So richtig konsistent ist das, was die Wohnungsgenossenschaft Lipsia in Grünau gerade tut, nicht. Eben noch zeigte man, wie schön Stadtumgestaltung sein kann und machte aus einer Brache Mietergärten mitten in Grünau. Nach dem Abriss von Plattenbauten im Grünauer WK VIII bot die Genossenschaft Lipsia eG ihren Genossenschaftern und Mietern im Jahr 2005 ein Novum an: Die ersten Mietergärten.

“Die dreizehn Gärten sind für Ältere und Bewohner ohne Fahrzeug eine Bereicherung ihres Lebensraumes. Sie wurden begeistert angenommen und durch Mühe und Fleiß der Nutzer zu einem wahren Kleinod, das nicht nur die Grünauerinnen und Grünauer, sondern auch Besucher immer wieder anzieht. Den Pächtern war es allerdings nicht bekannt, dass die Mietergärten aus Sicht der WG Lipsia nur eine Zwischennutzung zwischen Abriss und Neubau sein sollten”, stellt jetzt die Stadträtin der Linken, Dr. Ilse Lauter, fest. “Die grüne Oase ist DAS Vorzeigeprojekt des Stadtumbaus, wurde in Büchern vorgestellt, bei offiziellen Stadtteilspaziergängen regelmäßig angelaufen und als Modell erfolgreicher Bürgerbeteiligung am Stadtumbau angepriesen.”

Doch nun sollen die vor acht Jahren angelegten Mietergärten dem Bau von drei Stadtvillen und einem Parkplatz weichen. Die Pachtverträge sollen gekündigt werden. “Gleichzeitig – so war zu erfahren – will die Lipsia für dieses Projekt weitere Flächen von der Stadt ankaufen”, wundert sich Lauter. Und hat deshalb am Dienstag eine entsprechende Anfrage an die Stadt gestellt: “Abriss von Mietergärten der Wohnungsgenossenschaft Lipsia in Grünau und Möglichkeiten der Stadt Leipzig”.

Am 10. Juli in der Ratsversammlung möchte sie sie gern beantwortet haben.

1. Welche Meinung hat der Oberbürgermeister zum Umgang der Genossenschaft Lipsia mit ihren Mitgliedern?

2. Welche Möglichkeiten sieht der Oberbürgermeister, auf die WG Lipsia hinzuwirken, dass sie ihr Bauvorhaben so gestaltet, dass die Mietergärten erhalten bleiben?
Aber auch andere Akteure der Stadtgesellschaft empfinden den Vorgang als einen Schritt zurück in eine Zeit, in der sich alles nur ums Auto drehte. Der ADFC zum Beispiel. “Da erarbeiten wir einen STEP mit Schwerpunkt Umweltverbund und die Wohnungsbaugesellschaften roden das letzte Grün in Grünau für einen Parkplatz neben einem fast unbenutzten Parkplatz”, wundert sich Alexander John vom ADFC.

Parkflächen gibt es in Grünau mehr als genug, stellt er fest. “Betroffen sind hier vor allem Rentner, die in jahrelanger Arbeit hier ihren Platz im Grünen gestaltet haben und sich jetzt nicht wirklich gegen die Pläne der Wohnungsgenossenschaft Lipsia (von denen sie die Fläche gepachtet haben) zur Wehr setzen können”, konstatiert er. Und meint auch: Richtig ist es nicht, Rentnern ihr Grün zu nehmen und noch mehr Flächen zu versiegeln.

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Also ruft der ADFC zu einer “Tweedhop Radparade” am Sonntag, 30. Juni, ein, die um 15:00 Uhr an der Sachsenbrücke startet. Sie wird direkt zum Ort des Geschehens führen.

“Vielleicht können die Pläne nicht verhindert werden, aber (grüne) Leipziger Stadtentwicklung und nachhaltige Mobilität muss einfach anders aussehen”, sagt John. “Dafür gilt es auch Zeichen zu setzen.”

Das Lipsia-Projekt hat bei einem anderen Grünauer Vermieter übrigens längst positives Echo gefunden: bei Gutburg.

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