Im Berufungsverfahren gegen den Neonazi Sven Liebich hat das Landgericht Halle (Saale) heute mit der Urteilsverkรผndung die Entscheidung erster Instanz bestรคtigt: Der Neonazi muss fรผr ein Jahr und sechs Monate in Haft. Halle gegen Rechts โ Bรผndnis fรผr Zivilcourage begrรผรt das Urteil, weist aber gleichzeitig auf ein jahrelanges Versagen der Justiz in dem Fall hin.
In erster Instanz hatte das Amtsgericht Halle (Saale) den Neonazi Sven Liebich u.a. wegen Volksverhetzung, รผbler Nachrede und Billigung von Straftaten zu einem Jahr und sechs Monaten Haft ohne Bewรคhrung verurteilt. Die hiergegen gerichteten Berufungsantrรคge der Staatsanwaltschaft Halle (Saale) und des Neonazis wies das Landgericht nun zurรผck und bestรคtigte damit das Urteil des Amtsgerichts. Der Neonazi hatte Freispruch oder jedenfalls eine Aussetzung der Strafe zur Bewรคhrung gefordert, die Staatsanwaltschaft zwei Jahre Haft.
Liebich wurde zudem verurteilt, die notwendigen Auslagen von Betroffenen zu tragen, die im Verfahren als Neben- und Adhรคsionsklรคger:innen ihre Rechte wahrgenommen hatten. An zwei Betroffene muss er zusรคtzlich jeweils 1.000,- und 500,- Euro zahlen. Die anderthalb Jahre Haft wurden als Gesamtfreiheitsstrafe unter Einbeziehung frรผherer Verurteilungen ausgesprochen.
โWir sind sehr zufrieden mit dem Urteilโ, รคuรerte sich Katharina Hindelang, Sprecherin von Halle gegen Rechts. โEs ist vor allem ein Erfolg der Betroffenen, die sich seit vielen Jahren gegen die massiven und oftmals widerlichen Herabwรผrdigungen durch den Neonazi wehrenโ, so die Sprecherin weiter.
Unter dem Motto โNeonazi Sven Liebich den Prozess machenโ hatte das Bรผndnis schon seit der ersten Instanz Betroffene dabei unterstรผtzt, mit anwaltlicher Vertretung ihre Rechte im Verfahren wahrzunehmen. Ermรถglicht wurde dies durch zahlreiche Spender:innen, welche mit ihren Spenden die anwaltliche Vertretung von insgesamt vier Betroffenen, auch als strategische Entscheidung, finanzierten.
Ohne den Kampf der Betroffenen von Straftaten Liebichs wรคre das heutige Urteil nicht zustande gekommen. Jahrelang hatte die Staatsanwaltschaft Halle (Saale) Verfahren gegen den Neonazi mit teils grotesken, juristisch nicht mehr vertretbaren Begrรผndungen eingestellt. Im aktuellen Verfahren war Liebich wegen siebzehn Taten verurteilt worden, bei zwรถlf davon hatte die Staatsanwaltschaft zunรคchst die Ermittlungen eingestellt. Betroffene hatten hiergegen รผber mehrere Jahre hinweg, auch anwaltlich vertreten, Rechtsmittel eingelegt.
โOhne den erfolgreichen Kampf von Betroffenen hรคtte das Landgericht heute nur รผber fรผnf statt siebzehn Taten zu urteilen gehabtโ, so Hindelang. โBetroffene hatten jahrelang nicht nur mit den Taten des Neonazis zu kรคmpfen, sondern auch dem Versagen der Staatsanwaltschaft, diese Taten zu verfolgen.โ, so die Sprecherin. Die Kritik erstreckt sich ausdrรผcklich nicht auf die Sitzungsvertretung im Verfahren.
โHalle gegen Rechts โ Bรผndnis fรผr Zivilcourageโ ist ein รผberparteiliches Bรผndnis aus รผber 100 Einzelpersonen und mehr als 30 Organisationen aus Halle, das sich entschieden gegen die extreme Rechte, Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sowie gegen jede Diskriminierung und fรผr Zivilcourage einsetzt. Im Jahr 2017 wurde es als โBotschafter fรผr Demokratie und Toleranzโ durch das von den Bundesministerien des Inneren und der Justiz getragene BfDT ausgezeichnet.
Keine Kommentare bisher