Leipzigs Stadträte sollen am Mittwoch, 18. April, den freien Zugang zum Ufer der Weißen Elster sichern. Nach dem Willen des Oberbürgermeisters ist die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Eckareal Nonnenstraße/ Industriestraße beabsichtigt. Die Linke sieht damit ihre Forderung der "grundsätzlichen Freihaltung von Uferstreifen" umgesetzt.
Ohne “freien Zugang” geht es nicht. War zu Zeiten des Kalten Krieges den West-Alliierten der ungehinderte Transit von und nach West-Berlin ein Essential, ist es nun der Leipziger Stadtverwaltung im Falle des Elsterufers in Plagwitz. Jedenfalls eines Stücks davon.
Dort, an der Ecke Nonnenstraße/ Industriestraße, will ein Investor acht Stadthäuser errichten. In Leipzig, wie in allen übrigen nachgefragten europäischen Stadtlandschaften, ist das seit vielen Jahren ein Routinevorgang. Damit diese acht Häuser im Wettbewerb der vielen Stadthaus-Standorte noch auffallen, plant der Investor deren Errichtung bis unmittelbar an die Uferlinie der Weißen Elster nebst einem Bootsanlegesteg direkt am Fluss.
Dieses gehobene Wohnerlebnis soll dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. So will es jedenfalls der Investor. Genau daran entzündet sich nun ein Konflikt, der an manchen Fluss- und Seelandschaften rund um die Bundeshauptstadt schon mal zum medientauglichen Grundsatzstreit ausuferte.Gegen diese Gefahr baut Leipzigs Stadtoberhaupt nun vor. “Für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt muss der freie Zugang zum Wasser gewährleistet sein”, findet Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). Deshalb setzt er per Eilentscheidung den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Areal Ecke Nonnenstraße/ Industriestraße auf die Tagesordnung der nächsten Stadtratssitzung am 18. April 2012.
Dabei beruft sich Jung auf den konzeptionellen Stadtteilplan Leipziger Westen 2009. Denn im KSP West ist auf dem Areal eine uferbegleitende Wegeführung vorgesehen. Und diese gibt es in Ansätzen bereits. Der Weg führt von der Erich-Zeigner-Allee kommend, hinter einem Geschäftsgebäude vorbei, in dem unter anderem eine große Krankenkasse residiert. Kurz darauf endet der Weg vor dem Gelände, das nun bebaut werden soll. Noch parken hier Autos – auf einem sanierten Parkplatz vor einem unsanierten Haus.
“Wir freuen uns über diese Investition im Stadtteil”, so Jung zu den Bauplänen. Da bislang alle Versuche einer “kooperativ-einvernehmlichen Lösung” der Verwaltung mit dem Eigentümer erfolglos geblieben seien, setzt das Stadtoberhaupt nun auf die manifeste Überzeugungskraft des Baurechts.Leipzigs Linke fühlt sich damit bestätigt. Denn nach Angaben ihres Stadtentwicklungssprechers Siegfried Schlegel stellten die Genossen im städtischen Bauausschuss eben jenen Antrag, “den Bauvorbescheid zu versagen und ein Bebauungsplanverfahren in Verbindung mit einer Veränderungssperre nach Baugesetzbuch einzuleiten und in das parlamentarische Verfahren zu bringen”. Genau das macht Burkhard Jung nun.
“Die in der Vergangenheit getätigten Investitionen zur schrittweisen Freilegung und Instandsetzung der Flussläufe ist nur dann akzeptabel, wenn der freie Zugang zum Wasser gewährleistet ist und die ?Wasserstadt Leipzig’ für die Allgemeinheit erlebbar gestaltet wird”, begründet Stadtrat Siegfried Schlegel den Vorstoß. Gleichwohl strebt auch er einen Kompromiss an, der die Bebauung des Geländes ermöglicht.
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So weit, so überzeugend. Denn mit Uferlagen ist es wie mit Parks. Wenn hier die Erholungsqualität im Vordergrund steht, muss daran die Bürgerschaft in einem hinreichenden Maß teilhaben können.
In dem B-Planverfahren werden Stadträte und Verwaltung – wenn der Stadtrat am Mittwoch den Weg frei macht für den freien Uferweg – eine Kompromisslinie an der Uferlinie suchen. Dabei wird der Investor sich vielleicht fragen, warum am gegenüberliegenden Ufer auf Schleußiger Seite vergleichbare Projekte bis direkt an das Ufer gebaut werden durften und dürfen.
Und auch auf der Plagwitzer Seite der Elster ist weiter flussabwärts, jenseits der Industriestraße, kein Platz mehr für einen öffentlichen Weg. Dort folgen – ganz nah am Wasser gebaut – auf ein neuzeitliches Seniorenwohnheim und eines der traditionsreichsten Bootshäuser der Stadt die Buntgarnwerke. Auf Uferlinie, genau so, wie es in Leipzigs Gründerzeit den damaligen Bauherren erlaubt worden war.
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