Als Informationsvorlage DS/V 3513 steht es am Mittwoch, 22. Januar, auf der Tagesordnung der Ratsversammlung: "Information des Stadtrates über die Gründe des Verzichtes auf eine Trassensicherung für die Verlegung der Brückenstraße im OT Großzschocher". Mittlerweile fast 12 Jahre alte Pläne einer Trassenverlegung für die Brückenstraße werden jetzt ad acta gelegt.

Für Grünen-Stadtrat Michael Schmidt war das dieser Tage noch einmal Grund, den Herzschlag zu beschleunigen. Der von Teilen des Stadtrates befürwortete und gegen die Argumentation der Verwaltung gerichtete Ausbau der Brückenstraße sei entschieden abzulehnen, mahnt er. Und befürchtet, dass die geplante und im Flächennutzungsplan perspektivisch freigehaltene Trasse zwischen Gerhard-Ellrodt-Straße (S46) und Brückenstraße entlang des Mühlparkweges nun doch noch ausgebaut wird, “um die alte Ortslage Großzschochers verkehrlich zu beruhigen”.

“Natürlich wäre eine Beruhigung der alten Ortslage, gerade vor der 56. Oberschule wünschenswert”, meint Michael Schmidt, Stadtrat Bündnis 90/Die Grünen. “Dies erreicht man aber nicht durch einen Ausbau des Mühlparkweges zur neuen Brückenstraße. Während man einige Häuser vom Verkehr entlastet, werden andere Bereiche umso stärker belastet.”
“Gerade auch die soeben neu entstehenden Wohnungen in der alten Mühle, einem alten Architekturdenkmal, welches weit über 20 Jahre leer stand und nun aufwendig saniert wird, soll nach den plötzlich aufkommenden Plänen einer großen Belastung ausgesetzt werden. Zudem verläuft die geplante Trasse quer über den Elstermühlgraben und nahe der Elster und damit direkt am FFH-Gebiet entlang und wird daher kaum einer Umweltverträglichkeitsprüfung standhalten. Auch ist dann das kleine Wäldchen am potentiellen Knotenpunkt Ellrodt-/Dieskau-/Brückenstraße, wo nach Vorstellung der Verwaltung perspektivisch ein naturnaher Waldspielplatz entstehen könnte, bei Umsetzung dieser verantwortungslosen Idee einer extremen Belastung von allen Seiten ausgesetzt.”

Ganz so ist es nicht. Nicht mehr. Seit 2002 hing das Damoklesschwert dieser Straßenverschwenkung über Großzschocher. Doch zu Ergebnissen führte das Verfahren nicht. Der Fachausschuss für Stadtentwicklung und Bau beschäftigte sich in seiner Sitzung am 10. Dezember 2013 eingehend mit dem Für und Wider einer solchen Trassenverlegung der Brückenstraße und ihrer direkten Anbindung an die Gerhard-Ellrodt-Straße. Das Für und Wider ist in der Informationsvorlage, die am 22. Januar im Stadtrat Thema wird, nachzulesen.

“Das Verkehrsaufkommen auf der S46 rechtfertigt nicht den Ausbau der neuen Brückenstraße, er ist eher auf einem normalen Niveau. Selbst in Zeiten des Berufsverkehrs kommt es zu eher verkehrstypischen Wartezeiten, während an anderen Stellen Leipzigs die Situation deutlich verschärfter ist. Nicht ohne Grund wurde dem Ausbau der neuen Brückenstraße im Flächennutzungsplan bislang kaum Priorität eingeräumt”, meint Schmidt. Schon aus dieser Sicht heraus wird sich hier ein Straßenneubau auf Jahre hinaus nicht sinnvoll darstellen lassen.”Die erwartbaren finanziellen Mittel für einen Ausbau in Höhe von schätzungsweise 2 Millionen Euro sollten vielmehr in andere Verkehrsprojekte bzw. die Straßenunterhaltung fließen. An vielen Stellen Leipzigs bestimmen marode Straßen das Bild. Ein prominentes Beispiel nahe der Brückenstraße bildet die Dieskaustraße, welche an vielen Stellen in solch bedauernswertem Zustand ist, dass sogar die Nutzung durch Fahrradfahrer faktisch verhindert wird. Ebenso wurde die Sanierung der Könneritzstraße durch die Verwaltung aufgrund mangelnder finanzieller Spielräume immer wieder verschoben, obwohl gerade dort auch durch das an den meisten Abschnitten vorkommende Kopfsteinpflaster die Lärmbelastung dringend reduziert werden muss und sich die Situation für Radfahrer wie eben auch in weiten Teilen der Dieskaustraße absolut verbesserungswürdig ist.”

Der Verkehrsausschuss hatte noch angemerkt, dass sich der aktuelle Kfz-Verkehr von 9.700 Fahrzeugen am Tag problemlos über die bestehende Straße abwickelt. Daher besteht keine Notwendigkeit, die Straße in irgendeiner Weise durchlässiger zu machen. Die Prognosen der Stadt gehen bis 2020 von einer eher moderaten Erhöhung auf 12.000 Fahrzeuge aus. Bei einem neuen Trassenverlauf würde freilich zusätzlicher Verkehr induziert, dann wäre mit 13.900 Fahrzeugen zu rechnen.

Andererseits hat die Stadt in den vergangenen zehn Jahren nicht einmal einen notwendigen Grunderwerb für die neue Trasse initiiert. Irgendwann muss dann auch eine Kommune akzeptieren, dass eine Planung überflüssig ist. In Großzschocher läuft sie nun sogar einer langsamen Revitalisierung des Gebietes um die alte Zickmantelsche Mühle zuwider, wo inzwischen neue Wohnbebauung entsteht. Die drei Gründe, die gegen eine derartige Neutrassierung der Brückenstraße sprechen, listet die Vorlage am Ende noch einmal auf: “der inzwischen über 10jährige Planungsverlauf ohne Ergebnisse, die Etablierung der Wohnnutzung südlich der geplanten Straße, die prognostizierte relativ niedrige Verkehrserhöhung.”

Die Verwaltung folgt der Einschätzung des Ausschusses und beschließt ihre Informationsvorlage mit dem Absatz: “Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Verwaltung den Verzicht auf eine weitere Trassensicherung. Zu diesem Zweck wird in Kürze eine Vorlage durch das Dezernat Stadtentwicklung und Bau vorbereitet, mit welcher den zuständigen Gremien die Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses zum B.-Plan Nr. 239 ‘Neue Brückenstraße’ von 2002 zur Entscheidung vorgelegt wird. Nach Abschluss des laufenden Verfahrens soll der Flächennutzungsplan geändert werden.”

Die Informationsvorlage für den Stadtrat: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/B05CD79A9DD32961C1257C3E00410251/$FILE/v-ds-3513-text.pdf

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