Eine Diskussion läuft völlig aus dem Ruder. Und die Beteiligten wissen es. Der Bebauungsplan für Probstheida soll geändert werden. Der alte B-Plan ist so nicht umgesetzt worden. Der Stadtteil hat sich etwas anders entwickelt als geplant. Es geht also auch um neue künftige Erschließungsvarianten. Doch statt die Diskussion zu öffnen, beharren Stadt und LVB darauf, eine neue Straßenbahn durch den Ortsteil zu bauen. So laden sie auch ein für Donnerstag, 17. Oktober.
“Erweiterung des Straßenbahnnetzes im Südosten Leipzigs: Erstes Bürgerforum am 17. Oktober”, überschreiben sie ihre Einladung. – “Die Leipziger Ortsteile Probstheida und Stötteritz erleben seit Beginn der 90er Jahre eine dynamische Entwicklung: Die Wohngebiete im ‘Sonnenpark’ sind entstanden und perspektivisch ist ein weiterer Ausbau des Klinikstandortes am Herzzentrum vorgesehen.”
Die Bürger von Probstheida haben sich in der jüngeren Vergangenheit schon mehrfach gegen diverse Trassenvarianten durch ihren Ortsteil ausgesprochen. Bislang erschließen zwei Buslinien den Ortsteil und das Herzklinikum. Das Fahrgastaufkommen macht eine eigene Straßenbahnlinie noch längst nicht zwingend.
Aber unisono verkünden Stadt und LVB: “Langfristig braucht der Leipziger Südosten dazu eine Anbindung an die Straßenbahn.”
Eine Pressekonferenz hat es zum Thema im Juli gegeben. Und dort konnten die Planer nicht wirklich belegen, dass diese Aussage stimmt. Zu unsicher sind die Prognosen zu dem, was die Neubauten rund ums Herzklinikum vielleicht an neuen Fahrgastaufkommen induzieren. Das Hauptproblem: Die Trassen durch das Wohngebiet von Probstheida werden von der Bevölkerung sämtlich mehr oder weniger abgelehnt. Als Vorschlag kamen neue Trassenführungen durchs angrenzende Naturschutzgebiet auf. Zeichen auch dafür, wie schlecht der Standort des Herzklinikums tatsächlich in die Infrastrukturen der Stadt integriert ist. Und die Stadt suggeriert auch noch, man könne einfach so mal eine Straßenbahnlinie durchs Naturschutzgebiet bauen.Und sie will über Straßenbahntrassen diskutieren. Nicht über Buslinien.
“Neun Varianten zu einer möglichen Trassenführung haben Stadt und LVB intensiv untersucht. Diese sollen nun der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Mit einem Bürgerforum am 17. Oktober, 18 Uhr, in der Aula des Humboldt-Gymnasiums (Möbiusstraße 8) startet nun das Beteiligungsverfahren. Alle von der möglichen Netzerweiterung Betroffenen sollen miteinander ins Gespräch kommen: die Leipziger Verkehrsbetriebe, Interessenvertreter und die Anwohner”, laden Stadt und LVB zu dieser Veranstaltung ein. “Geleitet wird das Bürgerforum von Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau. Alle Bürgerinnen und Bürger sind herzlich dazu eingeladen, Anmeldungen sind nicht erforderlich. Schon vor Beginn der Veranstaltung haben sie ab 17 Uhr Gelegenheit, sich mit den Varianten vertraut zu machen und von Mitarbeitern der Verwaltung sowie der Leipziger Verkehrsbetriebe erläutern zu lassen.”
Und während der Presse im Juli noch vollmundig erklärt wurde, die Diskussion solle offen geführt werden, fehlt jetzt der wichtige Hinweis: Die Buslinien als Alternative gehören mit in die Diskussion.
Wenn sich auf Straßenbahntrassen fokussiert wird, passiert genau das, was die Leipziger immer wieder verblüfft: Die Projekte werden fester Planungsbestandteil und irgendwann in ein paar Jahren halten die Planer den Bürgern das Projekt unter die Nase: Ihr wolltet es doch so.
Nur eine Frage wird bislang nicht beantwortet: Wer will die Straßenbahntrasse eigentlich? – Die Probstheidaer sind es augenscheinlich nicht. Die wollen ihre Ruhe. Auch vor dem Straßenbahnlärm.
Mit der Straßenbahn zum Herzklinikum (1): Bürgerbeteiligung soll im Oktober starten
Gut Ding will Weile haben …
Mit der Straßenbahn zum Herzklinikum (2): Die elf Trassenvarianten im Detail
Gibt es schon eine Vorzugsvariante …
Aber worüber wird eigentlich diskutiert? – “Als nächster Schritt des Beteiligungsverfahrens ist für den 16. November eine ganztägige Bürgerwerkstatt zur Trassendiskussion geplant. Die Einzelheiten dazu werden rechtzeitig bekannt gegeben”, teilen Stadt und LVB mit. Unübersehbar: Es wird über Trassen diskutiert, nicht über Alternativen.
Kosten für eine Straßenbahntrasse zum Herzklinikum (und darum geht es die ganze Zeit, nicht um eine “Erschließung des Südostens”, wie die Stadt suggeriert): rund 10 Millionen Euro. Aber die seien ja leicht aufzutreiben, heißt es von Seiten der LVB, wenn erst mal die Trasse klar sei.
Und da es in Probstheida kein verfügbares Schulgebäude gibt, findet die Veranstaltung schön weit ab vom Schuss statt: am Donnerstag, 17. Oktober, 18 Uhr in der Aula des Humboldt-Gymnasiums in der Möbiusstraße 8 in Reudnitz.
Keine Kommentare bisher