Der Auwald und die Stadt Leipzig sind zu wertvoll, "als dass wir sie überall zubetonieren", sagt Leipzigs BUND-Vorsitzender Jürgen Kasek. Im L-IZ-Interview erläutert er seine Kritik am Bebauungsplan "Westlich vom Cottaweg". Sie entzündet sich an den vorgesehenen Parkplätzen. Zugleich regt Kasek die Verlagerung von Motodrom und Kleinmesse an.
Herr Kasek, der BUND Leipzig hat den vorliegenden B-Plan Nr. 384 “Westlich vom Cottaweg” bereits öffentlich kritisiert. Was genau stört Sie an dem Plan?
Der Plan lässt zu viele Fragen offen. Wobei es eigentlich weniger der Plan ist als vielmehr die Begleitumstände. Der Zuschnitt des B-Plans ist zum Teil willkürlich.
Unsere Forderung war, dass gesamte Gelände, inklusive Motodrom, Kleinmesse und Elsterflutbecken mit zu betrachten und genau die Entwicklungen festzulegen. Stattdessen steht im Plan das RB-Gelände und ohne einen weiteren Bezug dazu, die Stellplatzanlage nördlich des Straßenbahnhofes. Dass erscheint willkürlich. Auch die Regelung der Verkehrsflüsse bleibt ausgeklammert. Es gab eine Abstimmung zwischen dem Investor und den Umweltverbänden BUND und Ökolöwe, in dessen Nachgang sich auch die Stadt verpflichtet hat, dem Kompromiss zu folgen. Von einem Parkplatz ist da keine Rede.
Das beauftragte Planungsbüro hat in dem Gebiet miteinander konkurrierende Nutzungsansprüche ausgemacht, für die es das Doppelte an Fläche bräuchte. Was hat für Sie an dieser Stelle vor diesem Hintergrund Vorrang?
Vorrang muss an dieser Stelle der Umweltschutz haben. Unsere Kernkritik entzündet sich ja daran, dass das Gelände hinter dem Straßenbahnhof nicht vollständig renaturiert wird, sondern für Stellplätze genutzt werden soll.
Der Grund dafür erschließt sich nicht. RB Leipzig benötigt die Stellplätze nicht, nach eigener Aussage. Für die Arena wären die Stellplätze ohnehin zu weit weg und damit hinsichtlich der Sächsischen Bauordnung nicht zulässig. Und für die temporäre Nutzung im Rahmen der Kleinmesse würde hier die Chance, den Biotopverbund und damit den Auenwald deutlich zu stärken, vertan. Das erschließt sich uns nicht.
Beim Motodrom wünschen wir uns, dass die Stadt deutlich macht, dass es eine Verlängerung des Pachtvertrages nicht geben wird und das Gelände perspektivisch renaturiert werden soll. Auch hinsichtlich der Kleinmesse müssen wir uns ernsthaft mit der Frage beschäftigen, welche Möglichkeiten der Entwicklung hat die Kleinmesse an diesem Ort? Wir reden seit Jahren über die maßgebliche Bedeutung des Auwaldes und preisen den Wald in hehren Worten, und die Politik betreibt das Gegenteil, das ist nicht legitim.Sie plädieren entschieden für die Stärkung des Biotopverbundes Auwald am Cottaweg. Nun hängen Auwälder ursächlich mit Wasserläufen zusammen. Wie soll diese Verbindung zwischen Wasser und Uferbereichen aus Ihrer Sicht an dieser Stelle mitgedacht werden?
Das Wechselspiel zwischen Auwald und Wasser ist nicht unproblematisch. Aufgrund des durchgeführten unsinnigen Verfahrens der Landestalsperrenverwaltung, angetrieben vom sächsischen Umweltminister, ist die Chance, den Auwald in weiten Teilen wieder als Retentionsfläche zu nutzen, im wahrsten Sinne des Wortes verbaut worden.
Auwälder sind temporäre Überschwemmungsgebiete, dass sollte beachtet werden. Wir können uns vorstellen, dass etwa das Elsterflutbett nicht kontinuierlich ausgebaggert wird, da seine Bedeutung für die Gewässer in der Stadt ohnehin überschaubar ist und damit Raum für Pionierpflanzen und Schwemminseln entsteht, auch so ließe sich der Biotopverbund an dieser Stelle stärken.
Welche Anforderungen stellen Sie an das künftige Prüf- und Beteiligungsverfahren insgesamt, gerade unter Umweltaspekten?
Eine frühzeitige, transparente Einbeziehung der Bürger und Offenlegung der Informationen wäre der erste Schritt. Nehmen wir das Verfahren als Beispiel. Umfassende Information haben wir vom Investor bekommen, nicht von der Stadt.
Die Stadtverwaltung macht einen Bedarf an Pkw-Stellplätzen geltend. Wie könnten denn aus Ihrer Sicht die Verkehrsbeziehungen bei Großveranstaltungen rund um Trainingszentrum, Stadion und Arena geregelt werden?Diesen Bedarf an Stellplätzen sehe ich nicht. Im Rahmen der sächsischen Bauordnung ist die Zuweisung der Stellplätze für Ereignisse auf der Festwiese, im Stadion oder der Arena in Hinblick auf Paragraph 49 der Sächsischen Bauordnung nicht zulässig, da die fußläufige Entfernung mehr als 500 Meter beträgt.
Bei einer ausgelasteten Arena oder Stadion würden die angedachten 250 Stellplätze die Situation darüber hinaus auch kaum entlasten können. Die Fragestellung ist doch viel eher, wie es gelingt, Menschen, die für Singulärereignisse – wie Feste, Fußball, Zoobesuch, Konzerte – in die Stadt kommen, dazu zu motivieren, mit ihrem Pkw eben nicht bis ins Zentrum zu fahren, sondern die Pkw am Stadtrand sicher zu parken und dann mit dem ÖPNV zum Ereignisort zu fahren.
Die Antwort kann doch nicht darin bestehen, dass wir immer mehr Flächen als Stellplätze betonieren und damit eine Verkehrspolitik aus dem letzten Jahrtausend weiterführen. Stellplätze in der Innenstadt haben den Effekt des induzierten Verkehrs, also wird weiterer Verkehr in die Stadt hineingezogen.
Wie sollte die Politik aus Ihrer Sicht denn reagieren?
Die Bürger im Waldstraßenviertel klagen doch jetzt bereits vollkommen zu Recht über untragbare Zustände im Verkehrsbereich. Überall in der Stadt formieren sich Initiativen, es wird dieses Jahr den zweiten autofreien Tag geben. Darauf muss sich die Politik einstellen.
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Das bedeutet, dass das Verkehrsleitsystem ausgebaut werden muss. Leipzig wird nach wie vor attraktiver, die Touristenzahlen werden weiterhin steigen, RB wird sicherlich auch die eigenen Ziele erreichen, was zu einem deutlich größeren Zuschauerzuspruch führen wird. Wir können den Bedarf an Stellplätzen in der Innenstadt bei Großereignissen jetzt schon nicht befriedigen.
Die Antwort darauf sind aber nicht noch mehr Stellplätze. Dafür sollte uns auch die Stadt zu wertvoll sein, als dass wir sie überall zubetonieren.
Veranstaltungshinweis: Montag, 7. Mai, 17.30 Uhr, Forum im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung zum Bebauungsplan Nr. 384 “Westlich vom Cottaweg” im Veranstaltungssaal des Straßenbahnhofs Angerbrücke, Jahnallee 54.
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