Voller Saal auch bei der dritten großen Bürgerveranstaltung zu den geplanten Straßenbahntrassen in Probstheida am Donnerstag, 23. Januar, im Neuen Rathaus. Diesmal war der (Fest-)Saal groß genug. Und nicht nur aus Probstheida kamen die Gäste, sondern auch aus den umliegenden Stadtgebieten - verstärkt auch aus Stötteritz, das direkt betroffenen wäre, wenn in Probstheida an neuen Straßen oder Gleisen gebaut würde.

Das Bürgerforum an diesem Donnerstagabend sollte den Arbeitsstand noch einmal bündeln. Aber – auch das war notwendig – wieder einige Diskussionen korrigieren. Auch das gehört wohl dazu, wenn eine Stadtverwaltung daran geht, die Bürger tatsächlich einmal in langfristige Planungen einzubeziehen.

Das hat in Probstheida jedoch auch damit zu tun, weil die Diskussion um mögliche Trassen-Freihaltungen für die Straßenbahn im neuen Flächennutzungsplan für Probstheida erst so richtig gezeigt haben, wie groß die Verkehrsprobleme rund um Herzklinikum, Soteria-Klinik und Parkkrankenhaus heute schon sind. Der neue Flächennutzungsplan (FNP) soll im Sommer im Stadtrat abgestimmt werden. Und eine Straßenbahntrasse soll darin auftauchen, weil die permanente Erweiterung des Klinik-Standorts in der Zukunft durchaus den Druck erzeugen könnte, dass eine Straßenbahn bis zum Herzklinikum fährt. Mindestens eine. Dazu muss im FNP (mindestens) eine Trasse frei gehalten und eingezeichnet werden. Die Frage lautete also: Welche und wo?

In der Diskussion waren anfangs neun verschiedene Trassen-Vorschläge. Drei davon sollten den Klinikstandort von Norden von der Endhaltestelle der Linie 4 in Stötteritz anbinden. Sie beruhen auf dem alten Flächennutzungsplan von 1994, als zwischen Klinik und Stötteritz auch noch ein großes Wohngebiet geplant war. Das Wohngebiet wurde 2010 endgültig gestrichen, als der Stadtrat den FNP für dieses Gelände beschloss. Dafür steht es heute zum größten Teil unter Naturschutz und wird weiter als Acker genutzt.

Sechs Linien waren als Verbindung des Klinikums zur Prager Straße nach Süden hin vorgeschlagen. Die waren neu und im existierenden FNP für Probstheida und Sonnenpark nicht vorgesehen. Deshalb wurde gerade im Sonnenpark darauf bei Planungen auch keine Rücksicht genommen. Entsprechend laut und deutlich war der Protest der Anwohner, die an dieser Stelle ihr Häuschen auch im Vertrauen darauf gebaut hatten, dass keine Straßenbahn durch die Straße fährt.Das alles wurde im Oktober auf einem Bürgerforum vorgestellt. Am 16. November wurde in einer Bürgerwerkstatt intensiv über alle neun Trassen-Varianten diskutiert. In einer Abstimmung wurden dann sofort die unmöglichsten Varianten abgewählt. Fünf Trassen flogen per Abstimmung sofort aus der Diskussion. Vier blieben vorerst übrig.

Von Norden her waren es die Varianten A2 (direkte Linie von Stötteritz zum Herzklinikum) und A3 (Anbindung von Stötteritz über Holzhausen zum Klinikum).

Von Süden waren es die (von Anwohnern vorgeschlagene) B6, die das Klinikum durch den Freundschaftspark mit der Prager Straße verbinden sollte) und die B4 (die durch die Franzosenallee führen würde).

Vorschlagen wird das Planungsdezernat dem Stadtrat für den neuen Flächennutzungsplan zwei Varianten. Das ist ebenfalls ein Ergebnis der Bürgerwerkstatt, denn damit ist auch für die Zukunft die Möglichkeit offen gehalten, den Klinikstandort auch über eine Kreisbahn zu erschließen. Die Bahnen müssten nicht dauerhaft am Herzklinikum enden wie in einer Sackgasse, sondern könnten durchaus nach Norden (Richtung Stötteritz) wie nach Süden (Richtung Prager Straße) weiter fahren. Denn auch das war deutlich geworden: Je besser eine solche Anbindung ins überörtliche Netz eingebunden ist, desto besser funktioniert sie.

Wirkung zeigte auch der geharnischte Protest gegen die Pläne, eine Straßenbahntrasse mitten durch Freundschaftspark und Kleingartenanlage zu legen. Gerade die Tatsache, dass damit ein wichtiges Stück Naturschutz ausgehebelt würde, sorgte auch schon in der Werkstatt dafür, dass diese Trasse B6 nur knapp im Rennen blieb. Das Planungsdezernat hat diese Trasse nun aus dem Rennen genommen.

Ebenso aus dem Rennen ist die A3 von Stötteritz über Holzhausen. Dazu würden mit einer Haltestelle am Rand von Holzhausen zu wenige potenzielle Fahrgäste erreicht. Rund 250 nennt Ekkehard Westphal von den LVB als aktuelle Kenngröße.

Da rechnet sich keine Straßenbahntrasse.

Deswegen werden die Stadtplaner dem Stadtrat im neuen Flächennutzungsplan nur die beiden Trassenvarianten A2 und B4 vorschlagen.

“Was eben nicht bedeutet, dass da in den nächsten zwei, drei Jahren nun eine Straßenbahn gebaut wird”, betont Stadtplaner Jochem Lunebach. “Es kann sein, dass solche Pläne erst in 10, 15 oder 20 Jahren aktuell werden.” Oder auch nie. Denn die LVB hatten in der Diskussion auch deutlich gemacht, dass sich die potenzielle Fahrgastzahl zum Klinikum mindestens verdoppeln muss, damit sich die Investition in eine Straßenbahn rechnet. Derzeit nutzen nur 600 Fahrgäste am Tag den Bus 76.

Doch die Bürgerdiskussion zeigte auch, dass in Probstheida ziemlich schnell Lösungen für das Verkehrsproblem gefunden werden müssen. Denn es ist der Individualverkehr, der schon jetzt rund ums Klinikgelände für Chaos sorgt. Die schnellen Lösungen aber können nur gemeinsam gefunden werden. Deswegen gab es vor Weihnachten auch eine erste Runde einer frisch gegründeten AG Bus.

Mehr dazu gleich an dieser Stelle.

Die diskutierten Straßenbahnvarianten: www.l-iz.de/html/downloads/Strassenbahnnetzerweiterung-Varianten.pdf

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