Seit dem Jahr 2020 werden in Sachsen mehr Gewerbe an- als abgemeldet. Allein im vergangenen Jahr wurden 26.445 neue Gewerbe angemeldet. Zugleich wurden 25.291 Gewerbe abgemeldet. Damit nahm allein im vergangenen Jahr die Zahl an Unternehmen sachsenweit um 1.154 Unternehmen zu. In die Zahl der Abmeldungen fließen – neben anderen Gründen – auch alle Unternehmen mit ein, die ein Insolvenzverfahren nicht erfolgreich beendeten. Die Zahl der beantragten Insolvenzverfahren von Unternehmen lag im Freistaat Sachsen im vergangenen Jahr bei 747.
Der positive Saldo von über 1.100 Gewerbeanzeigen ist neben bedeutenden Neuansiedlungen ein Beleg für die grundsätzlich sehr gute Attraktivität und somit für die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Sachsen in den vergangenen Jahren. Die beantragten Unternehmensinsolvenzen befinden sich aktuell etwa auf dem Vorkrisenniveau der Jahre 2018 (812) und 2019 (685). Bis einschließlich 2016 gab es jährlich über 1.000 beantragte Insolvenzverfahren.
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig: „Mehrere exogene Schocks haben zur Unterbrechung der starken wirtschaftlichen Entwicklung beigetragen. Durch die Corona-Pandemie wurde das Wirtschaftsleben erheblich belastet. Der Staat half kurzfristig nicht nur durch die Zahlungen von Hilfen an betroffene Unternehmen, sondern auch durch das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht.“
Dadurch haben sich die Insolvenzanträge pandemiebedingt in den Jahren 2020 bis 2022 deutlich verringert, nun kommt es zu Nachhole-Effekten. „Im Zuge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine kam es zu einem Energiepreisschock, der in der Breite die sächsische Wirtschaft ab 2022 zusätzlich belastet hat. Die Gasmangellage wurde erfolgreich abgewendet, dennoch hinterließen der Energiepreisschock und die damit einhergehende Inflation tiefe Spuren.“
Betroffen waren davon insbesondere das Baugewerbe, das Verarbeitende Gewerbe und der Handel. Martin Dulig: „Der sächsische Arbeitsmarkt beweist sich jedoch als sehr robust und kann das sehr hohe Niveau an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, welches wir kontinuierlich seit 2010 aufgebaut haben, halten.“
Dennoch sei die Zahl der beantragten Unternehmensinsolvenzen ein wichtiger Indikator für den Zustand der Wirtschaft. Dulig weiter: „Wie bei einem Fieberthermometer muss ein Anstieg einen wachsam stimmen, insbesondere, wenn Arbeitsplätze gefährdet sind. Das lässt mich nicht unberührt, gerade in unserem gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Klima. Wir dürfen Insolvenzen aber nicht politisch instrumentalisieren, denn sie sind ein normaler Bestandteil der wirtschaftlichen Entwicklung – Unternehmen betreten den Markt, andere verlassen ihn.“
Auf gesellschaftliche Veränderungen wie die Digitalisierung oder die Bekämpfung des Klimawandels müssten Unternehmen adäquat reagieren. „Tun sie dies nicht, verschlechtert sich dauerhaft ihre Wettbewerbsfähigkeit. In der Folge nimmt die Gefahr einer Insolvenz zu. Ein Staat, der zur Vermeidung von Insolvenzen mit immensen Steuermitteln versuchen würde den Status Quo zu zementieren, würde die Lage nur verschlimmern. Dies wäre keine in die Zukunft gerichtete Wirtschaftspolitik“, so der Wirtschaftsminister. Langfristig könne so die Wettbewerbsfähigkeit einer Wirtschaft nicht gesichert werden – der Staatshaushalt wäre schnell überlastet.
Nicht jedes Insolvenzverfahren heißt, dass das entsprechende Unternehmen auch liquidiert wird. Oft finden sich Lösungen. Sei dies ein konsequenter Fokus auf rein wirtschaftliche Unternehmensbereiche, der Wandel hin zu neuen Produktionsprozessen oder die Produktion in gänzlich neuen Bereichen. Häufig geht dieser Wandel mit neuen Partnern oder völlig neuen Eigentümern einher. Für grundsätzlich wettbewerbsfähige Unternehmen kann eine Insolvenz die Chance eröffnen, sich neu zu strukturieren und die Effizienz zu steigern.
Dulig: „Wir helfen als Freistaat den Unternehmen, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, mit einem breiten Förderinstrumentarium. Durch dieses kann je nach Lage des Einzelfalls eine Insolvenz abgewendet, ein Insolvenzplanverfahren vorbereitet und der anschließende Neustart begleitet oder die Sanierung eines Unternehmens in der Insolvenz durch ein Massedarlehen unterstützt werden.“ Ziel ist die Konsolidierung bzw. Sanierung von in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zur Erhaltung von Standort, Know-how und Arbeitsplätzen in Sachsen.
Martin Dulig: „Mit Blick auf die aktuelle Entwicklung der Wirtschaft dürfen wir angesichts einer sinkenden Inflation, der eingeläuteten Zinswende der EZB, steigender Realleinkommen sowie eines sich aufhellenden Konsumklimas durchaus positiv in die Zukunft blicken. Die Bundesregierung sowie führende Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Prognosen – wenn auch auf geringem Niveau – für 2024 und 2025 zuletzt nach oben korrigiert.
Auch die ifo-Geschäftserwartungen für Sachsen stimmen zuversichtlich. Diese haben sich in den vergangenen Wochen deutlich erholt. Insbesondere in Wirtschaftszweigen mit zuletzt hohen Unternehmensinsolvenzen, wie dem Baugewerbe, dem Verarbeitenden Gewerbe und dem Großhandel, dürfen wir insgesamt optimistischer sein.“
Hintergrund
Das Beratungszentrum Konsolidierung der SAB unterstützt Unternehmen in Konsolidierungsprozess unabhängig von Größe und Branche etwa bei der Analyse der wirtschaftlichen Lage und der Entwicklung einer Lösungsstrategie. In geeigneten Fällen übernimmt das BZK auch die Moderation zwischen Unternehmen und Gläubigern. Außerdem berät die SAB über das Förderinstrumentarium des Freistaates Sachsen.
So kommen im Programm „Rettung und Umstrukturierung“ kurzfristige Rettungsdarlehen zur vorübergehenden Stützung der Liquidität bis zur Erstellung eines Umstrukturierungskonzeptes oder längerfristige Darlehen zur Finanzierung von Maßnahmen zur Unternehmensumstrukturierung (Umstrukturierungsbeihilfe) sowie auch Massedarlehen in Betracht.
Außerdem können Zuschüsse zur anteiligen Finanzierung von Gutachten im Schutzschirm- oder Insolvenzplanverfahren gewährt werden. Kleine und mittlere Unternehmen, die nach erfolgreichem Abschluss eines Insolvenzplanverfahrens neu starten, können im Programm Krisenbewältigung und Neustart ebenfalls durch Darlehen unterstützt werden.
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