Bei der Vorstellung der sieben ins Auge gefassten und drei näher untersuchten Varianten für den zukünftigen Standort des Leipziger Naturkundemuseums sticht der scheinbare Favorit sofort ins Auge. Die Details sind beim möglichen Standort des ehemaligen DDR-Baus "Bowlingcenter" am Wilhelm-Leuschner-Platz bereits vorhanden.
Und der preiswerteste Vorschlag scheint es mit gesamt 12,297 Millionen bei den Erschließungs- und Baukosten auch zu sein. Immerhin gehen andere Ideen mit bis zu über 25 Millionen deutlich tiefer ins leere Stadtsäckel. Doch so ganz klar scheint die Kalkulation für den Leuschnerplatz dann doch nicht zu sein.
Leicht ist die Standortsuche bislang in der Tat nicht gewesen. Unzählige Gebäude waren im Gespräch, immer neue, falls mal wieder irgendwo etwas frei wurde, neben dem “Leipziger Kommissions- und Großbuchhandel” in der Prager Straße auch mal flott das ehemalige Telekomgebäude, der Kohlrabizirkus, der ehemalige Gasometer und viele andere. Das breit ausladende Debattieren scheint vorbei – ein paar durchaus sympathische aber teure Neubau-Ideen sind geblieben und drei Favoriten scheinen erkannt. Noch vor der ersten Lesung im Leipziger Stadtrat ganz vorn in der Gunst der Verwaltung derzeit wohl das Bowlingcenter am Wilhelm-Leuschner-Platz.
Denn über alle Parameter, wie Eigentumsverhältnisse, Erreichbarkeit, Zeithorizont bis zum Baubeginn oder die zu erwartenden Besucherströme, welche nicht zuletzt etwas mit der Lage und der Umgebung zu tun haben, scheint der nur zu kleinen Teilen oberirdische Bau der Beste. Er gehört der Stadt, die Sanierungsarbeiten und der museumsgerechte Umbau sind zeitnah möglich und das Ergebnis läge direkt am Zentrum der Stadt. Über Anbindungen via ÖPNV gäbe es keinerlei Debatten, eine der größten Haltestellen der LVB liegt direkt vis á vis. Nur Parkmöglichkeiten für Besucher seien laut Konzept noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden.
Vielleicht aber kann diese Variante am meisten mit dem punkten, was man noch nicht sieht und worum noch gerungen wird. Eine neue Markthalle samt weiteren Neubauten soll auf der großen Brachfläche Leuschnerplatz entstehen. Und ein “Einheits- und Freiheitsdenkmal” zukünftig die Touristen aus aller Welt zum Verweilen anlocken. Oder zum Weglaufen, wohl ganz nach Entscheidung über die letztendliche Art dieses derzeit projektierten Gedenkareals aus bunten Würfeln.
Nach Fertigstellung könnte die neue Heimat des Naturkundemuseums Magazinen, Ausstellungsräumen und Werkstätten auf insgesamt 4.352 Quadratmetern Platz bieten. Klingt eigentlich alles nach einem kurzen Gespräch, vielen nickenden Köpfen im Stadtrat und einer raschen Entscheidung.
Was jedoch noch nicht reicht und offenbar nur eine Konzeptgröße ist, wird an anderer Stelle deutlich, wo es heißt: “Im Eingangsbau auf der Erdgeschossebene ist kaum Platz vorhanden, um ein Café, einen Museums-Shop oder andere Servicebereiche außer Kasse und Garderobe unterzubringen. Es gäbe die Möglichkeit den historischen Bau durch einen Anbau zu ergänzen, der eventuell auch die Bibliothek, in jedem Fall aber einen Lastenaufzug zur Andienung der Sonderausstellungsflächen aufnehmen müsste.”
Dieser Anbau sei jedoch aus Denkmalschutzgründen direkt so eigentlich nicht möglich und damit sei das Gebäude mit den Umgebungsneubauten im Zusammenhang mit der neuen Markthalle zu bringen.
Denn ein “separater Zweckbau auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz für ein Naturkundemuseum im umgenutzten ehemaligen Bowlingcenter ist ausschließlich innerhalb der vorgesehenen Baufelder des städtebaulichen Konzeptes (Beschlüsse der Ratsversammlungen vom 18.05.2011 bzw. 18.04.2012) denkbar.” Im Klartext, man muss den offensichtlich notwendigen Erweiterungsbau in das Ensemble rings um die Markthalle einfügen oder sich eben dort einmieten, um alles unterzubringen.
“Damit bleibt nur die Lösung, den Sonderausstellungsbereich über einen Tunnel an den Neubau anzudocken und den Lastenaufzug dort nach oben zu führen”, heißt es im Konzeptvorschlag dazu. Café und Shop sollten dann lieber gleich im Neubau anmieten.Hier wird auf einmal deutlich, wie verwoben diese Idee längst mit den weiteren zu erwartenden Neubauten auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz scheint. Und wo immer mehr Puzzleteile und Mitspieler, wie ein privater Investor für die Markthallenbauten auftauchen, sollte man durchaus misstrauisch bei den wirklichen Kosten für solche Ideen werden.
Schon hier könnte das eifrige Nicken der Befürworter der Lösung Bowlingtreff einem gewissen Hin- und Herwiegen des Kopfes weichen. Doch noch wird ja im Rahmen dieses Masterplanes debattiert, welche der sieben Ideen weiterverfolgt werden soll, wobei die drei Ersten im Ranking besondere Beachtung verdienen.
Denn hinzu kommt beim Bowlingcenter ein in Leipzig bekanntes Element als weitere Unwägbarkeit. Denn neben den dargestellten 1. und 2. Untergeschossen gibt es davon noch Nummer drei und vier. Deren Nutzbarkeit ist zwar nicht Gegenstand der Konzeption, dennoch gibt es keinen größeren Feind von teilweise uralten und wertvollen Präparaten als ausgerechnet Wasser. Und die gilt es vor diesem zu schützen, was im Konzept verlangt, nicht jedoch in Zahlen gefasst ist. Hier heißt es: “Wasser steht im vierten Untergeschoss, Eindringen von Wasser in unterirdische Bereiche muss zukünftig sicher verhindert werden.”
Und etwas tiefer in den Ãœberlegungen wird dann folgerichtig gefordert: “Es ist unklar, wie es ins Gebäude eindringt bzw. eingedrungen ist. Wegen der notwendigen Nutzung des ersten Untergeschosses für Depots ist unbedingt abzuklären, wie es zum Eindringen von Wasser bisher gekommen ist und im Weiteren, ob es auszuschließen ist, dass bei Hochwasser Grund- oder Oberflächenwasser in das Gebäude eindringt. Hierfür ist unbedingt eine gesonderte, gutachterliche Stellungnahme – mit zerstörerischen Maßnahmen – notwendig, die auch eventuelle notwendige Sicherheitsmaßnahmen benennt und kalkuliert.”
Wer hier vermutet, dass weitere Kosten beim Umbau des ehemaligen Bowlingcenters entstehen könnten, dürfte richtig liegen. Was die Ergebnisse des weiteren Gutachtens für die Zukunftsfähigkeit des Standortes bringen, weiß man nicht.
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Die ebenfalls prognostizierten laufenden Energiekosten sind jedenfalls jetzt bereits höher veranschlagt als bei anderen Standorten. Und damit kommt die Frage der sogenannten Refinanzierungsquoten an den jeweiligen Standorten auch hier auf. Denn laufende Kosten und die erhofften Besuchermengen am “richtigen” Standort ergeben in allen Konzepten ein Minus. Was am Ende zu den jährlichen Zuschüssen führt, welche die Leipziger für ihr neues Naturkundemuseum dann pro Jahr mindestens vorhalten müssen. Die Refinanzierungsquote unter den genannten unbekannten Kostensteigerungen liegt beim Bowlingcenter bei 27,5 Prozent. Die Energiekosten sind mit rund 42.000 Euro aufgrund des Mehrverbrauchs bei der Wärmeenergie im unterirdischen Teil des Baus höher angesetzt als an anderen Standorten.
In Summe verlangt dies nach einem jährlichen Zuschuss aus dem Stadtsäckel in Höhe von 1,008 Millionen Euro ab Inbetriebnahme. Natürlich ohne den üblichen Preisauftrieb, gerechnet am Modellhaushaltsjahr 2015 und mit dem Fragezeichen, wie genau Wasserschutzmaßnahmen und Neubau oder Anmietung zu Buche schlagen.
Zwar haben den normalen Preisanstieg auch die anderen Varianten zu befürchten, doch ein alter Spruch sagt: “Warum in die Ferne schweifen – sieh, das Gute liegt so nah.” Denn auch der Verbleib des Museums an bekannter Stelle hat seinen Reiz – wenn da nicht ebenfalls die Notwendigkeit eines Neubaus und der hohe Aufwand bei der Sanierung des aktuellen Naturkundemuseums an der Lortzingstraße 3 wäre. Denn auf Platz 3 der derzeitigen Lieblinge der Studie findet sich der Verbleib am heutigen Ort. Dazwischen findet sich überraschend ein Neubau in der Rudolphstraße am Martin-Luther-Ring.
Dazu mehr im nächsten Teil auf L-IZ.de “Warum in die Ferne schweifen? Das Museum bleibt, wo es ist” Der Masterplan Naturkundemuseum Ranking aller sieben Varianten als PDF zum download.
Der Bowlingtreff nach Umnutzung Erdgeschoss 1 und 2 OG als PDF zum download.
Die Nutzungsarten des Bowlingcenters 1 UG als PDF zum download.
Das Bowlingcenter 1 UG als PDF zum download.
Das Bowlingcenter 2 UG als PDF zum download.
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