Es nieselt, und die nasse Kälte dringt durch bis auf die Haut. Heute sollen die ersten 30 Flüchtlinge in der Notunterkunft Schönefeld eintreffen. Auf der Grünfläche gegenüber der Schule an der Löbauer Straße, wo noch vor kurzem die NPD menschenverachtende Parolen skandierte, haben junge Aktivisten ein Zelt aufgebaut. Wer zum Reden stehen bleibt, bekommt einen Becher heißen Tee.

“Refugees welcome – Für eine Welt ohne Grenzen!”. “Flüchtlinge willkommen” steht auf einem Transparent, daneben ein Willkommensgruß in mehreren Sprachen. Ein Spruchband im Abrisshaus quer über die Straße wird noch deutlicher: “Nieder mit dem deutschen Mob!”

Im errichteten Informationszelt steht Michael Fels vom i.K.menschenwürdig. “Wir wollen hier mit Bürgern ins Gespräch kommen und ein klares Zeichen setzen gegen die jüngsten rassistischen Äußerungen in Schönefeld und im Leipziger Umfeld”, erklärt er. Das Zelt werde an der gleichen Stelle auch in den beiden kommenden Wochen am Mittwoch aufgebaut. Natürlich wolle man auch die Lage der Flüchtlinge im Gebäude kritisch begleiten. “Wir sehen mit Sorge die Duschcontainer außerhalb der Unterkunft ohne überdachten Zugang, und auch die nicht wohngerechte Ausstattung wird über den Winter sicher ein Thema werden.”
Ein wenig überrascht es jedoch nach der Erregung der vergangenen Wochen, wie gering die Anzahl der Bürger ist, die sich hier für die Ankunft der Flüchtlinge interessieren. Am Zaun der Schule stehen drei Mütter, deren Kinder die angrenzende Grundschule besuchen. “Die Kinder sind sehr neugierig”, erzählt sie, “vielleicht zu neugierig, und das könnte zum Problem werden.” Die “armen Flüchtlinge” müssen ja untergebracht werden.

“Aber wir fürchten hier Demonstrationen und Krawall. Erst kommen die Rechten, dann die Linken.” Ob sie einer Partei angehöre? “Der Partei Mutti”, lacht sie, “und ich kümmere mich nur um mein Kind.”
Fast unbemerkt treffen gegen zehn Uhr vier Kleinbusse mit den Flüchtlingen ein. Zwei Familien mit jeweils sechs Personen kommen aus Mazedonien und Afghanistan, zwei Familien mit jeweils fünf Personen stammen aus Palästina und Georgien. Dazu kommen sieben Personen aus Syrien. Die Versorgung der Flüchtlinge wird übernommen von european homecare, die aktuell 30 Einrichtungen mit unterschiedlicher Klientel betreuen. Pressesprecherin Renate Walkenhorst bedauert vor Ort, dass es aus “räumlichen Gründen” nicht möglich sei, für vier Monate Gemeinschaftsküchen einzurichten.

Man habe dafür im Haus eine Ausgabeküche eingerichtet. Hier werde mittags hochwertige Tiefkühlkost in einem Konvektomaten erwärmt, so dass sie nicht zerkoche und knackig bleibe. Schweinefleisch werde nicht angeboten. “Wir machen also ein Stück mehr als bloßes Catering.” Ob Weihnachten gefeiert wird, soll mit den Bewohnern noch abgesprochen werden. “Auf jeden Fall organisieren wir etwas für die Kinder.” Hier soll auch die Initiative “Leipzig hilft” eingebunden werden.

Als die Willkommensschilder schon wieder eingepackt werden, schaut sich Udo Hagen an der Schule um. Er betreibt in Schönefeld-Ost ein Taxi-Unternehmen mit 12 Beschäftigten. Der Unternehmer schimpft, dass er für Meinungsfreiheit auf die Straße gegangen sei und die Stadt nun einfach den Bürgern Entscheidungen überstülpe. Es sei nicht in Ordnung, Schulen einfach umzuwidmen, “ob nun für ein Frauenhaus oder ein Aylbewerberheim.” Schließlich stünden zwei sanierte Objekte ganz in der Nähe leer. Sein Sohn besuche die erste Klasse der angrenzenden Grundschule, “und da sind nicht mal die sanitären Anlagen in Ordnung.”

Auf keinen Fall wolle er in die rechte Ecke gestellt werden, “aber die Protestierer sind doch alle importiert und bringen Schönefeld in Verruf.” Und die Flüchtlinge? “Asylbewerberheime haben immer ein gewisses Umfeld, so wie in der Torgauer Straße und in der Eisenbahnstraße. Ich denke da an Drogen. Und die meisten sind ja Wirtschaftsflüchtlinge.”

Herr Hagen beschäftigt vier muslimische Fahrer, die aus Afghanistan geflohen sind. “Die sind übrigens auch gegen den Bau der Moschee in Gohlis.” Womit wir ganz elegant den Bogen zum zweiten aktuellen Leipziger Brennpunkt geschlagen haben. Ist in Schönefeld doch nur trügerische Ruhe oder alles halb so wild?

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