Seit ein paar Tagen sorgen die Fällarbeiten im Abtnaundorfer Park für Aufregung im Leipziger Nordosten. Was passiert da? Wird da ein ganzer beliebter Park einfach abgeholzt? - Nicht ganz, vermeldet das Amt für Stadtgrün und Gewässer (ASG). Die Sache ist komplexer. Und ein Sorgenkind ist der Park schon seit Langem.

Viele der Schwarzpappeln, die da in den vergangenen 80, 90 Jahren gewachsen sind, haben in den letzten Jahren schon ihre Standfestigkeit verloren, etliche sind einfach umgefallen und liegen seitdem zum Beispiel auf der großen zentralen Schlosswiese, die seitdem auch vom ASG nicht mehr gemäht werden kann. Die Ursache für die zunehmend nachlassende Standfestigkeit der Pappeln ist das steigende Grundwasser im Einzugsbereich der Parthe. Was dann wieder mit dem beendeten Tagebaugeschehen im Leipziger Norden zu tun hat.

Schwarzpappeln vertragen zwar kurzzeitige Überschwemmungen, mögen aber Bereiche mit stehendem Wasser nicht. Sie gehören übrigens auch nicht zum ursprünglichen Parkbestand, sondern wurden in den 1920er/1930er Jahren angepflanzt, als der Park dem Sägewerksbesitzer Franz Schlobach gehörte. Und der pflanzte aus reinen Nützlichkeitserwägungen, nachdem er den alten Baumbestand zu Brettern verarbeitet hatte, schnellwachsende Bäume in den Park – eben die Schwarzpappeln.Es sind also Schlobachs Pappeln, die jetzt zunehmend für eine Gefahr für die Parkbesucher wurden. Und auch wenn es wie eine flächendeckende Abholzaktion aussieht, wird dennoch nur ein Teil des Pappelbestandes gefällt. Und zwar im Wesentlichen entlang des Hauptweges, mit dem die Stadt in diesem Jahr Großes vor hat, denn er soll als neues Teilstück des Parthe-Mulde-Radweges befestigt werden. Nicht mit Asphalt, aber doch so, dass die Radfahrer hier sicher durchkommen. Nicht nur bis zur Mulde. Das Wegstück nimmt auch die Route Leipzig – Berlin mit auf. In Verbindung mit diesen Wegbefestigungsplänen hat das ASG die Fällung der Pappeln gleich mit in Angriff genommen, um eine zunehmende Gefahrensituation zu beseitigen und gleichzeitig wieder eine ursprüngliche Sichtachse des alten Parks Richtung Leipzig herzustellen. Rund 50 Pappeln betrifft dieser Eingriff.

Bei der Gelegenheit wurde auch das Thema zentrale Schlosswiese mit in Angriff genommen. Etwa zehn Pappeln wurden auch dort gefällt, um wieder eine größere Wiesenfläche zu gewinnen, die wieder gemäht werden kann. Hier geht es nicht nur um einen denkmalpflegerischen Aspekt, sondern auch um die Rolle des Parks als FFH-Gebiet. Auf der Wiese ist der Ameisenbläuling, eine Schmetterlingsart, heimisch.Es gibt zwar eine denkmalpflegerische Gesamtkonzeption für den Park. Aber in dieser Rigorosität will auch das Grünflächenamt hier nicht vorgehen. Deswegen werden auch die Pappeln, die im Parkwäldchen gewachsen sind, nicht gefällt.

Dass man sich auf die Pappeln am Hauptweg beschränkt, hat seine Ursache ebenso im Grundwasser. Große Teile des Parks sind durch das gestiegene Grundwasser wieder zu Feuchtbiotopen geworden. Dort kann man mit schwerer Technik gar nicht arbeiten. Also bleibt das Wäldchen unberührt und es werden nur die Pappeln herausgenommen, die man über den Weg auch abtransportieren kann.

Der jetzige Hauptweg ist übrigens auch nicht der alte Hauptweg des Parks. Auch darüber hat man im ASG länger nachgedacht, ob man den alten Hauptweg als Radroute befestigen könnte. Aber auch dieser Weg liegt mittlerweile im Feuchtgebiet. Geändert hat sich in den vergangenen Jahrzehnten auch der Verlauf der Parthe, der im Abtnaundorfer Park begradigt wurde. Auch dazu gebe es Überlegungen, der Parthe wieder ihr natürliches altes Bett zu geben.

Aber dafür fehlt auf Jahre hinaus noch das nötige Geld. Also bleibt dieser Plan in der Schublade. Genauso wie die denkmalpflegerische Konzeption, die im besten Fall eine Anregung für die Neugestaltung sein könne. Dafür sei der mittlerweile entstandene Bestand des Parks als FFH-Gebiet zu wichtig. Zwei Drittel des Parks bleiben also auf längere Sicht so wie sie sind. Nur da und dort, wo es auch Unterstützung aus dem Ortsteil gibt, wird eingegriffen. So wurde auf Wunsch der vor Ort aktiven Vereine das Gehölz auf der Insel mit dem Pavillon weggeschnitten. Über ein historisches Blumenrondell werde nachgedacht.

Aber Hauptthema in diesem Jahr werde die wichtige Radwegverbindung durch den Park, so befestigt, dass er ein paar Jahre hält, künftige Pläne – etwa für die Renaturierung der Parthe – aber nicht behindert. Und auf dem Gelände hin zur Parthe wird es auch Neupflanzungen geben – diesmal keine Pappeln, sondern auentypische Gehölze: Erlen und Weiden. Da wollen sich auch die Vereine vor Ort wieder mit einbringen.

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