Im November vergangenen Jahres wurde die Einführung der bundesweiten Bezahlkarte für Asylbewerber*innen beschlossen. Da es sich bei den Leistungen des Asylbewerberleistungs-gesetzes um Pflichtaufgaben nach Weisung handelt, sind die Kommunen und Landkreise an die konkreten gesetzlichen Vorgaben gebunden, die der Staat für die Ausgestaltung der Bezahlkarte vorsieht.

Das Land Sachsen plant, sich an der bundesweiten Bezahlkarte zu beteiligen. Weil für diese aktuell noch das Vergabeverfahren läuft, wartet die Stadt Leipzig im Moment auf die konkreten gesetzlichen und technischen Vorgaben.

Mehrere Bundesländer sowie einige sächsische Landkreise haben die Bezahlkarte bereits vor Bekanntgabe der bundesgesetzlichen Vorgaben eingeführt. Die meisten dieser bisher laufenden Pilotprojekte sehen eine Grenze für das Abheben von Bargeld bei 50 € vor; darüber hinaus sind keine Überweisungen oder Lastschriftverfahren möglich.

Das Fazit: Bereits kurz nach Einführung der Karte ergingen mehrere Gerichtsurteile, die Betroffenen die Ausgabe höherer Bargeldbeträge zusichern und damit die Verfassungsmäßigkeit der Bezahlkarte in Frage stellen. So wurde beispielsweise in Hamburg einer schwangeren Klägerin Recht gegeben, die argumentiert hatte, dass sie mit nur 50 € Bargeld keine Kinderkleidung oder andere benötigte Waren für ihr Baby günstig auf Flohmärkten einkaufen könne.

Auch in Bayern kam ein Urteil des Sozialgerichts Nürnberg zu dem Schluss, dass die Bargeldgrenze von 50 € das Existenzminimum der Klägerin bedroht. In den sächsischen Landkreisen, die die Bezahlkarte bereits eingeführt haben, klagen Verwaltungsmitarbeiter*innen über einen höheren statt gesunkenen Verwaltungsaufwand, da auf den Karten jede einzelne Überweisung oder Abbuchung händisch freigegeben werden muss, beispielsweise für den Essensanbieter der Kita oder das Deutschlandticket.

Schon vor der Debatte über die Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende hatte sich die Stadt Leipzig verwaltungsintern verständigt, eine aufladbare Geldkarte für alle Menschen anzubieten, die kein eigenes Konto besitzen. Somit sollten lange Schlangen vor dem Sozialamt zur Ausgabe von Bargeld oder Schecks vermieden und die Prozesse sowohl für die Verwaltung als auch für die Leistungsempfänger*innen erleichtert werden. Weil aber nicht zwei verschiedene Karten gleichzeitig eingeführt werden sollen und Sachsen auf die Bundesvorgaben für die Bezahlkarte für Asylsuchende wartet, wurde dieses eigene Leipziger Projekt zunächst gestoppt.

Hierzu Katharina Krefft, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion:

„Die Stadt Leipzig hat sich auf den Weg gemacht, eine Sozialkarte für alle Menschen ohne Konto einzurichten, für Wohnungslose, Asylsuchende, Armutsbetroffene. Diese Arbeit wird gehemmt durch die bundesweite Bezahlkarte, die Asylsuchende gängeln will und letztlich alle armen Menschen trifft. Ein sozialpolitischer Wahnsinn!“

Eine Alternative zu der aktuell in einigen Bundesländern und Landkreisen ausgegebenen Bezahlkarte mit Einschränkungen stellt die sogenannte Social Card dar, welche unter dem grünen Bürgermeister Belit Onay im Dezember 2023 in Hannover eingeführt wurde. Diese Karte kann wie eine normale Girokarte eingesetzt werden – der durch die zuständigen Ämter auf die Karte gebuchte Betrag kann in Gänze in bar abgehoben werden, außerdem sind auch Überweisungen oder Lastschriftverfahren möglich.

Andreas Dohrn (Bündnis 90/ Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 15.11.23. Foto: Jan Kaefer

Dazu Andreas Dohrn, migrationspolitischer Sprecher der Fraktion:

„Ziel muss es sein, eine gerichtsfeste Social Card zu gestalten, die das soziokulturelle Existenzminimum in der alltäglichen Praxis von Kita, Sport und Second-Hand-Laden garantiert, aber die individuellen Bedarfe nicht pauschalisiert. Dafür hat die Stadt Hannover mit ihrer Social Card in Form einer Debitkarte als Zahlungsmittel ohne Bargeldbegrenzung mit Abstand die beste Lösung gefunden.“

Empfohlen auf LZ

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar