Wenn die Diskussion um das Neubauprojekt "Karli" etwas zeigt, dann die Schwierigkeit, eine öffentliche Diskussion zu kanalisieren. Viele Akteure wurden erst jetzt aktiv, nachdem sich die Konturen des Projekts herausgeschält haben und die Abstimmung im Stadtrat naht. Die steht am heutigen 18. April als "eilbedürftig" auf der Tagesordnung der Ratsversammlung.

Die Stadtratsfraktionen haben zuvor noch einmal alle Unterlagen zu allen diskutierten Vatianten auf den Tisch bekommen samt einem Überblick über Foren, Beiratssitzungen und Kompromissvorschläge.

Die Stadtverwaltung schlägt dem Stadtrat dabei eine Fortführung der Planungen aufgrund der beim letzten Interessenforum am 28. März vorgestellten Variante 6 vorschlagen. Schon diese Variante, bei der zwischen Riemannstraße und Hohe Straße auf die einseitige Separierung des Straßenbahngleises verzichtet wird, bedeutet auch weniger Fördermittel für das 10-Millionen-Euro-Projekt.
In der Ratsvorlage heißt es dazu: “Bezüglich der finanziellen Einschätzung dieser Variante ist ein etwas geringerer Anteil an
Fördermitteln für die Anlagen der LVB als in Variante 5 zu erwarten. Die Separierung der Stadtbahntrasse wird umgesetzt, jedoch auf den Bereich von Hohe Straße bis Shakespearestraße begrenzt und die Haltestellen behindertengerecht ausgebaut.”

Am Montag, 16. April, beschäftigten sich auch der Arbeitskreis Stadtentwicklung und Umwelt und die Jusos der Leipziger SPD in einer öffentlichen Sitzung gemeinsam mit Vertretern der SPD-Fraktion noch einmal mit dem Stand der Planungen zum Umbau der Karl- Liebknecht-Straße.

Die Stadtverwaltung stellte auch hier noch einmal die neuesten Planungsvorstellungen dar – mit dem in Variante 6 neuen Verzicht auf einen gesonderten Bahnkörper im Bereich vor der LVB-Verwaltung und auf einer besonderen Rechtsabbiegerspur in die Riemannstraße zugunsten der durchgehenden Radfahrspur. Die wenigen Rechtsabbieger müssen künftig eine Blockumfahrung durch die Schletterstraße nehmen. An den neuen Wegeführungen arbeitet das Verkehrs- und Tiefbauamt gerade.

Rebecca Scheerschmidt, Sprecherin des Arbeitskreis Stadtrat der Leipziger Jusos, begrüßte insbesondere, dass durch den Umbau alle Haltestellen der Linie 10 und 11 vom Hauptbahnhof bis zum Connewitzer Kreuz durchweg behindertengerecht gestaltet sein werden. Der intensive Abstimmungsprozess in der bisherigen Planungsphase mit den Leipzigern und vor allem mit den direkt Betroffenen wurde von den Teilnehmern der Juso-Veranstaltung als beispielhaft für zukünftige Vorhaben hervorgehoben.

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Allerdings zeigte sich der Vertreter der Anwohner im Interessenbeirat, Jörg Winkler, wenig erfreut, dass nach der langwierigen Konsenssuche von einigen wenigen Vertretern in diesem Beirat das Abstimmungsergebnis im Nachgang in Frage gestellt wurde. Streitpunkt war zuletzt die Gestaltung der Haltestelle Hohe Straße, die in den jetzigen Planungen als angehobene Fahrbahn gestaltet ist, so dass die Passagiere der LVB ebenerdig in die Straßenbahn einsteigen können. Insbesondere die Umweltverbände der Stadt favorisieren aber eine Gestaltung der Haltestelle wie am “Münzplatz” nur mit angehobenem Radfahrstreifen. Die Kraftfahrzeige sollen auf den Gleisen der Straßenbahn geführt werden.

Jörg Winkler sprach sich noch einmal ausdrücklich für die Beibehaltung des besonderen Bahnkörpers ab der neuen Haltestelle Hohe Straße aus, da dieser erheblich zur Lärmreduzierung für die Anwohner und zu fast keiner Verringerung der Fußwegbreiten mit viel mehr Bäumen als jetzt in diesem Bereich führe. Und der Vertreter der LVB bestätigte, dass beim Wegfall dieses besonderen Bahnkörpers die Förderung des Bundes in Höhe von rund 2 Millionen Euro wegfallen würde.

Bei der klammen Finanzsituation der Stadt ein durchaus nicht zu unterschätzendes Argument.

Der Sprecher des AK Stadtentwicklung und Umwelt der Leipziger SPD, Joachim Fischer betonte, “dass nicht vergessen werden sollte, dass die Karli nicht nur eine sehr wichtige Einkaufsstraße im Leipziger Süden darstellt, sondern auch eine der meist belasteten Straßenbahntrassen Leipzigs ist.” Bei der Umgestaltung dieser Trasse müsse auch die gesamte Stadt gesehen und Fahrzeitverringerung erreicht werden, um neue Fahrgäste für die öffentlichen Verkehrsmittel generieren zu können. “Wenn in diesem Bereich keine Separierung der Bahn erfolgt und Autos im Stau stehen, werden auch die nachfolgenden Straßenbahnen behindert und können ihre Fahrzeiten nicht einhalten. Wem nutzt das?”, fragt Fischer.

Zur Ratsvorlage der Stadtverwaltung steht auch ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen zur Diskussion, der die weiter gehende Forderung der Umweltverbände aufgreift, auf eine Separierung der Gleistrasse gänzlich zu verzichten: “Die Ratsversammlung beschließt die im Rahmen der Bürgerbeteiligung diskutierte Variante 6 zur weiteren Planung. Abweichend davon, wird auch zwischen Hoher Straße und Braustraße / Shakespearestraße der motorisierte Verkehr gemeinsam mit dem ÖPNV geführt und entsprechend auf einen eigenen Gleiskörper verzichtet.”

Für sie sind die “Vorteile eines einheitlichen städtebaulichen Entwurfs, der den funktionierenden, wertvollen und gebietsprägenden Boulevardcharakter der Karl-Liebknecht-Straße erhält” ein entscheidendes Argument, auf die Separierung zu verzichten. “Dies auch in der Annahme, dass sich die finanziellen Nachteile zumindest zum Teil (z. B. durch Landesfördermittel) kompensieren lassen und sich die verkehrlichen Beeinträchtigungen nicht maßgeblich von den heutigen unterscheiden werden – im Gegensatz zu den dann deutlich verbesserten Bedingungen durch die Gleissanierung und die Verlagerung des heute z. T. im Gleisbereich fahrenden Radverkehrs auf einen eigenen Radverkehrsstreifen.”

www.lvb.de/karli

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