Wenn eine Krebstherapie nicht oder nicht mehr anschlägt, stellt sich die Frage, wie es weitergehen kann. Eine mögliche Antwort darauf sind individualisierte Therapien, die direkt an der jeweiligen Besonderheit des konkreten Tumors ansetzen können. Diese zu finden und einzusetzen ist Aufgabe der personalisierten Medizin, die an der Universitätsmedizin Leipzig in einem Zentrum konzentriert wurde. Eines der hier beheimateten Angebote ist eine neue Sprechstunde innerhalb des Universitären Krebszentrums am Universitätsklinikum, in der Patient:innen zu ihren ganz konkreten Optionen beraten werden.

„Im Grunde suchen wir im Auftrag unserer Patient:innen die eine Nadel im Heuhaufen, die ihnen helfen kann“, beschreibt Prof. Dr. Ulrich Hacker, der in einem interdisziplinären Team den Bereich der Präzisionsonkologie aufbaut und die Sprechstunde leitet, seine Aufgabe. Zu ihm schicken Onkolog:innen ihre Patient:innen zur persönlichen Vorstellung, wenn deren bisherige Behandlung nicht oder nicht mehr die erwarteten Erfolge zeigt.

Dann beginnt das interdisziplinäre Team des molekularen Tumorboards um Prof. Hacker mit der Suche nach Ansätzen, um den nicht gut behandelbaren Tumor an seinen empfindlichen Stellen zu treffen und zu stoppen. „Genutzt werden hierfür modernste Verfahren zur Untersuchung der Eigenschaften von Tumoren auf der molekularen Ebene“, so Prof. Hacker. „Dazu gehört hauptsächlich die Untersuchung von genetischen Veränderungen mittels Gensequenzierung anhand von Tumorgewebe, die Hinweise zu Ansatzpunkten für eine gezielt wirkende Therapie geben können.“

Diese Untersuchungen werden von der Molekularpathologie am UKL in einem hoch technisierten Prozess durchgeführt. Die so gewonnenen Daten werden dann mit großen öffentlich zugänglichen Datenbanken abgeglichen und bewertet, in denen alle verfügbaren Informationen zu tumorrelevanten Veränderungen hinterlegt sind und die beständig aktualisiert werden. Dieser Vorgang der Probenvorbereitung, Analyse und Datenauswertung dauert mehrere Tage.

„Die nächste Frage ist dann, ob es für die identifizierten Veränderungen geeignete Behandlungen wie Immuntherapien oder spezielle Medikamente gibt, die einen Gewinn an Lebenszeit versprechen“, beschreibt der Onkologe Hacker das weitere Vorgehen. Auch für diesen Schritt der Recherche greifen die Experten des Zentrums auf umfangreiche Daten zu, die Studienergebnisse und weitere Informationen umfassen. Im besten Fall finden sie dabei ein geeignetes Medikament.

„Die gewonnen Erkenntnisse diskutiert das interdiziplinäre Team im molekularen Tumorbaord und gibt dann Empfehlungen dazu ab, welche Therapien aussichtsreich sein können“, so Prof. Hacker. Auch nach laufenden klinischen Studien werde dabei gesucht, um den Patient:innen so Zugang zu neuen vielversprechenden Medikamenten zu eröffnen. Außerhalb klinischer Studien erfolgt eine Beantragung der Kostenübernahme bei den Krankenkassen, da die identifizierten Medikamente in der Regel außerhalb der regulären Zulassung eingesetzt werden. 

Doch obwohl es hier in den vergangenen Jahrzehnten rasante Fortschritte gegeben hat – eine Therapieoption für jeden Einzelfall gibt es noch nicht. In etwa der Hälfte der Fälle könne eine Empfehlung abgegeben werden. Weil die Behandlung so hoch individuell ist, ist der Erfolg aber auch dann nicht garantiert. Von einem Allheilmittel für jedermann sei die personalisierte Medizin daher derzeit noch ein gutes Wegstück entfernt.

„Aber wir sind sehr optimistisch, dass wir immer mehr Menschen wirksam helfen können“, betont Prof. Florian Lordick, der Leiter des Universitären Krebszentrums am UKL, „denn die Entwicklung bewegt sich mit großen Sprüngen, sodass wir immer wieder neue Ansätze und auch wirksame Medikamente finden und anbieten können.“ Der erste Schritt dazu sei es, die Option der personalisierten Krebsmedizin überhaupt erst in Betracht zu ziehen. „Dazu möchten wir insgesamt vor allem unsere onkologisch tätigen Kolleg:innen ermutigen, denn es ist oft mehr möglich als man zunächst glaubt“, so Prof. Lordick.  

Hintergrund 

Sprechstunde für personalisierte Medizin am UKL

Geeignet für: Krebspatient:innen in guter physischer Verfassung, die die Standardtherapien bereits durchlaufen haben

Zugang: nur mit Überweisung durch den Onkologen 

Kontakt: 

Tel. +49 (0) 341 97-11735
Fax +49 (0) 341 97-28218
E-Mail: Molekulares-Tumorboard@medizin.uni-leipzig.de

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