Der Sommer ist immer die Zeit in Leipzig, in der alle Verkehrsteilnehmer zu spüren bekommen, wie groß der Investitionsstau bei Straßen, Brücken und unterirdischen Leitungen ist. Und manchmal machen sich die Jahrzehnte fehlender Investitionen ganz unverhofft bemerkbar. Wie jetzt an der stark befahrenen Kreuzung Dresdener Straße / Wurzner Straße. Ein Nadelöhr.
Noch bevor die Baumaßnahme in der Wurzner Straße beginnt, ist diese Kreuzung ab Mittwoch, 10. Juli, dicht. Die Gleise werden demontiert und für Straßenbahn und Kfz-Verkehr gibt es weiträumige Umleitungen. Denn der Schaden, um den es geht, liegt direkt unter den Straßenbahngleisen. Hier kreuzen sich ein großer Abwasserschacht der Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL) und eine der wichtigen Trinkwasserhauptleitungen. Diese Hauptleitungen, so betont Dr. Ulrich Meyer, Geschäftsführer der KWL, sind so etwas wie das Zentralnervensystem für das Leipziger Trinkwassernetz. Insgesamt sind sie 39 Kilometer lang und verteilen das Trinkwasser ins Stadtgebiet.
“Etwa 17,5 Kilometer haben wir seit der ‘Wende’ saniert und erneuert”, sagt Meyer. Das ist noch nicht einmal die Hälfte. Verständlich, dass es auch bei diesen dicken Trinkwasserverteilern unangenehme Überraschungen geben kann. An der Hauptversorgungsleitung 1 unter der Kreuzung wurden bei einer Inspektion Risse festgestellt. Das ist vorerst nicht gefährlich, weil das Trinkwasser auch durch die andere Hauptversorgungsstränge fließen kann.
“Aber wenn dort etwas passieren sollte, dann haben wir ein richtiges Problem”, sagt Meyer.
Deswegen wurde die Sanierung der Versorgungsleitung kurzfristig angesetzt, bevor am 12. August die vierzehnmonatigen Bauarbeiten an der Wurzner Straße beginnen. Denn wenn dort erst einmal gebaut wird, ist ein Eingriff an der Kreuzung “Grüne Schänke”, wie Edeltraut Höfer, Leiterin des Verkehrs- und Tiefbauamtes die durch den Abriss der “Grünen Schänke” berühmt gewordene Kreuzung nennt, nicht mehr möglich. Auf dieses Risiko wollen sich weder Stadt noch KWL einlassen.
“Die KWL hat sofort den betreffenden Abschnitt abgeschiebert, um eine Havarie zu verhindern. Der Schaden muss jedoch umgehend behoben werden, damit die Versorgungssicherheit der Stadt Leipzig gewährleistet ist”, erklärt Dr. Ulrich Meyer. Insgesamt stehen vier Hauptversorgungsleitungen für die Bedarfsdeckung der Leipziger Haushalte zur Verfügung. Die Hauptversorgungsleitung 1 verläuft von der Wasserversorgungsanlage Probstheida bis zur Druckerhöhungsstation Möckern und versorgt auf diesem Weg die Stadtteile Zentrum, Zentrum-Ost, Zentrum Nord-West, Zentrum-Nord, Neustadt, Volkmarsdorf, Möckern, Wahren, Lindenthal und Teile von Gohlis-Süd. Aktuell werden diese Stadtteile Leipzigs über die drei weiteren Hauptversorgungsleitungen mit Trinkwasser versorgt. Als Ursache des Schadens vermutet die KWL Materialermüdung an der 108 Jahre alten Trinkwasserleitung. Das Ende der Bauarbeiten ist für den 7. September 2013 geplant. Im gesamten Bauzeitraum ist die Dresdner Straße im betreffenden Bereich für den Straßenverkehr voll gesperrt.Was ab Mittwoch, 10. Juli, eben bedeutet, dass die Kreuzung gesperrt werden muss. Die Baustellenampeln wurden schon am Montag montiert.
Neben der KWL sind die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) GmbH an der Baumaßnahme beteiligt, die im betreffenden Bauabschnitt die Gleise entfernen. “Unser Dank gilt der LVB sowie der Stadt Leipzig, welche die kurzfristige Schadensbehebung ermöglichen. Die Baumaßnahme wird von allen Beteiligten vor Beginn des planmäßigen Umbaus der Wurzner Straße durchgeführt”, sagt Mathias Wiemann, Unternehmensbereichsleiter Netze. Die Arbeiten der KWL an der Hauptversorgungsleitung 1 erfolgen in offener Bauweise. Insgesamt wird die Trinkwasserleitung auf einer Länge von 50 Metern erneuert.
Für die Straßenbahnen der LVB bedeutet das vom 13. Juli bis 25. Juli Umleitung – sowohl die Linie 4 als auch die Linie 7 verkehren dann weiträumig über die Prager Straße. Die 4 biegt dann über die Riebeckstraße in die Stötteritzer Straße ein, die Linie 7 kann weiterfahren bis zur Breiten Straße und dort über das rechte Gleis in die Wurzner Straße einbiegen. Das ist noch befahrbar, denn der Schwerpunkt der offenen Baustelle wird sich vor der Einmündung der Kapellenstraße befinden.
Über die Umleitungen für den Kfz-Verkehr wollen Stadt und Wasserwerke noch rechtzeitig informieren. 600.000 Euro kostet diese kurzfristige Baumaßnahme. “Doch an dieser Stelle können wir nicht warten”, sagt Meyer. “Denn wenn wir später anderswo im Netz Probleme bekommen, wird das ganz schnell viel, viel komplizierter.” Und teurer.
Die Dresdner Straße ist zwischen der Koehlerstraße und der Wurzner Straße für den Individual- als auch den Personennahverkehr im Bauzeitraum voll gesperrt. Die Sperrung beginnt am 10. Juli 2013 zunächst für den Individualverkehr. Bis zum 7. September erfolgt eine großräumige Umleitung des stadtauswärtigen Verkehrs ab Dresdner Straße/Ludwig-Ehrhardt-Straße über die B2 zur B6 Richtung Wurzen und Torgau. Für den stadteinwärtigen Verkehr erfolgen großräumige Umfahrungshinweise in der Riebeckstraße, Höhe Oststraße sowie in der Zweinaundorfer Straße, Höhe Breite Straße. Eine nahräumige Umleitung des Verkehrs im betreffenden Stadtgebiet ist ausgeschildert.
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Für den Zeitraum der Sommerferien werden die Straßenbahnlinien 4 und 7 sowie die Buslinien 70, 72 und 73 der LVB vom 13. Juli bis 25. August über eine Umleitung verkehren. Über die betreffenden Umleitungen werden die LVB direkt informieren.
Eine Baumaßnahme, die diese Leitungserneuerung mit umfasst hätte, hat die Stadt zwar – wie so viele andere auch – seit Jahren in Planung: die komplette Umgestaltung der Dresdner Straße von der Kohlgartenstraße bis zur Neuorganisation des Verkehrs an der Kreuzung “Grüne Schänke” (und damit auch bis zur Lilienstraße. Mit behindertengerechtem Ausbau der LVB-Haltestellen. “Doch dafür ist das Geld die nächsten drei, vier Jahre einfach nicht vorhanden”, sagt Höfer. Und auch danach wird das Zerren um jeden Euro und die Dringlichkeit jedes überfälligen Straßenprojekts weiter gehen. Das ist absehbar.
Es sei denn, es gibt mal endlich eine Staatsregierung in Sachsen, die den Abbau der Investitionsstaus in Sachsens Kommunen als politische Hauptaufgabe begreift und die nötigen Fördergelder bereitstellt.
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