Zwei Forschungsvorhaben beschäftigen sich derzeit mit dem Wechselspiel von Gesundheit und Sozialraum. Im Leipziger Osten und in Grünau soll eine "Quartiersdiagnose" die Vernetzung von Politik, Verwaltung, Krankenkassen, Gesundheits- und Stadtteilakteuren verbessern. Ein L-IZ-Interview mit Projektmitarbeiterin Claudia Menkouo von der HTWK.

“Der Leipziger Osten und Grünau sind Thema zweier Forschungsprojekte, die an der HTWK und der Universität Leipzig durchgeführt werden”, teilt Claudia Menkouo von der HTWK Leipzig mit. Zu beiden Projekten finden im Zeitraum Oktober-Dezember 2012 Befragungen von Akteuren mittels Fragebögen statt. L-IZ hat bei Claudia Menkouo, Projektmitarbeiterin an der HTWK nachgefragt.

Warum wurden gerade der Leipziger Osten und Grünau als zu untersuchende Sozialräume ausgewählt?

Modellhaft soll in zwei verschiedenen Stadtteilen in Leipzig das Thema “Gesundheitsförderung” (weiter) entwickelt werden. Beide Stadtteile verfügen als “Soziale Stadt-Gebiete” bereits über Strukturen, an die man anknüpfen kann. So unterstützen beispielsweise die in Grünau und dem Leipziger Osten vorhandenen Quartiersmanagement-Büros das Vorhaben und bringen das Thema “Gesundheit” in die bestehenden sozialen und professionellen Netzwerke ein.

Gleichzeitig sind beide Stadtteile sehr verschieden in Bezug auf die Zusammensetzung der Menschen, die dort leben. Und in Bezug auf die Gebäudestrukturen. Wir gehen davon aus, dass sich trotz des einheitlichen Vorgehens verschiedene Themen in den Stadtteilen zeigen werden. Dieses Wissen und der Vergleich helfen dann auch bei der Übertragung auf andere Leipziger Stadtteile.

Mit welchen Merkmalen verbinden Sie die beiden Stadträume?

Wie schon gesagt, beide Stadtteile sind “Soziale Stadt”-Fördergebiete. Der Leipziger Osten steht eher für einen in Gebäudestruktur und Bewohnerzusammensetzung heterogenen vielfältigen Stadtteil.

In Grünau findet man eher homogene überschaubare Gebäudestrukturen und beispielsweise weniger Bewohner mit Migrationshintergrund, dafür mehr ältere Menschen. Das bringt natürlich auch andere Themen und Bedürfnisse in Bezug auf die Gesundheit und deren Förderung mit sich.
Stehen in der jetzigen Projektphase der Besatz an und das Zusammenwirken von Institutionen in den Sozialräumen im Vordergrund der Befragung, oder werden Individualdaten von Bewohnern der Stadtteile beispielsweise zu Gesundheitszustand, Präventionsverhalten und gesundheitsrelevanten Lebensgewohnheiten?

Wie der Name schon sagt, geht es eher um den Aufbau von Strukturen. Das heißt: Wir erheben keine individuumsbezogenen Daten, fragen beispielsweise keine Werte und Einstellungen von Bewohnern oder gesundheitsförderliches Verhalten ab.

Es geht eher um die in institutionelle Ebene. Wir möchten gern in der Ausgangserhebung einmal von Einrichtungen vor Ort – in beiden Stadtteilen – wissen, welche gesundheitsförderlichen Angebote sie bereits vorhalten, aber auch wo sie Bedarfe sehen oder Ressourcen einbringen können. Circa 500 Einrichtungen sollen insgesamt befragt werden.
Dies soll Ausgangspunkt für eine gemeinsame Arbeit mit den Trägern zum Thema “Gesundheitsförderung” sein. Je nach den Ergebnissen der Befragung soll mit dem aus Sicht der Stadtteilakteure wichtigstem Thema begonnen werden. Das kann die Versorgung älterer Menschen sein, aber auch die Stärkung von Eltern mit Kindern oder andere Themen, die sich herausstellen.

Welche Rolle spielen Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung während der Befragung?

Auch die Kommune kann einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit der Bewohner leisten. In enger Kooperation mit dem gesunden Städtenetzwerk sollen auch kommunale Ämter einbezogen werden. Was hat das Amt für Umwelt und Stadtgrün mit der Gesundheit der Bewohner zu tun? Wo können Bedingungen geschaffen werden, die die Gesundheitschancen der Bewohner erhöhen?

Wir befragen deshalb gleichzeitig Schlüsselpersonen auf Stadtteilebene und in den Ämtern zu verschiedenen Themen. Dabei geht es um Bürgerbeteiligung und Fragen wie “Sind die Bewohner in die Umsetzung von Projekten einbezogen?” und “Werden sie ermutigt selbst aktiv zu werden?” Wir fragen zum Stichwort Vernetzung nach: “Gibt es bestehende Netzwerkstrukturen? Werden diese geführt?”. Zum Thema Gesundheitsversorgung wollen wir wissen “Werden Gesundheitsangebote in ausreichendem Maß bereitgestellt? Gibt es Bemühungen Zugangsbarrieren zu vermindern? Bestehen Angebote für schwer erreichbare Zielgruppen?”.

Wie wird die Befragung denn ablaufen?

Wir stellen gerade in den Arbeitskreisen in Grünau und im Leipziger Osten das Modellprojekt und den Ablauf des ersten Befragungszeitraumes vor und bitten um Mitwirkung. Im November werden wir alle Einrichtungen nochmals anschreiben. Gleichzeitig befragen wir die Schlüsselpersonen – jeweils circa 70 Personen. Diese werden persönlich angesprochen. Wir möchten möglichst viele Akteure für die Befragung gewinnen, um ein fundiertes Ergebnis zu bekommen.

Inwieweit werden sich die Befragungsergebnisse in Handlungsempfehlungen an die örtliche – und gegebenenfalls auch überörtliche – Politik und Verwaltung niederschlagen?

Im Frühjahr 2014 soll es einen zweiten Erhebungsfragepunkt geben. Wir gehen davon aus, dass sich über die gemeinsame Arbeit mit den Trägern und interessierten Partnern in den Stadtteilen sowie mit den kommunalen Ämtern Ergebnisse zeigen werden, aufgrund derer entsprechende Handlungsempfehlungen an die Stadtpolitik formuliert werden. Im Leipziger Osten ist das Thema “Gesundheit” im neuen Stadtteilentwicklungskonzept bereits als Teilkonzept beschrieben. Hier könnte es Ziel sein, dies auch im stadtweiten Stadtteilkonzept zu berücksichtigen und anhand der Erfahrungen im Modellprojekt konkret zu unterlegen.

Durch die Kooperation mit der überregionalen Partnern wie der Sächsischen Landesvereinigung für Gesundheitsförderung und das Einbringen der Ergebnisse des Modellprojektes bei bundesweiten Tagungen und Kongressen, gehen wir davon aus, dass die Erfahrungen in Leipzig auch bundesweit Beachtung finden und beispielgebend für andere Kommunen sein können.

Vielen Dank für das Gespräch.

www.gesunder-osten-leipzig.de

Hintergrund:

(PM) Die erste Befragung erfolgt im Rahmen des Forschungsprojektes “Koordinierungsstelle Gesundheit”. Das Projekt ist ein gemeinsames Vorhaben der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, der Stadt Leipzig und der AOK Plus hat sich zum Ziel gesetzt, die Gesundheitschancen der Bewohner in Leipziger Stadtteilen zu verbessern. Es wurden zunächst die Stadtteile Grünau und der Leipziger Osten als Modellgebiete ausgewählt.

Das Forschungsprojekt “Eine kleinteilige Sozialraumanalyse mit einer Evaluierung von Kultur-, Freizeit-, Bildungs- und Sozialangeboten im Leipziger Osten” wird von Mitarbeitern des Instituts für Geographie der Universität Leipzig in Kooperation mit der Stadt Leipzig bearbeitet.

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