Das Gebiet rings um die Max-Liebermann-Straße in Leipzig Nord gehört zum Wahlkreis der Leipziger Bundestagsabgeordneten Bettina Kudla. Grund genug für die 2013 erneut gewählte CDU-Abgeordnete ab und an nach dem Rechten zu sehen. Nicht immer gibt es dabei aus ihrer Sicht Erfreuliches zu erblicken. So hat das CDU-geführte Innenministerium Land Sachsen nun nach Beratungen mit der Stadt Leipzig festgelegt, unweit der General Olbricht-Kaserne ein Gelände mit ehemaligen Offiziersunterkünften vom Bund zu erwerben und in eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge umzufunktionieren. Start dafür frühestens Ende 2015. Doch Bettina Kudla sähe die Landes-Einrichtung bereits jetzt lieber nicht zu nah bei ihren Wählern.

Die Flüchtlingsmenge steigt weltweit. Allein die seitens der UN geschätzten rund 15 Millionen Flüchtlinge innerhalb Syriens und in die Nachbarländer rings um die Auseinandersetzungen allein in diesem Land bedeuten eine Katastrophensituation für fast drei Viertel der Gesamtbevölkerung. Ein Konflikt, welcher längst auch die Nachbarn des umkämpften Staates überfordert. Eine Lösung ist hier ebenso wenig in Sicht, wie für manche Menschen in Georgien, Tschetschenien oder Afghanistan.

500 von diesen Menschen sollen ab Ende 2015 erstmalig Platz in der Erstaufnahmeeinrichtung auf dem derzeitigen Gelände der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) Platz finden. Zugewiesen durch diverse Kontingentregelungen von Bund und Ländern eine Maßnahme, welche nicht zuletzt durch die ständigen Überfüllungszustände in der sächsischen Haupteinrichtung Chemnitz und der Schließung der Zweigstelle Schneeberg notwendig wird.

Dies scheint nun auch die Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla erreicht zu haben. In einem Statement zur Standortentscheidung schreibt sie: “Die Stadt wird das Aufnahmelager betreiben und bekommt die Betriebskosten vom Bund erstattet.” Richtig, doch die Standortentscheidung lag und liegt letztlich beim Land, beim Innenministerium, bei ihrem Parteikollegen Markus Ulbig. Und der hat nach Meinung der Bundestagsabgeordneten wohl etwas falsch gemacht.

Bettina Kudla: “Mögliche Alternativstandorte sind meines Erachtens nicht ausreichend geprüft worden. Ich halte es für höchst problematisch, wenn man in ein Gebiet, das sich in den letzten Jahren als attraktiver Wohnstandort mit einem starken Zuzug von Familien mit Kindern entwickelt hat, ein Erstaufnahmelager errichtet.”
Zur Standortsuche hatte die Leipziger Linke bereits zur Ratssitzung am 22. Januar nachgefragt und Antwort erhalten. Geprüft wurden durch das Land Sachsen zum Jahresende 2013 drei Alternativstandorte in Leipzig, darunter auch ein Standort am Lindenauer Hafen, der allerdings insbesondere von der Polizei abgelehnt wurde. Die unsanierten Gebäude an der B6 Richtung A9 blieben übrig, der Fachausschuss der Stadt wurde informiert, danach die Presse. Die Stadt Leipzig selbst hatte hierüber nicht zu befinden, da es sich bei Erstaufnahmeeinrichtungen um Landesangelegenheiten handelt, wie im Umfeld der Stadtratssitzung vom 22. Januar ein Sprecher der Stadt gegenüber L-IZ bestätigte.

Bettina Kudla weiter: “Laut meiner Kenntnis haben die Leipziger Stadträte und Abgeordneten dies aus der Zeitung erfahren. Auch ist der geplante Standort direkt neben dem Standort des Ausbildungskommandos des Heeres in der General-Olbricht-Kaserne nicht günstig. In Leipzig existieren durchaus Flächen, die für ein Erstaufnahmelager geeigneter wären. Noch ist das Grundstück an der Max-Liebermann-Straße zu haben. Ich hoffe, dass sich ein Investor für eine adäquate Bebauung finden wird.”

Was an dem Standort und der “Familien- und Kindersituation” an der Max-Liebermann-Straße “nicht günstig” ist und wo es günstiger wäre in Leipzig, hat die L-IZ bereits gestern rückgefragt. Auch was mit diesem ebenfalls aus Berlin mitgesandtem Satz gemeint ist, wird so vielleicht eine differenzierte Antwort finden: “Bettina Kudla wird sich weiter dafür einsetzen, dass Schwachstellen im Asylgesetz abgebaut werden.”

Für die Leipziger Linkspartei ist die Motivation der Bundestagsabgeordneten auch ohne weitere Ausführungen aus der Hauptstadt klar. “Warum ist Frau Kudlas Stimme immer nur dann zu vernehmen, wenn es darum geht vermeintlich Schlechtes von ihrem Wahlkreis abzuwenden, fragt sich Linke-Stadträtin Juliane Nagel. “Nachdem die CDU-Bundestagsabgeordnete sich bereits deutlich gegen den Bau einer Moschee in der Bleichertstraße in Leipzig-Gohlis zu Wort gemeldet hat, richtet sie sich nun gegen die vom Freistaat Sachsen geplante Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in der Max-Liebermann-Straße.”
Für Nagel macht Kudla “Wahlkreispolitik auf dem Rücken von Flüchtlingen”. Mit ihrem öffentlichen Statement gegen die Errichtung der Erstaufnahmeeinrichtung würde Bettina Kudla ein weiteres Mal Wahlkreispolitik auf dem Rücken von Menschen machen, so Nagel weiter. “Sind es im Fall des Moscheebaus Muslime, handelt es sich im aktuellen Fall um Flüchtlinge.

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Frau Kudla meint nichts anderes, als dass die Unterbringung von Flüchtlingen in einem Stadtviertel negative Auswirkungen hat. Damit schürt sie xenophobe Ressentiments, die auch in der Debatte um Flüchtlinge in der Nachbarschaft immer wieder zutage treten und insbesondere in Leipzig-Schönefeld in den letzten Wochen immer wieder von Nazis aufgegriffen wurden.”

Dass gerade der Betrieb von großen Sammelunterkünften dieser Art nicht unkompliziert sei, räumt die Stadträtin dennoch ein. Deshalb müsse der Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung “… auf ein Minimum reduziert werden, um dann in eigenen Wohnungen oder kleinteilige Gemeinschaftsunterkünfte umzuziehen.”

Auf einen anderen Aspekt des Wirkens der Leipziger Bundestagsabgeordneten verweist hingegen die Parteikollegin Nagels und Stadträtin aus dem Wahlkreis Leipzig Nord Skadi Jennicke. Noch schlimmer als der letztlich gegen Markus Ulbig gerichtete Angriff Kudlas sei der Umstand, “…dass sich eine Bundestagsabgeordnete, die in Berlin für deutsche Kriegsbeteiligung stimmt, sich gegen die Unterbringung von Flüchtlingen wendet, die vor eben diesen Kriegen fliehen.”

So seien es viele Kinder mit Familien, die Schutz vor Krieg, Verfolgung und Not suchen, für die auch die deutsche Politik im globalen politischen Zusammenhang eine Mitverantwortung trägt. “Die unterschwellige Unterstellung, Asylsuchende gefährdeten Leipziger Familien ist nahezu unerträglich”, so Jennicke.
Und da die Pressemitteilung seitens Bettina Kudla an einem Freitag, also mit Wirkungswunsch an einem Wochenende versandt wurde, sei es gestattet, die Fragen der L-IZ in Wahlkampfzeiten nach Versand an Frau Kudla einfach auch mal öffentlich zu stellen.

Sie schreiben: “In Leipzig existieren durchaus Flächen, die für ein Erstaufnahmelager geeigneter wären.”. Welche alternativen Standorte für die neu einzurichtende Leipziger Erstaufnahmeunterkunft würden Sie dem Sächsischen Innenministerium vorschlagen können?

Sie kritisieren das Informationsverhalten des Sächsischen Innenministeriums bzgl. der Information über die Einrichtung der Erstaufnahmeunterkunft in Leipzig. Was könnte man Ihrer Meinung nach auf diesem Gebiet verbessern?

Sie schreiben: “Auch ist der geplante Standort direkt neben dem Standort des Ausbildungskommandos des Heeres in der General-Olbricht-Kaserne nicht günstig.” Welche konkreten Probleme sehen Sie bezüglich der Nähe zwischen dem Sitz der Bundeswehr in Leipzig Nord und dem geplanten Gelände für die Erstaufnahme von Asylbewerbern?

Sie teilen mit, dass Sie sich “… weiter dafür einsetzen, dass Schwachstellen im Asylgesetz abgebaut werden.” Welche sind diese Schwachstellen?

Im Zeitraum zwischen dem 28. Januar 2014 und dem 11. Februar 2014 fand offensichtlich nach noch davor liegenden Beratungen zwischen Land und Stadt die derzeitige Auswahl des Standortes Max-Liebermann-Straße mit Fertigstellung Ende 2015 statt. Unserer Kenntnis nach wurde der entsprechende Fachausschuss im Leipziger Stadtrat innerhalb des genannten Zeitraumes über die Standortentscheidung durch das Leipziger Sozialdezernat in Kenntnis gesetzt. Liegen Ihnen dazu andere Informationen vor?

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