Es gibt in Leipzig dringende Investitionsprojekte - Schulen, Brücken, Straßen, Kindergärten. Dass die Entwicklung des Areals um den Lindenauer Hafen trotzdem immer wieder auf die Tagesordnung des Stadtrates kommt, findet Leipzigs CDU-Vorsitzender Detlef Schubert überhaupt nicht zeitgemäß.

Für ihn ist das, was Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) mit dem Projekt bezweckt, schon Wahlkampf für die OB-Wahl im Januar 2013. Anders seien die Projekte am Lindenauer Hafen nicht zu erklären. Im Mai brachte eine Vorlage des Dezernat Stadtentwicklung und Bau den Lindenauer Hafen wieder auf die Agenda. Beschlossen werden soll sie in der Ratsversammlung am 18. Juli.

Im Wesentlichen geht es um die Anpassung des Finanzrahmens für Maßnahmen der Priorität I , deren Gesamtumfang bislang mit 22,3 Millionen Euro taxiert wurde. Die Summe soll nur noch 18,1 Millionen Euro betragen. Dabei liegt ein Beschluss des Stadtrates von 2010 zu Grunde. Allein die Herstellung der Wasserverbindung zum Karl-Heine-Kanal soll 3,7 Millionen Euro kosten. 8,3 Millionen Euro sollen in die städtebauliche Erschließung fließen, 4,1 Millionen in das Kanalumfeld.

4,3 Millionen Euro wurden schon bis Dezember 2011 ausgegeben.

Doch das alles sei jetzt überhaupt nicht umsetzbar, kritisiert Detlef Schubert, Vorsitzender der Leipziger Union: “Die Visualisierungen dieses Projektes können noch so schön sein; man muss sich dieses Projekt als Stadt auch leisten können. Das Projekt wurde mittlerweile so aufgebläht und überdimensioniert, dass es uns viel Geld kostet, aber Leipzig hat im Moment andere, wichtigere Aufgaben. Wir brauchen Schulen, Kindergärten, verkehrssichere Straßen und eine gute Wirtschaftsförderung, kein überdimensioniertes Entwicklungsprojekt am Lindenauer Hafen.”

Die Stadt Leipzig plant auch mit dem Verkauf von Grundstücken an private Bauherren, um das Projekt zu finanzieren und zusätzlich eigene Mittel aufzubringen.”Wenn die Stadtverwaltung glaubt, durch Erhöhung der Preise pro Quadratmeter nun plötzlich höhere Verkaufserlöse zu erzielen, um das Projekt zu finanzieren, nimmt sie ein Risiko auf sich, was die Leipzigerinnen und Leipziger wieder ausbaden müssten. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Stadt bei derartigen Projekten verrechnet hat”, sagt Schubert.

Ein solches Projekt ist der Stadthafen, der am Westplatz entstehen sollte – hauptsächlich finanziert durch private Investoren. Doch irgendwie scheint man das Thema Wasseranbindung in Leipzig seit einigen Jahren wirtschaftlich völlig überzubewerten. Und nicht nur in Leipzig.

Auch die auf dem Neuseenland-Kongress vorgestellte Potenzial-Analyse für den Elster-Saale-Kanal hat gezeigt, dass man sich die wirtschaftlichen Renditen solcher durch öffentliche Gelder angeschobenen Wasser-Projekte nicht nur schön rechnet, man geht auch mit völlig überzogenen Erwartungen an das Thema – und lässt einfach die Kostenanalyse für weniger euphorische oder gar negative Prognosen weg.

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Das schlägt irgendwann immer als Ausgabeposten auf öffentliche Haushalte zurück – nur gibt es keinen Rückfluss durch die hochgejubelten wirtschaftlichen Effekte, die gerade beim Wassertourismus in der Regel höchst marginal sind. Der Lindenauer Hafen ist durchaus ein Entwicklungsthema für die Zukunft, aber Recht hat Detlef Schubert, wenn er auf den enormen Sanierungsrückstau an Schulen verweist, nicht ausreichende Kita-Plätze und die ungeklärten Fragen in der Kulturfinanzierung.

“Wir in Leipzig haben genug Aufgaben zu bewältigen; wir müssen das Geld sinnvoll einsetzen”, sagt Schubert. “Eine einfache Lösung hätte hier gereicht; stattdessen hat man das Projekt unsinnigerweise überdimensioniert. Die einfache Lösung heißt: Konzentration auf die gewässerseitige Anbindung des Karl-Heine-Kanals an den Lindenauer Hafen durch Stadt, den sogenannten Durchstich, und Entwicklung des Hafens durch private Interessenten. Die eigentlichen Aufgaben unserer Stadt sollte der Amtsinhaber endlich lösen, statt sich in neue Risiko-Projekte zu verrennen.”

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