Seit Wochen tobt zwischen dem Bund der Deutschen Pflanzenzüchter mit seinem Inkassounternehmen Saatgut-Treuhandverwaltung und den Agrarhandelsunternehmen sowie den Landwirten, die den An- und Nachbau von Ackerfrüchten betreiben, ein heftiger Streit, wie das Erntegut-Urteil des BGH Karlsruhe von November 2023 umzusetzen ist. Der BGH hatte in seinem Urteil eine Erkundigungspflicht des Agrarhandels festgestellt, aber sich nicht dazu geäußert, wie diese Erkundigungspflicht auszusehen hat.

Viele Agrarhandelsunternehmen haben nach Empfehlungen ihrer Dachverbände daraufhin Lieferantenerklärungen mit Vertragsstrafendrohung an die Landwirte verteilt, die bundesweit heftigen Protest auf der Seite der Landwirte ausgelöst hat. Nun gibt es nach Einleitung von kartell- und agrarorganisations-rechtlichen Schritten seitens der IG Nachbau und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. gegen eines der größten Agrarhandelshäuser in Deutschland, der RWZ in Köln, ein Einlenken.

Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der IG Nachbau, kommentiert: „Die IG Nachbau und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. begrüßen, dass die RWZ AG Köln wesentliche Streitpunkte in ihrer Lieferantenerklärung an die Landwirte zurücknimmt. Wir haben mit Hilfe unserer Fachanwälte und in enger Abstimmung mit betroffenen Landwirten die RWZ mit Schreiben am 29. Mai 2024 aufgefordert, ihr Anschreiben und die Erntegut-Erklärung an die Landwirte unverzüglich gegenüber sämtlichen Anlieferern zu widerrufen.

Wir sehen in dem Vorgehen der RWZ  einen Missbrauch der Marktmacht in Form der Forderung von rechtswidrigen Geschäftsbedingungen sowie ein Verstoß gegen das AgrarOLkG durch einseitige Vertragsänderungen und haben deshalb die Unterrichtung des Bundeskartellamts sowie der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung angekündigt  und uns weitere rechtliche Schritte vorbehalten. Jetzt liegt uns durch die Rechtsanwälte der RWZ ein Antwortschreiben vor.

Zwar erkennt  die RWZ die von uns erhobenen Vorwürfe aus dem Kartellrecht und dem AgrarOLkG nicht an. Die RWZ erklärt aber, von der angedrohten  Vertragsstrafe Abstand zu nehmen und die Drohung der Nicht-Bezahlung und Nicht-Abnahme der Ernte fallen zu lassen, wenn eine einfache Erklärung vorliegt. Das ist ein erster wichtiger Erfolg für die Landwirte und wir danken allen, die sich mit uns in den letzten Wochen zur Wehr gesetzt haben.

Es kommt nun darauf an, dass alle Agrarhandelsunternehmen im Bundesgebiet ihre schon im Umlauf befindlichen oder geplanten Lieferantenerklärungen überarbeiten und mit den Landwirten vor Ort zusammen eine gute, unbürokratische Lösung finden. Wir rufen alle beteiligten Verbände dazu auf, gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Erfreulicherweise haben sich schon einige Agrarhandelsunternehmen im Bundesgebiet dazu bereit erklärt.

Die Getreideernte steht vor der Tür. Alle, die Landwirte, die Genossenschaften, der private Landhandel stehen auch wegen den unsicheren Wetterereignissen unter einem enormen Druck. Wer in dieser Situation, wie der Bund der Deutschen Pflanzenzüchter und sein Inkassounternehmen Saatguttreuhand, zusätzlich Druck auf die Landwirte ausübt oder wer als Unternehmen offen den Landwirten mit der Verweigerung der Ernteannahme oder mit der Zahlungsverweigerung für die Ernte 2024 droht, der wird weiter mit unserem energischen Widerstand rechnen müssen.“

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