Anlässlich des 30. Jahrestags des Inkrafttretens des besonderen Benachteiligungsverbots in Art. 3 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz haben sich die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern in ihrer 68. Konferenz vom 14. und 15. November 2024 in Bremen mit den rechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes befasst.

Die Verfassung gewährleistet allen Menschen jene Rechte, die für eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nötig sind. Dennoch werden Menschen mit Behinderungen weiterhin strukturell benachteiligt. Tiefsitzende Vorurteile der Gesellschaft gegenüber Menschen mit Behinderungen bestehen fort. Der konsequente Paradigmenwechsel hin zu einer gleichberechtigten Teilhabe wird dadurch verhindert.

Arne Frankenstein, Landesbehindertenbeauftragter der Freien Hansestadt Bremen, Gastgeber und Sprecher der Konferenz der Beauftragten von Bund und Ländern für die Belange von Menschen mit Behinderungen (KBB): „Die Verfassung enthält einen Transformationsauftrag hin zu einer inklusiven Gesellschaft. Diesem kommt Deutschland gegenwärtig nicht hinreichend nach.“

Das Benachteiligungsverbot beinhaltet auch positive Maßnahmen, um Gleichbehandlung herzustellen. Damit zielt es auf tatsächliche Gleichberechtigung und auf den Abbau von Barrieren in der sozialen Wirklichkeit.

Michael Welsch, Landesbeauftragter für Inklusion der Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen, erklärt deshalb: „Die Belange der Menschen mit Behinderungen müssen bei allen politischen und administrativen Entscheidungen Berücksichtigung finden, in allen Politikfeldern und auf allen Ebenen. Dies schließt die Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel ein.”

Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen: “Die strukturelle Benachteiligung zeigt sich auch daran, dass dringend notwendige inklusionspolitische Vorhaben von politisch Verantwortlichen oftmals auf die lange Bank geschoben werden. Das gilt auch für diese Legislaturperiode. Damit wird Politik unglaubwürdig und verspielt Vertrauen.“

Vor dem Hintergrund der aktuellen bundespolitischen Entwicklungen fordern die Beauftragten von der neuen Bundesregierung und dem Parlament, dass die inklusionspolitischen Vorhaben aus der 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages (insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz AGG, das Behindertengleichstellungsgesetz BGG, das Gesetz zur Ausgestaltung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe IKJHG sowie die Reform des Werkstattrechts) besonders prioritär umgesetzt werden.

Um die gebotene Transformation mit Nachdruck und im Sinne des verfassungs- und menschenrechtlichen Auftrags zu gestalten, hat die Konferenz konkrete Forderungen an Bund, Länder und Kommunen adressiert.

Diese Forderungen sind im „Bremer Appell“, der zum Abschluss der Konferenz verabschiedet wurde, zusammengefasst.

Hintergrund

Vom 14. bis 15. November 2024 kamen die Beauftragten des Bundes und der Länder für die Belange behinderter Menschen, die sich in der Regel zweimal jährlich treffen, erstmals seit acht Jahren wieder in Bremen zu ihrer Konferenz zusammen. Die Treffen der Beauftragten dienen dem Gedankenaustausch und der Abstimmung behindertenpolitischer Positionen. Die Beauftragten setzen sich für eine an den Grund- und Menschenrechten sowie der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ausgerichteten Politik in Deutschland ein.

An der Konferenz nahmen neben den Behindertenbeauftragten aus Bund und Ländern auch das Deutsche Institut für Menschenrechte und die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation als ständige Gäste teil. Die Keynote hielt Prof. Dr. Theresia Degener, die ehemalige Vorsitzende des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die in ihrem Vortrag darauf eingegangen ist, welche Vorgaben die Verfassung im Lichte der UN-BRK zur Weiterentwicklung einer inklusiven Gesellschaft enthält.

Grußworte sprachen die Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft, Antje Grotheer, sowie Dr. Andreas Bovenschulte, der Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen.

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