Das Risiko, sich in Deutschland durch einen Zeckenstich mit Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) zu infizieren, steigt. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) weiten sich die sogenannten FSME-Risikogebiete seit Jahren aus. 180 Kreise sind aktuell als solche beim RKI gelistet – darunter auch große Teile Sachsens. Hier zählen lediglich die Stadt und der Landkreis Leipzig sowie der Kreis Nordsachsen nicht zu den Risikogebieten.

Doch auch hier können FSME-Infektionen auftreten. Der Infektiologe Dr. med. Henning Trawinski vom Universitätsklinikum Leipzig (UKL) rät deshalb, sich generell vor Zecken und damit vor FSME oder anderen von ihnen übertragenen Infektionen wie Borreliose zu schützen – sei es durch eine Impfung gegen FSME, Insektenschutzmittel, umsichtiges Verhalten oder die richtige Kleidung.

Sie werden kaum größer als vier Millimeter und können doch erheblichen Schaden anrichten – mit der zunehmenden Ausbreitung des Gemeinen Holzbocks (Ixodes ricinus) oder anderer Zeckenarten wie der Auwaldzecke in Deutschland, steigt auch die Zahl der Erkrankungen, die sie übertragen können. Neben der Borreliose ist das in Deutschland vor allem die FSME, eine Virusinfektion, von der die Mehrzahl der Betroffenen nichts mitbekommt.

Nur rund ein Drittel der Infizierten entwickle nach einer Inkubationszeit von meist sieben bis 14 (selten bis 28) Tagen grippeähnliche Symptome mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Abgeschlagenheit, sagt Dr. med. Henning Trawinski, Oberarzt in der Infektiologie an der Klinik und Poliklinik für Hämatologie, Zelltherapie, Hämostaseologie und Infektiologie des UKL. „Diese Beschwerden klingen nach zwei bis sieben Tagen ab und dann ist für viele die Erkrankung auch schon vorbei.“

Bei fünf bis 30 Prozent der Infizierten, meist älteren oder vorerkrankten und vor allem immungeschwächten Menschen, schließt sich typischerweise nach einem symptomfreien Intervall von etwa sieben bis zehn Tagen eine zweite Krankheitsphase an. In dieser befällt das Virus das Gehirn, was zur Entzündung von Hirnhaut, Gehirn oder Rückenmark führen kann.

„Die Folge können erneutes Fieber, starke Kopf- und Rückenschmerzen, Schmerzen der Beine, Arme,  Lähmungen und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma sein. Häufig kommt es bei schweren Verläufen auch zu neurologischen Langzeitkomplikationen wie chronischen Kopfschmerzen, Lähmungen, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen und einem Hörverlust,“ so Dr. Trawinski weiter. „Circa ein Prozent dieser Fälle enden tödlich, denn gegen FSME gibt es keine spezifische Therapie.“

Der Spezialist rät deshalb bei möglichem Zeckenkontakt, z. B. durch Wanderung oder berufliche Tätigkeiten im Wald oder in der Landwirtschaft in einem FSME-Risikogebiet, zur Impfung gegen FSME. Auch bestimmte Verhaltensregeln können das Risiko einer Infektion verringern. Dazu zählt bei Aufenthalt in der Natur – vor allem im hohen Gras, Gebüsch oder Unterholz – lange, helle, geschlossene Kleidung und feste Schuhe zu tragen, die Hosenbeine in die Socken zu stecken und freie Hautstellen mit Anti-Zeckenspray, sogenannten Repellentien, einzusprühen.

Wichtig ist auch, dass man sich nach einer Wanderung oder einem Picknick im Grünen gründlich absucht und eventuelle Zecken schnell entfernt.

„Die Zecke, die bei uns am weitesten verbreitet ist, ist der Gemeine Holzbock, der seinen Wirt nach Befall durch ein Abstreifen von der Vegetation nicht sofort sticht, sondern erst eine passende Stelle sucht, was bis zu einer Stunde oder länger dauern kann. Zum Saugen bevorzugt die Zecke geschützte Körperstellen mit weicherer Haut wie die Kniekehlen, den Intimbereich, die Ohren, den Haaransatz, den Bauchnabel und den Bereich unter den Achseln – Regionen, die ich allein nicht gut sehen kann, deshalb sollten andere Personen beim Absuchen helfen.“

Zeit ist auch ein wichtiger Faktor, wenn die Zecke bereits gestochen hat, denn das FSME-Virus, das in den Speicheldrüsen der Zecken sitzt, wird sehr schnell übertragen.

Dr. Henning Trawinski empfiehlt, die Zecke umgehend mit einer dafür vorgesehenen Zange, Karte oder Pinzette zu entfernen: „Man sollte dicht an der Hautoberfläche ansetzen und die Zecke gerade nach hinten ziehen. Also, nicht drehen oder biegen, weil dann immer die Gefahr besteht, dass ein Teil der Zecke steckenbleibt, was zu einer Entzündung führen kann. Auch sollte man nicht auf den geschwollenen Zeckenkörper drücken oder ihn mit Öl, Klebstoff oder Ähnlichem beträufeln. Das könnte dazu führen, dass die Zecke gereizt wird und Speichel abgibt, wodurch eventuelle Erreger in die Blutbahn kommen.“

Ist die Zecke entfernt, sollte die Stelle desinfiziert und beobachtet werden. Treten Krankheitssymptome auf, ist es ratsam, einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen.

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