Eigentlich hätte ab dem 1. März wieder das passieren sollen, was im Leipziger Auenwald seit 1993 regelmäßig passiert: Knapp fünf Hektar Auenwald im Bereich der Paußnitz sollten für zwei Wochen geflutet werden. Doch dann zeigte sich den Spaziergängern in den Tagen danach zwar eine schöne Märzenbecherblüte - nur kein Wasser. Die Flutung fiel aus. Warum?
War der Schieber im Oberen Paußnitzsiel kaputt, wie einige L-IZ-Leser vermuteten? Nein, dem war nicht so, teilt das Umweltamt mit. Der Schieber spielt auch keine Rolle bei der Flutung des Waldgebiets im Bsüdlichen Auewald. Er ist lediglich dazu gedacht, den Einstrom von Wasser aus dem Elsterflutbett in die Paußnitz zu verhindern. Er schließt kontruktionsbedingt nur in dieser Richtung ab. Was auch bedeutet, dass selbst dann, wenn der Schieber geschlossen ist, immer eine geringe Wassermenge aus der Paußnitz in das Elsterflutbett abfließt.
Tatsächlich, so Angelika von Fritsch, die Leiterin des Umweltamtes, sind Leipziger Metalldiebe am Dilemma schuld. “Das verzögerte Ablaufen der Flutung hat seine wesentlichen Ursachen nicht in dem vermeintlich defekten Paußnitzsiel, sondern in den Wasserverlusten in die Untere Paußnitz über den Abzweig am Blümsteg und in dem geringeren Wasserzustrom aus dem Grenzgraben. Die Flutung kann vom Gefälle nur dann funktionieren, wenn der Abfluss in die tiefergelegene Untere Paußnitz weitgehend verschlossen ist.”
Dieser Abfluss wurde bislang mit einer Metallplatte abgesperrt. Doch die wurde im Herbst 2011 gestohlen. “Hilfsweise wurden Holzbohlen zur Gewährleistung der diesjährigen Flutung installiert”, so Angelika von Fritsch. “Dieser Verschluss erwies sich als nicht ausreichend.” Der Beipert blieb trocken.Dazu kam: Die Paußnitz gab auch mehr Wasser an den Lauerschen Grenzgraben ab. “Vom Wasserrecht her steht der Paußnitz ein Gesamt-Zufluss von 40 Litern pro Sekunde zu”, erklärt die Umweltamtschefin das recht verzwickte Zuflusssystem. Der Grenzgraben mündet kurz vorm Cospudener See in den Floßgraben. “In den letzten Jahren war der Zufluss deutlich höher, da der Grenzgraben hinter dem Paußnitzabzweig so stark verschlammt war, dass im Extremfall der gesamte Grenzgrabenabfluss über die Paußnitz abgeleitet wurde”, so Angelika von Fritsch. Doch dann waren die Flussarbeiter wieder fleißig. Im Winter wurde der Grenzgraben vollständig beräumt. Und der Großteil des Wassers – zum Beispiel aus den Schönungsteichen nördlich des Cospudener Sees – fließt jetzt über den Grenzgraben wieder in den Floßgraben ab. Nach Wasserrecht 160 Liter pro Sekunde, wie die Chefin des Umweltamtes erklärt.
Angelika von Fritsch: “Der verringerte Wasserzufluss in die Paußnitz und vor allem die Wasserverluste in die Untere Paußnitz führen jetzt dazu, dass der Wasserspiegel in der Mittleren Paußnitz nicht mehr genügend ansteigt, um die Flutung einzuleiten. Durch Einsatz von Sandsäcken soll versucht werden, die erforderliche Abdichtung der Unteren Paußnitz doch noch herzustellen.”Womit gerade der März 2012 eine neue Erkenntnis für das seit 1993 laufende Forschungsprojekt brachte: Um die Aue zu reaktivieren, braucht es deutlich größere Wassermengen als die im Maximum zur Verfügung stehenden 40 Liter pro Sekunde.
Deswegen soll künftig die Flutung im Gebiet der Paußnitz auch neu organisiert werden.
Im Jahr 2009 habe das Amt für Umweltschutz das Projekt “Dynamische Aue” in der Leipziger Südaue begonnen. “Es baut auf der nunmehr seit 20 Jahren durchgeführten experimentellen Flutung auf”, erklärt Angelika von Fritsch. “Seit der Floßgraben-Sanierung kam es wiederholt zum frühzeitigen Trockenfallen von Amphibienlaichgewässern.”
Der Floßgraben führt das Wasser jetzt also zu schnell ab. Was tun? – “Um das über das Obere Paußnitzsiel in das Elsterflutbett abfließende Wasser besser in der Aue nutzen zu können, wurde durch den ehrenamtlichen Naturschutz eine ständige oder zeitweise Ableitung des Wassers über die ‘Neue Paußnitz’ durch die bisherige stagnierende Pilot-Projekt-Fläche zur experimentellen Flutung angeregt. – Die im Hochwasserschutzkonzept des Freistaates Sachsen enthaltene Absicht, den Deich im Ratsholz zu schlitzen, kann als Chance begriffen werden, quasinatürliche Hochwassersituationen in der Altaue im Süden von Leipzig wieder zu ermöglichen.”
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Die Variante wurde am 16. April 2011 auf dem Leipziger Auensymposium vorgestellt. Das Amt für Umweltschutz hat mittlerweile das Büro Stowasserplan aus Radebeul mit einer wasserwirtschaftlichen Machbarkeitsstudie beauftragt. Dabei kamen auch digitale Geländemodelle von Landestalsperrenverwaltung und HTWK zum Einsatz. Die Sache könnte funktionieren. Und – so Angelika von Fritsch – ein neuer Umgang mit dem südlichen Auewald steht auf der Tagesordnung. “Es ist vorgesehen”, sagt sie, “das Projekt ‘Dynamische Aue’, wie in der Machbarkeitsstudie beschrieben, als Ausgleichsmaßnahme der Landestalsperrenverwaltung für die Deichholzungen umzusetzen.”
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