Wenn einer zögert, freut sich der Dritte. So ungefähr geht es derzeit zu am Johannisplatz. Dort gibt es seit Jahr und Tag einen Parkplatz, der im Wesentlichen von den Kommunalen Wasserwerken und der benachbarten Wertpapierdruckerei Giesecke & Devrient genutzt wird. 2009 beschloss noch der alte Stadtrat, auf dem Grundstück ein Parkhaus errichten zu lassen und das Liegenschaftsamt kaufte dafür extra noch ein kleines Grundstück an der Johannisgasse an.
2009 ist schon ein ganzes Weilchen her. Mittlerweile bereitet sich der im Sommer 2009 gewählte Stadtrat schon auf die nächste Stadtratswahl 2014 vor. Das Parkhaus ist, wie jeder sehen kann, nicht zustande gekommen. Die Stadtverwaltung wollte es gern von einem Privaten betreiben lassen und schrieb das Grundstück deshalb 2010 aus. Die 1.855 Quadratmeter wurden zum Mindestgebot in Höhe von 340.000,00 Euro ausgeschrieben. Aber so recht konnte sich kein Bewerber für das Projekt erwärmen, obwohl im Jahr 2012 nun gleich wieder reihenweise Ideen zu neuen Parkhäusern in Leipzig geboren wurden.
Der Verdacht ist so abwegig nicht, dass Leipzig eigentlich keine weiteren Parkhäuser braucht, erst recht nicht in Innenstadtnähe. Aber die Dezernate arbeiten – auch wenn sie es immer wieder anders verkünden – bei vielen Projekten eben nicht Hand in Hand. Sonst würde das Thema “Modal Split” zumindest in der Vorlage aufgegriffen. Wird es aber nicht. Und so kämpft das Umweltdezernat weiter darum, das Verkehrsverhalten der Leipziger hin zu Straßenbahn, Bus, Fahrrad zu ändern. Und das Wirtschaftsdezernat lässt weiter Parkhäuser bauen, weil sie – wie in der Vorlage angekreuzt – als wirtschaftlich wichtig erachtet werden.
Da rechnen dann natürlich die Investoren. Erst einmal mit den 20.300 Euro Parkeinnahmen, die der Platz jetzt schon aus den Parkgebühren von Wasserwerkern und Gelddruckern generiert – und dann mit den möglichen Einnahmen von Leuten, die zusätzlich Parkraum anmieten. Das scheint sich aber von Anfang an nicht gerechnet zu haben. Sonst hätte es 2012 nicht die dezidierte Anfrage eines “Mitbewerbers” gegeben, das Parkhaus nicht allein bauen zu dürfen, sondern zusammen mit
einem Büro-/Wohn- und Geschäftshaus auf dem 720 Quadratmeter großen nördlichen anschließenden Grundstück direkt am Grimmaischen Steinweg – als “Tor zur Nürnberger Straße”.Die heutige Straßensituation kaschiert ja die Tatsache, dass der Grimmaische Steinweg bis zu den Zerstörungen im 2. Weltkrieg deutlich schmaler war. Die komplette südliche Fahrbahn verläuft über ehemals bebaute Grundstücke. Nur ganz winzige Teile dieser Grundstücke ragen noch in das Gelände, das dieser “Mitbewerber” gern bebauen wollte.
Im Wirtschaftsdezernat fand man die Idee nahe liegend. Also ging man dann mit zwei Bewerbern in Verhandlung, stellt aber jetzt trocken fest: Die Verhandlungen sind mit beiden Bewerbern gescheitert.
Also nimmt das Wirtschaftsdezernat jetzt einen dritten Anlauf. In der Dienstberatung am 30. April gab’s eine neue Vorlage. Denn zwei neue Interessenten haben sich gemeldet. Aber sie wollen kein Geschäftshaus bauen, sondern auf einen anderen Zug aufspringen, der in Leipzig gerade dampft. Denn die Sache mit den steigenden Besucherzahlen in Leipzig hat man landesweit registriert. Und da die Zinsen derzeit so schön niedrig sind, versuchen allerlei Leute nun, ihr Geld in werthaltige Immobilien zu stecken. Hotels zum Beispiel.
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Und so gibt es eine Bewerbung von einem freien Architekten aus Stuttgart, der auf den beiden Grundstücken ein Hotel und das gemäß Ausschreibung geforderte Parkhaus errichten will. Und da die Idee in der Luft zu liegen scheint, gibt es zwischenzeitlich einen zweiten Bewerber. Die Kommunalprojekt PPP AG aus Potsdam will ebenfalls ein Hotel und ein Parkhaus bauen.
Der OBM soll jetzt beauftragt werden, die Verhandlungen über den Verkauf der beiden Grundstücke aufzunehmen. Die ja eigentlich ein ganzes Ensemble von Grundstücken sind – nämlich Teilflächen der Flurstücke 1473, 1474, 1475, 1477 und 1478 sowie die Flurstücke 1459/1, 1460/1 und Teilflächen der Flurstücke 1458/1, 1479 und 1480. Auf dem markanten Eckgrundstück Nr. 1477 stand mal die Hirsch-Apotheke. Hier bog auch – vom Grimmaischen Steinweg kommend – die Straßenbahn in die Nürnberger Straße ein, um Richtung Bayerischer Bahnhof zu fahren. Und schräg gegenüber auf dem Johannisplatz stand bis zum Weltkrieg auch das Luther-Melanchthon-Denkmal, um dessen Wiedererrichtung ein Verein kämpft.
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