Der entscheidende Schritt in Leipzig zur Anbindung an Saale und Elbe ist getan, freut sich Dr. Sabine Heymann vom Verein Wasserstadt Leipzig e.V. über den Beginn der Kanalarbeiten am Lindenauer Hafen. Zur künftigen Nutzung der neuen Gewässerwelt fordert Heymann im L-IZ-Interview "eine aktive Diskussion in der Stadtgesellschaft".
Frau Dr. Heymann, in der Vorwoche begannen die Bauarbeiten für die Gewässerverbindung zwischen dem Karl-Heine-Kanal und dem Lindenauer Hafen. Was bedeutet dieses Ereignis für den Verein Wasserstadt Leipzig?
Damit wird ein wesentlicher Vereinszweck erfüllt: die Anbindung des Karl-Heine-Kanals an den Lindenauer Hafen. Dieses Ziel verfolgte und verfolgt der Verein, um die Idee Dr. Karl Heines, die Anbindung Leipzigs an die überregionalen Wasserstraßen, einen weiteren Schritt näher zu kommen.
Welche Vorteile verbinden Sie mit diesem Projekt?
Zuallererst dient das Projekt der Hebung vergleichbarer Potenziale, wie man sie durch die Revitalisierung des bisherigen Karl-Heine-Kanals, der Weißen Elster sowie des Pleißemühlgrabens und des Elstermühlgrabens erleben durfte. Die so besser nutz- und erlebbaren Gewässer haben nicht nur das Stadtbild verbessert, sondern auch Aktivitäten und Investitionen an ihren Ufern angeschoben. Aus diesem Grunde haben ja gerade die Bürgerinnen und Bürger der Stadtteile Plagwitz, Lindenau und Grünau den Fertigbau des Kanals immer wieder eingefordert.
Zum zweiten dient die Anbindung des Karl-Heine-Kanals an den Lindenauer Hafen außerdem der Einrichtung eines künftigen Sportboothafens (Marina). Unabhängig von der weiteren Anbindung an den Elster-Saale-Kanal bedürfen die Gäste und Nutzer des Leipziger Gewässerverbundes unbedingt der Vorhaltung wassertouristischer Einrichtungen. Nirgendwo gibt es einen öffentlich zugängigen Bereich, an dem man Boote sicher zu Wasser lassen kann. In Leipzig fehlen Lagerflächen für Boote – auch und besonders für Kanus. All dies könnte dann sinnvoll am Lindenauer Hafen untergebracht werden.
Zum dritten wird dadurch dem Ansinnen in Sachsen-Anhalt, den Elster-Saale-Kanal ebenfalls fertig zu bauen, mehr realer Druck verliehen.
Inwiefern?
Bisher musste man sich nicht ernsthaft damit auseinandersetzen. Das zeigte auch, wie schwierig es war, Mittel für die Potenzialanalyse in Sachsen-Anhalt zu akquirieren. Damit wurde also der entscheidende Schritt in Leipzig zur Anbindung an Saale und Elbe getan. Auf diesem Wege wird dann der Wassertourismus künftig eine wesentliche Rolle in Leipzig spielen können.
Und letztlich erhalten Brachen, wie der Lindenauer Hafen und das Texafol-Gelände, eine Aufwertung, die ihre Vermarktung und Entwicklung erstmals möglich machen. Mit der Entwicklung des Lindenauer Hafens geht allerdings auch die Verbesserung der Erlebbarkeit des Wassers einher: Wegeverbindungen zu den angrenzenden Wohngebieten sowie die Gestaltung der Uferbereiche sind dazu wichtige Investitionen.
Neben der Diskussion um die Notwendigkeit des Kanaldurchstichs schwelt in Leipzig immer noch der Streit zwischen der auch motorbetriebenen touristischen Nutzung, der überwiegend muskelbetriebenen wassersportlichen Nutzung und dem Anspruch des Naturschutzes auf und an Leipzigs Gewässern. Wie kann denn ein Nutzungs- und Schutzkonzept aus Sicht Ihres Vereins aussehen?
Ziel des Vereins ist natürlich die Verbesserung der Nutzbarkeit der Gewässer für Jedermann. Dies bedeutet aber auch, dass wirklich wesentliche Nutzergruppen – Wasserwanderer und Wassersportler sowie Anlieger und Natur – nicht durch eine potenzielle Nutzergruppe, den motorisierten individuellen Bootsverkehr beeinträchtigt werden.
Nun könnten wir uns zurücklehnen und sagen, dass darüber ohnehin die Landesdirektion entscheidet. Doch wir sind uns mit den Sport- und Umweltverbänden einig, dass es dazu einer viel aktiveren Einflussnahme der Stadtverwaltung und einer aktiven Diskussion in der Stadtgesellschaft bedarf. Dafür sind und waren wir Plattform.
Zurück zu Ihrem Vereinszweck. Ihnen geht es um die Anbindung Leipzigs an das internationale Wasserstraßennetz. Wann soll denn aus Ihrer Sicht der Kanaldurchstich zweiter Teil, zwischen dem Lindenauer Hafenbecken und dem Elster-Saale-Kanal unter der Lyoner Straße, folgen?
Natürlich wäre es sehr erstrebenswert, wenn spätestens mit Anbindung des Karl-Heine-Kanals und weitgehendem Abschluss der Sanierung des Hafengeländes – inklusive der wassertouristischen Einrichtungen außerhalb des Sanierungsgebietes – auch die Verbindung des Lindenauer Hafens mit dem Elster-Saale-Kanal durch eine Brücke für die Lyoner Straße erfolgen kann. In Jahreszahlen: irgendwann zwischen 2015 und 2018.
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Und wie bewerten Sie den Projektstand für die Vollendung des Elster-Saale-Kanals in Sachsen-Anhalt?
Hier ist noch einiges zu tun. Darum unterstützen wir den anhaltinischen Förderverein entsprechend. Wir hoffen sehr, dass die Anliegerkommunen – Leuna und Merseburg sowie Halle (Saale) – sich genügend Gehör dazu im Land verschaffen werden. Besonders in Leuna und Merseburg erwartet man eine Initialzündung für die Stabilisierung des ländlichen Raumes sowie für die Fachkräftebindung.
Die Schute Ihres Vereins trägt ebenso wie die gerade erneuerte Kanalbrücke den Namen Luise. Beide erinnern damit an die – geschiedene – Frau des letzten sächsischen Königs. Drei Kanalbrücken heißen nach sächsischen Königen. Sollen nach Ihrer Ansicht die Straßen und Brücken im neuen Lindenauer Hafenviertel dieser Tradition aus Heines Zeiten folgen? Oder böte sich das Karree zwischen Birminghambrücke und Lyoner Straße nicht für Bezeichnungen nach Leipziger Partnerstädten an?
Da sind wir als Verein total offen. Doch scheinbar ist die Tradition von Karl Heine noch tief in den Köpfen der Leipzigerinnen und Leipziger verwurzelt, denn es waren die Kinder aus Lindenau und Plagwitz, die der Schute diesen Namen gaben.
Letztlich fände ich es persönlich noch besser, wenn die Straßen und Brücken des künftigen Hafenviertels deutlicher auf das Ziel in Richtung Weltmeere hinweisen würden. Auch heißt die Birminghambrücke nur im Volksmund so, laut Stadtverwaltung gab es nie eine öffentliche Namensgebung.
Vielen Dank für das Gespräch.
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