Im Kontext des Krieges in Gaza wurden Debatten in Deutschland losgetreten. Antisemitismus und Rassismus sind in diesen Debatten allzeit präsent. Sie führen zu Pauschalisierungen, Vorurteilen und nicht zuletzt Gewalt. Das erleben aktuell verstärkt von den beiden Diskriminierungen betroffene Menschen, wie das erschreckende „Kufiya-Schreiben“ für Berliner Schulen oder Berichte von jüdischen Leipziger Studierenden zeigen.
Deshalb wollte die Linke-Fraktion es wissen: Welche Problemlagen bestehen aktuell und welche Bildungsangebote gibt es?
In Offenen Freizeittreffs sei es laut der Stadtverwaltung punktuell zu antisemitischen Äußerungen sowie Heroisierungen der Hamas gekommen. Wer diese Einschätzung trifft (und welche Fortbildungen diese Personen in dem Thema haben), schreibt die Verwaltung nicht. In anderen Wohngruppen, Kindertagesstätten oder Einrichtungen der Jugendhilfe sei es bisher nicht zu Problemen gekommen. Auch seien der Stadt keine Bedarfe gemeldet worden.
Welche Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche gibt es in Leipzig?
Neben einrichtungsbezogenen Weiterbildungen oder Fachtagungen existieren verschiedenste Angebote. Vor allem das Haus der sozialen Vielfalt e.V. veranstaltet Workshops und Gedenkstättenfahrten unter anderem mit dem Ariowitsch-Haus.
Weitere Angebote, sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erzieher*innen und Sozialarbeitende in Leipzig führt die Verwaltung auf:
- „Die Maßnahme „HEROES – Gegen Unterdrückung im Namen der Ehre“ (RAA Leipzig e.V.) ist ein Gleichstellungsprojekt. HEROES sind junge Männer aus ehrkulturellen Milieus. Sie engagieren sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller Geschlechter, gehen in Schulen und andere Einrichtungen und führen Workshops für Gleichaltrige durch. Dabei werden im Dialog auf Augenhöhe schwierige Themen durch Denkanstöße und das Aufzeigen von Alternativen anhand von Rollenspielen zugänglich gemacht. Somit wird dazu motiviert, gegen Unterdrückung Stellung zu beziehen und die Möglichkeit von Gleichberechtigung im Alltag zu reflektieren.
- ZEOK e.V. arbeitet mit Kindern und Jugendlichen zu den Themen Identität, Vielfalt und Gleichberechtigung. Teilweise gab es Kooperationen mit den Planungsraum-Arbeitskreisen zu zwei Wanderausstellungen: ‚Mein Gott, Dein Gott, Kein Gott – Die Vielfalt der Religionen on tour für Schüler/-innen der Grundschule‘ und ‚#Muslimisch_in_Ostdeutschland‘.
- Das Familienzentrum Tüpfelhausen (Tüpfelhausen – Das Familienportal e.V.) veranstaltet jedes Jahr das Fußballbegegnungsfest IFBF. Über den Sport wird Verständigung vermittelt. Jedes Jahr nimmt ein Team aus Israel teil und es wird in diesem Zusammenhang an den SK Bar Kochba Leipzig und seine Vergangenheit erinnert. Es wird aber auch darauf geachtet, dass Vereine aus der arabischen Welt (z.B. Jordanien) eingeladen werden oder Jugendliche mit muslimischem Migrationshintergrund aus Deutschland. 2024 wird die neue UMA-Unterkunft aus der Friesenstraße ein Team stellen.
- Das Fußballfanprojekt (Outlaw e.V.) arbeitet im Rahmen sozialpädagogischer Jugendarbeit mit den Fanszenen von RasenBallSport Leipzig, BSG Chemie Leipzig und 1. Lokomotive Leipzig. Das Projekt bietet über Fußball und Sport zahlreiche Anknüpfungspunkte, um sich niedrigschwellig mit verschiedenen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Diskriminierung, Intoleranz und Ausgrenzung, aber auch mit positiven Aspekten wie Teamplay, Wertschätzung und Mitbestimmung auseinanderzusetzen.
- Die Kinder- und Jugendkulturwerkstatt JOJO führt jährlich eine deutsch-israelische, außerschulische Jugendbegegnung durch. Ziel ist hier, neben einem interkulturellen Austausch, auch die Vermittlung des Wissens über die Gegenwartsbedeutung der Vergangenheit. Themen wie Demokratie, Toleranzerziehung, Menschenrechte, Nahost-Konflikt und Antisemitismus spielen eine zentrale Rolle.
- Der OFT Völkerfreundschaft hat sich aufgrund der Problematik erst kürzlich zum Thema Nahost fortgebildet.“
Weitere Konzepte und Förderungen existieren
Insgesamt sind in diesem Jahr im Rahmen der Partnerschaft für Demokratie Leitprojekte mit einer Förderhilfe von 20.000 Euro zur Antisemitismus- und „Gewaltprävention an Schulen sowie zur Stärkung junger männlicher Migranten durch geschlechtssensible Ansätze“ ausgeschrieben.
Auch das Referat für Migration und Integration unterstützt unterschiedliche interkulturelle Projekte. Zudem existieren seit dem letzten Jahr das „Konzeptpapier zur Weiterentwicklung der Antisemitismusprävention der Stadt Leipzig“ und das Konzept „Bildungsarbeit gegen Antisemitismus“.
Ob das ausreicht? Hierzu wurde im Stadtrat nicht gesprochen. Was aber die aktuellen Debatten zeigen: Anscheinend müssen vor allem die Deutschen mit den Nazi-Großeltern einiges an Bildung nachholen.
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