Belange entsprechend der rechtlichen Rahmenbedingungen eingearbeitet. Dazu werden in die Sachstandsermittlung sowohl die Oberen wie auch die Unteren Naturschutzbehörden einbezogen”, wiegelt die Landesdirektion ab. “Die Entwurfserarbeitung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch bei keinem der Gewässer der Gruppe A abgeschlossen.”

Die Landesdirektion will über den Fortgang weiter informieren.

Und dann das Thema Leipziger Gewässerknoten, wo die Landesdirektion die Schiffbarkeit hat aufwändig untersuchen lassen. Doch der schon hörbare Protest auch aus den Wassersportvereinen verhallte ungehört.

“Bei den der Gruppe B zugeordneten Gewässern besteht in der Öffentlichkeit vielfach keine zutreffende Vorstellung, welche Gewässer sich tatsächlich in der grundsätzlichen Eignungsprüfung für die Schiffbarkeit befinden. Im Bereich der Stadt Leipzig sind dies Abschnitte des Elsterflutbettes, das Pleißeflutbett, der Karl-Heine-Kanal sowie Abschnitte der Stadtelster und des Elstermühlgrabens”, erklärt die Landesdirektion nun, was Viele schon ahnten. Das sind die zentralen Teile des Leipziger Gewässerknotens, die jetzt schon in den Sommermonaten von Wassersportlern überlaufen sind. 2013 wurde extra ein Wegeleitsystem installiert, um einige Dauerkonflikte zu minimieren.

“Es ist noch völlig offen, ob sich die in der Prüfung befindlichen Gewässer für eine allgemeine Schifffahrt eignen. Ob und wann ein erster Entwurf einer EdS möglich ist, ist noch von umfassenden Prüfungen und Ergebnissen der noch anstehenden Beteiligungen der zuständigen Umweltämter abhängig”, meint die Landesdirektion dazu. Ob das Leipziger Umweltamt diesem Vorstoß einmal seine Zustimmung verweigert, bleibt abzuwarten.

Nur für Gewässerstecken, die wegen des hohen Schutzstatus “Natura 2000” und der natürlichen Gewässerprofile eine allgemeine Schifffahrt von vornherein ausschließen, will die Landesdirektion kein Verfahren zur EdS einleiten. Unter den Leipziger Gewässern trifft das etwa für den Floßgraben und den Auwald zu.

Und dann bleibt selbst bei Verweigerung der EdS noch die Möglichkeit: “Zu beachten ist allerdings, dass außerhalb der EdS durch die Obere Wasserbehörde auch die Unteren Wasserbehörden (Landkreise bzw. die Stadt Leipzig) Nutzungen der Gewässer mit Wasserfahrzeugen auf Antrag gestatten können. Hiervon wird auch umfassend Gebrauch gemacht. Im Bereich der Leipziger Stadtgewässer ist daher schon eine Vielzahl von Wasserfahrzeugen im Rahmen von Einzelgestattungen berechtigt, bestimmte Gewässer über den Gemeingebrauch hinaus zu nutzen.”
Das touristische Gewässernutzungskonzept als PDF zum download.

Die für schiffbar gehalten Teile im Leipziger Gewässerknoten als PDF zum download.

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