Morgens im Sprachkurs, nachmittags im Betrieb – so begann der Weg von Amr Jarad, einem syrischen Geflüchteten, in den Arbeitsmarkt. Aus einem mehrwöchigen Praktikum wurde eine feste Anstellung bei der Hidrostal Pumpenbau GmbH in Borna. Die Ausbildung des gelernten Elektrikers ist in Deutschland noch nicht anerkannt ist. Stefan Rumsch, Geschäftsführer der Hidrostal Pumpenbau GmbH, ist zuversichtlich, dass auch das klappen wird und: „Amr Jarad hat Potential, das hat er in der Praxis bereits bewiesen.“
Amr Jarad ist einer von vier Geflüchteten, die über das Projekt Kurs.Arbeit.Integration (KAI) bereits während das Sprachkurses sozialversicherungspflichtig arbeiten. Landrat Henry Graichen hatte die Unternehmen für eine kleine Zwischenbilanz nach Borna geladen.
„Der Weg in die Beschäftigung gelingt nur durch gute Begleitung und die Bereitschaft der Unternehmen, sich dieser Aufgabe zu stellen“, sagt Landrat Henry Graichen. Der Fach- und Arbeitskräftemangel motiviere, denn viele Stellen bleiben schon lange unbesetzt. Ihm war wichtig zu erfahren, wie die Arbeitgeber das Projekt einschätzen und wo nachgesteuert werden müsste.
Motivation zeigt sich im Praktikum
Ronny Wedekind, Geschäftsführer des Hotel Restaurants Schloss Wurzen, berichtet: „Uns fehlen immer Mitarbeiter und es wird schwieriger, geeignetes Personal zu finden. In der Gastronomie spielen ausländische Arbeitskräfte schon jetzt eine wichtige Rolle. Oft sind sie herzlicher im Umgang, was gut zu uns passt.“
Im Schloss Wurzen arbeitet derzeit ein syrischer Geflüchteter, der ursprünglich gelernter Koch ist. Seine Ausbildung wird jedoch in Deutschland nicht anerkannt, was für viele Geflüchtete eine große Hürde darstellt. Susan Wedekind ergänzt: „Die Motivation ist entscheidend. In manchen Fällen klappt es – in anderen nicht.“ Hier biete das Praktikum eine gute Möglichkeit, zu sehen, ob die Chemie stimmt.
Anerkennung der Berufsabschlüsse
Katrin Schiffmann, Leiterin des REWE-Marktes in Wurzen, erzählt von ihrer ukrainischen Mitarbeiterin. „Sie lebt mit ihrem Kind hier, der Mann ist noch in der Ukraine, was emotional sehr belastend ist. Trotzdem ist sie sehr engagiert und hat sogar fünf weitere Geflüchtete mitgebracht, die ebenfalls bei uns arbeiten. Sie alle haben vorher Deutsch an der Volkshochschule gelernt.“
Schiffmann lobt die Betreuung durch die Volkshochschule, weist aber auch auf die bürokratischen Hürden hin: „Die Sprache ist eine Herausforderung, aber die Bürokratie, sei es bei Steuerklassen oder der Anerkennung von Zertifikaten, macht es uns nicht leichter.“
Eine weitere Hürde ist der Führerschein, der Geflüchteten oft fehlt. Darauf machen Nicole Fuhrmann, Leiterin des ambulanten Pflegedienstes und Simone Kroll, Heimleiterin der AWO Pflege und Betreuungs gGmbH in Grimma aufmerksam. Sie hatten während des Praktikums gute Erfahrungen mit einer alleinerziehenden Ukrainerin gemacht und diese, nachdem sie auch bei den zu Betreuenden gut angekommen war, in ein Arbeitsverhältnis übernommen.
Stefan Rumsch, Geschäftsführer der Hidrostal Pumpenbau GmbH, ergänzt: „Wir haben positive und negative Erfahrungen gemacht, vor allem aufgrund der Bürokratie. Aber die Zusammenarbeit mit geflüchteten Kollegen funktioniert oft sehr gut.“
Mit über 100 Unternehmen im Gespräch
Britt Gappa, Fachbereichsleiterin Integration der Volkshochschule, erinnerte an die Entstehung es KAI-Projekts.: „Weil Lehrkräfte fehlen können die Sprachkurse nur halbtags stattfinden, sie dauern daher lange. Die Idee war, die Zeit sinnvoll für die berufliche Integration zu nutzen. Die Arbeitsberaterinnen direkt in die Klassenräume, sprechen die Teilnehmenden in den Pausen an und werben aktiv für das KAI-Projekt – nicht nur als Möglichkeit für die Geflüchteten, sondern auch für die Unternehmen. Seit dem Start im Mai gab es Gespräche mit über 100 Unternehmen, das Interesse ist rege.“
Das KAI-Projekt ist deutschlandweit einzigartig und will über die Kombination von Sprachkursen und beruflicher Praxis die Sprachbarrieren schneller überwinden und Geflüchtete in reale Arbeitsprozesse integrieren.: „Wir vermitteln den Menschen die Chance, hier eine echte berufliche Perspektive zu entwickeln und nicht das ganze Leben lang nur einfache Tätigkeiten wie Reinigungsarbeiten auszuführen“, so eine Arbeitsberaterin.
Hintergrund
Das Projekt Kurs.Arbeit.Integration (KAI) wurde durch die Volkshochschule des Landkreises Leipzig entwickelt. Vier Arbeitsberaterinnen stellen den frühzeitigen Kontakt Geflüchteter mit potentiellen Arbeitsgebern her. Die Praktikanten können im Betrieb ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zeigen sowie ihre Sprachkenntnisse anwenden.
Die Erfahrung zeigt, dass motivierte Geflüchtete auch mit einfachen Sprach- und Fachkenntnissen unter entsprechender Anleitung in der Berufspraxis schnell gute Leistungen erbringen können. Damit soll der Weg Geflüchteter in den Arbeitsmarkt geebnet und eine nachhaltige Integration erreicht werden.
In der Umsetzung arbeitet sie dem Kommunalen Jobcenter Landkreis Leipzig zusammen, das den finanziellen und rechtlichen Rahmen der Praktika sichert. Mit im Boot sind auch die regionale Fachkräfteallianz und die Wirtschaftsförderung des Landkreises.
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