Das Landgericht Cottbus hat am gestrigen Donnerstag über eine Unterlassungsklage der Lausitz Energie AG (LEAG) gegen zwei Klimaaktivist*innenentschieden. Diese hatten im Februar 2019 gemeinsam mit 21weiteren Aktivist*innen Kohlebagger in der Lausitz besetzt, um für den sofortigen Ausstieg von Kohle zu protestieren. Daraufhin hatte die LEAG eine umfassende Unterlassungserklärung gefordert. Gegenstand des Verfahrens waren die Höhe des Streitwerts sowieder Umfangder Unterlassungserklärung. Die Aktivist*innen werten die Entscheidung des Gerichts als wichtigen Teilerfolg.
Dazu Jule Fink, Sprecherin von Ende Gelände: „Die Entscheidung des Gerichts zeigt: Es lohnt sich dagegenzuhalten, wenn fossile Konzerne versuchen,Protest mit undemokratischen Mitteln zu unterdrücken. Wir lassen uns nicht einschüchtern! Der Kohleausstieg 2038 ist viel zu spät und gehtdann auch noch mit Entschädigungszahlungen an die Konzerne einher, die von der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen profitieren. Die Botschaft der mutigen Besetzung der Aktivist*innen in 2019 zeigt damals wie heute: Der Ausstieg aus den fossilen Energien liegt in unserer eigenen Verantwortung.“
Das Gericht hat in seiner gestrigen Entscheidung ein unbegrenztes Betretungsverbot für sämtliche Betriebsflächen der Lausitz Energie Bergbau AG und der Lausitz Energie Kraftwerke AG einkassiert und ist damit der Argumentation der Klimaaktivist*innen gefolgt. Demnachhat nur die Lausitz Energie Bergbau AGein Recht auf ein Betretungsverbot, nicht aber für die Kraftwerke AG, da sievon der Aktion nicht betroffenwar. Außerdem hat das Gericht den Streitwert von 200.000 Euro auf 24.000 Euro herabgesenkt. Dies führt zu deutlich geringeren Gerichtskosten für die beiden Aktivist*innen, was eine potenziell abschreckende Wirkung der Klage verringert.
Dazu Thorsten Deppner, Anwalt der Aktivist*innen: „Dass meine Mandant*innen nicht nur Recht bekommen haben inBezug auf die ungerechtfertigten Forderungen der LEAG Kraftwerke AG, sondern der Streitwert um mehr als 85 Prozent herabgesetzt wurde, ist ein Erfolg, der hoffentlich dazu beiträgt, dass Konzerne zweimal darüber nachdenken, sogenannte *‚*SLAPPs‘(Strategic Lawsuit Against Public Participation) anzustreben, also Zivilverfahren mit dem Ziel, zivilgesellschaftliches Engagement zu unterbinden.“
Die Anwält*innen der LEAG hatten vor Gericht zugegeben, dass die Durchsetzung der gesamten Unterlassungserklärung zur Abschreckung weiterer ziviler Proteste diene. Ende Gelände betont, dass der Schutz von zivilgesellschaftlichen Engagement vor dem Hintergrund der Wahlerfolge rechtsextremer Parteien in Brandenburg, Sachsen und Thüringen besonders wichtigsei. Angesichts der zunehmenden Wetterextreme durch den Klimawandel, aktuell gerade das Hochwasser an der Oder, stellesich zudem die Frage, inwiefern der Klimanotstand potenziell Aktionen zivilen Ungehorsams gegen Kohleinfrastrukturen rechtfertigen kann.
Dazu Julian Smaluh von ROBIN WOOD: „Es ist festzuhalten, dass laut Gericht das Besetzen von Braunkohlebaggern zum Zwecke der medialen Aufmerksamkeit und Erzeugen von politischem Handlungsdruck ein im Grundsatz geeignetes Mittel darstellt, um die von der Braunkohleverstromung unmittelbar ausgehenden Gefahren für die Klimaerwärmung abzuwehren, wenn auch nicht das mildest mögliche. Es handelt sich laut Gericht beim ‚menschengerechten Erdklima‘ aber um ein grundsätzlich notstandsfähiges Rechtsgut“
Der gestrige Gerichtsprozess steht im Kontext einer zunehmenden Kriminalisierung von Klimaprotest in Deutschland und weltweit. Die UN haben in diesem Zusammenhang einen Sonderberichterstatter für Umweltschützer*innen eingesetzt, der die Entwicklungen beobachtet. Auch in diesem Fall wurde Beschwerde beim Sonderberichterstatter eingereicht.
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