Im Januar dachten die Stadtratsfraktionen schon, der Versuch der Leipziger Stadtverwaltung, im Salzgässchen Parkraum für VIP-Limousinen des 2011 eröffneten Steigenberger Grand Hotel zu schaffen, sei beendet, die Vorlage verschwand in der Versenkung. Doch im September tauchte sie wieder auf. Unverändert. Da fühlte sich auch der Stadtbezirksbeirat Tim Elschner brüskiert.
Vor allem, weil es auch nicht das erste Mal ist, dass in der Leipziger Innenstadt öffentlicher Raum privatisiert werden soll. Zur Erinnerung: 2010 ging es um ein Stückchen Thomaswiese, die der dort ansässige Imbissbetreiber für die Schaffung einer Freisitzfläche ursprünglich erhalten sollte. Wäre es damals allein nach der Verwaltung gegangen, so wäre die mittlerweile sanierte öffentliche Grünfläche heute etwa 66,5 Quadratmeter kleiner. Der Stadtbezirksbeirat Mitte lehnte das Ansinnen der Verwaltung damals entschieden ab.
In der Oktober-Sitzung am Donnerstag, 4. Oktober, hat der Stadtbezirksbeirat Mitte nun die Vorlage “Einziehungsverfahren nach § 8 des Sächsischen Straßengesetzes PKW-Stellplatz Salzgässchen” beraten. Und einmal mehr ging es dabei um die Privatisierung öffentlichen Raumes in der Innenstadt. Das Fünf-Sterne-Hotel im Handelshof wünscht sich eine etwa 30 Quadratmeter große Fläche für seine motorisierten VIP-Gäste. Leider nutzte das Fünf-Sterne-Hotel die Gelegenheit nicht, die Notwendigkeit der Stellplätze im Beirat zu begründen, bedauert Elschner.
Tim Elschner ist Mitglied des Stadtbezirksbeirates Mitte für Bündnis 90/Die Grünen. “Eigentlich hatte ich erwartet, dass der Oberbürgermeister die Vorlage, die bereits Anfang des Jahres im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau beraten wurde, still und heimlich nach bereits geäußerter Kritik zurückzieht”, sagt er zu der Wiedervorlage. “Dass er nun die Vorlage in der Oktober-Sitzung dem Stadtrat zur Abstimmung vorlegen will, zeugt meines Erachtens von einem wenig sensiblen Umgang des Stadtoberhauptes mit dem öffentlichen Raum.” Zudem mag Elschner keine “überwiegenden Gründe öffentlichen Wohls” für die vorgesehene Straßenentwidmung erkennen.Des Weiteren monierte Elschner, dass das Ansinnen des Oberbürgermeisters nicht in Einklang mit dem Konzept “autoarme Innenstadt” steht. Das Salzgässchen wurde ausdrücklich als Fußgängerzone ausgewiesen. Mit der Eröffnung der “Höfe am Brühl” stünden nun neben den Parkplätzen auf dem Areal von Deutrichs Hof/Reichsstraße und den Parkplätzen des “Motel One” weitere 820 Parkplätze auch den Gästen des Steigenberger Hotels in unmittelbarer Nachbarschaft zur Verfügung.
“Ausreichend genug”, findet Elschner. In diesem Zusammenhang forderte das Beirats-Mitglied die Verwaltung außerdem zur Klarstellung hinsichtlich der unter dem Hotelneubau neben dem Museum für bildende Künste geplanten “öffentlichen Tiefgarage mit 98 Stellplätzen” auf. Denn diese Planung würde das Konzept “autoarme Innenstadt” weiter konterkarieren.
Elschner zeigt sich zudem darüber enttäuscht, dass die Vorlage vom Oberbürgermeister nicht auch zusammen mit dem Entwurf des Erbbaupachtvertrages, den die Stadt mit dem Hotelbetreiber hinsichtlich der vorgesehenen Stellfläche abschließen will, in das Verfahren eingebracht wurde: “Im Sinne von maximaler Transparenz wäre dies aus meiner Sicht angebracht gewesen!”
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Hinzu käme, dass in der Vorlage ausdrücklich auch darauf hingewiesen wird, dass sich durch die geplante Pkw-Stellfläche laut Prüfkatalog der Verwaltung die Gesundheit und Sicherheit von Kindern und Jugendlichen verschlechtert.
“Dass eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei der zu treffenden Entscheidung ebenfalls nicht vorgesehen ist, lässt des Weiteren tief blicken”, sagt Elschner und beklagt in diesem Zusammenhang, dass der von der Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen initiierte Ratsbeschluss “Einführung eines Jugendstadtbezirksbeirates” aus dem Jahr 2009 immer noch nicht umgesetzt wurde und es des Weiteren bis heute kein verbindliches und strukturschaffendes Konzept zur Kinder- und Jugendbeteiligung auf Stadt- und Planraumebene gebe.
Summa summarum, so Elschner: “Jungs Investorenliebe geht hier eindeutig zu weit!” Er appelliert gleichzeitig an den Stadtrat, das Votum des Stadtbezirksbeirates Mitte vom 4. Oktober zur Vorlage ernst zunehmen. Dieser hat die Vorlage 6/2/0 abgelehnt.
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