Über Dinge, die gründlich schief gehen, redet man bekanntlich ungern. Selbst, und meist erst recht dann, wenn sie von nicht geringem öffentlichen Interesse sind. Gründlich schief gegangen ist offenbar etwas an Leipzigs Dauerbaustelle Naturkundemuseum. Wie L-IZ gestern aus vertraulicher Quelle erfuhr, hat der als Nachfolger vorgesehene Kandidat des jetzt in Rente gegangen Direktors des Naturkundemuseums, Dr. Rudolf Schlatter, seine Bewerbung überraschend zurück gezogen.
Angeblich weil er über die desaströsen Umstände rund um das Naturkundemuseum entsetzt war. Auf einen Anruf von L-IZ gestern in der Pressestelle des Rathauses gab man sich ahnungslos. Fest steht jedoch, dass die Dauermisere um die unsichere Zukunft des nun um einen neue, weitaus tragischere Episode erweitert wird. Wie mit einem bei den Leipzigern sehr beliebten Museum hier von Seiten der Verantwortlichen umgegangen wird, grenzt an Dilettantismus.
Immerhin ist das Haus mit der Pensionierung von Dr. Rudolf Schlatter komplett führungslos. Kein Ruhmesblatt für die Rathausführung und insbesondere eine bittere Pille für den amtierenden Kulturdezernenten Michael Faber.
Von dem schon lange angekündigten Masterplan bezüglich der Zukunft des Museums, was einen neuen Standort respektive das Verbleiben am alten Ort betrifft, ist bisher nur die Fassung aus dem Jahr 2012 bekannt. In dieser hatten sich mit der Lotzingstraße 3 und dem ehemaligen Bowlingtreff zwei mögliche Standorte und eine Menge weiterer Fragen ergeben. Der bisherige Sitz an der Lortzingstraße ist in maximalem Umfang sanierungsbedürftig und benötigt mindestens einen zusätzlichen Anbau aus Platzgründen.
Das ehemalige Bowlingcenter am Wilhelm-Leuschner-Platz hingegen gilt zwar nicht zuletzt wegen der bevorstehenden grundsätzlichen Neubebauung des Areals als Favorit des Kulturdezernats, wurde jedoch bereits im Masterplan 2012 mit einigen nassen Nachfragen ins Rennen geschickt. In einem eigenen Ranking des Vereins “Freudne des Naturkundemuseums” landete es deshalb nur auf Platz 2 – hinter dem angestammten Ort des Museums.
Zu beiden Standorten warten die Interessierten bis heute auf abschließende Prüfungen der baulichen Notwendigkeiten und weitere Gutachten, um den tatsächlichen Finanzrahmen in Sanierung und Betrieb und somit den Sinn der neuen oder alten Heimat des Naturkundemuseums abschätzen zu können.
Nun auch noch diese Pleite. Es dürfte kein Geheimnis sein, dass der Zustand des ohnehin schon maroden Baus, der obendrein auch noch teilgeschlossen ist, so nicht besser wird. Fast könnte man den Eindruck haben, dass hier mit einem wertvollen Kulturgut der Leipziger fahrlässig umgegangen wird.
Hatte der Ruf der Leipziger Stadtpolitik angesichts des Umgangs mit dem Hause in letzter Zeit ohnehin schon arg gelitten, dürfte er nun endgültig ruiniert sein. Und man weiß bekanntlich, dass es sich dann gänzlich ungeniert lebt. Kein beruhigender Gedanke für die Mitarbeiter und Freunde des Naturkundemuseums. Man darf auf den nächsten Akt in der Tragödie “Naturkundemuseum” gespannt sein.
Morgen früh mehr zum Thema “Naturkundemuseum” auf L-IZ.de.
Bis dahin sind über 200 Beiträge zum Naturkundemuseum in aktueller Reihenfolge auf L-IZ.de zu finden
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