Die Entscheidung des taiwanesischen Halbleiterherstellers TSMC für einen neuen Produktionsstandort im Dresdner Norden ist eine große Chance für Sachsen, die Landeshauptstadt Dresden und das Umland. Die Großansiedlung bringt auch Herausforderungen mit sich: Welche Infrastruktur wird gebraucht? Wo werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wohnen? Oder wo werden ihre Kinder den Kindergarten oder die Schule besuchen?

Diese und weitere Aspekte müssen frühzeitig angegangen werden. Ein wichtiger Auftakt für die Zusammenarbeit der betroffenen Kommunen ist die gestrige (11. April 2024) Sächsische Standortkonferenz Mikroelektronik in Radebeul.

Der Einladung von Staatsminister Thomas Schmidt waren rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in das Tagungszentrum der Sächsischen Wirtschaft gefolgt – darunter Landräte, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der umliegenden Landkreise, Städte und Gemeinden sowie Vertreterinnen und Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, der regionalen Planungsverbände, des Silicon Saxony e. V. sowie des Joint Ventures ESMC.

Gastgeber Thomas Schmidt, Staatsminister für Regionalentwicklung, begründet die Notwendigkeit des Austausches: „Wir wollen die neuen großen Ansiedlungen der Halbleiterindustrie in der Landeshauptstadt und deren Auswirkungen begleiten und befördern – und zwar mit vereinten Kräften. Es geht nicht ohne entscheidende Investitionen, zum Beispiel in zusätzliche Wohnungen, Schul- und Kinderbetreuungsplätze, die Versorgung mit Strom, Wasser und Abwasser, den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, aber auch die Ausweisung und Entwicklung von weiteren Industrie- und Gewerbegebieten.

Dafür werden kluge und vor allem gemeinschaftlich abgestimmte Strategien und Maßnahmen benötigt. Eine partnerschaftliche und lösungsorientierte Kooperation aller öffentlichen und privaten Akteure aus Stadt und Umland ist die Basis für ein vitales und prosperierendes Halbleiter-Ökosystem im Freistaat Sachsen. Das Sächsische Staatsministerium für Regionalentwicklung sieht sich hierbei als Partner, wir werden die Kommunen auf dem vor ihnen liegenden Weg unterstützen. Die heutige Standortkonferenz war dafür ein entscheidender Auftakt.“

Weil die neue Großansiedlung perspektivisch aber weiter nach Sachsen ausstrahlen werde, sei bereits jetzt davon auszugehen, dass sich der Kreis der einzubeziehenden Kommunen noch ausweiten werde, ist sich Minister Schmidt sicher.

Oliver Schenk, Chef der Sächsischen Staatskanzlei, wo die Ansiedlung der geplanten TSMC-Fabrik federführend koordiniert wird, sagte: „Die Ansiedlung von TSMC ist von großer Bedeutung – nicht nur für den Mikroelektronikstandort Sachsen, sondern für Deutschland und Europa. Denn die Milliardeninvestition stärkt Europas größtes Mikroelektronikcluster, Silicon Saxony, und sorgt in Deutschland und der EU für mehr technologische Unabhängigkeit gegenüber Asien und Amerika sowie Souveränität in einer Schlüsselbranche für die digitale und grüne Transformation.

Die Ansiedlung wird auf ganz Sachsen ausstrahlen mit positiven Effekten bei Beschäftigung und Wertschöpfung. Von dieser insgesamt positiven Entwicklung werden auch kleinere Unternehmen und Handwerksbetriebe nachhaltig profitieren. Die Standortkonferenz ist eine gute Möglichkeit, um mit den betroffenen Kommunen darüber zu sprechen, wie wir unsere vorhandenen sozialen, wirtschaftlichen und verkehrlichen Strukturen koordiniert weiterentwickeln und unsere Ressourcen möglichst effizient bündeln können, um die bestmöglichen Voraussetzungen für landesweite positive Effekte zu schaffen.“

Eine Einschätzung aus kommunaler Sicht zur Entwicklung des Halbleiterstandortes Dresden gab Dirk Hilbert, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, der eine enge Kooperation weit über die Grenzen der Stadt hinaus sucht: „Der Dresdner Nordraum erlebt derzeit eine sehr dynamische wirtschaftliche Entwicklung, die weit über die Grenzen der Landeshauptstadt Dresden ausstrahlt. Nicht nur die Ansiedlung des Halbleiterherstellers TSMC bringt mehrere Tausend neue Arbeitsplätze mit sich, sondern auch viele Bestandsunternehmen planen Erweiterungen oder realisieren diese bereits.

Es ist in den folgenden Jahren mit einem weiteren Wachstum zu rechnen, das heute noch gar nicht absehbar ist. Diese Entwicklungen bringen einen Handlungsbedarf auf verschiedenen Feldern mit sich, von technischer Infrastruktur und Verkehr über Wohnen bis hin zur sozialen Infrastruktur. Viele der vor uns liegenden Herausforderungen lassen sich in gemeinsamer Anstrengung aller regionalen Partner besser lösen als von der Landeshauptstadt Dresden allein.

Ich freue mich deshalb, dass der Freistaat Sachsen mit der Organisation der heutigen Anrainerkonferenz einen konkreten Auftakt in Richtung einer stärkeren interkommunalen Zusammenarbeit in der Region Dresden gemacht hat. Dies kann nur ein erster Schritt sein, dem wir weitere folgen lassen müssen. Ich strecke dafür meine Hand in Richtung der benachbarten Landkreise, Städte und Gemeinden aus.“

Hintergrund

Der weltweit agierende taiwanesische Halbleiterhersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) wird gemeinsam mit Bosch, Infineon und NXP Semiconductor eine Halbleiterfabrik in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden errichten. Das Joint Venture heißt European Semiconductor Manufacturing Company (ESMC). Geplant ist die Errichtung einer Halbleiterfabrik im Bereich des Dresdner Airport Parks. Das Produktionsvolumen soll 40 000 Wafer pro Monat in der Technologie 12-28 Nanometer betragen. Etwa 2 000 neue Arbeitsplätze sollen so dauerhaft entstehen. Der Produktionsstart ist für Ende 2027 geplant.

Die aktuellen Entwicklungen der Halbleiterindustrie stehen im Zusammenhang mit den im European Chips Act (ECA) formulierten Zielen und Maßnahmen. Über den ECA sollen in den nächsten Jahren rund 45 Milliarden Euro generiert und damit die Halbleiterproduktion in ganz Europa stark ausgebaut werden. Die EU möchte ihren Anteil am weltweiten Mikrochip-Markt von aktuell zehn auf 20 Prozent erhöhen.

Dazu soll der groß angelegte Aufbau technologischer Kapazitäten und Innovationen unterstützt werden. Der EU-Ministerrat hatte im vergangenen Jahr den ECA beschlossen. Staatsminister Thomas Schmidt war im Europäischen Ausschuss der Regionen (AdR) Berichterstatter und wirkte in dieser Funktion bei den Beratungen zum ECA mit.

Der Freistaat Sachsen nimmt als größter Mikroelektronik-Standort Europas eine strategische Schlüsselrolle bei der Umsetzung des ECA ein. Daher initiierte er im September 2023 mit 26 weiteren Regionen aus 12 EU-Mitgliedstaaten im AdR die Gründung der European Semiconductor Regions Alliance (ESRA). ESRA versteht sich als Plattform der Regionen und Partner der EU-Kommission bei der Umsetzung des ECA.

Die mittlerweile aus 31 Mitgliedern bestehende Allianz will einen aktiven Beitrag zur Stärkung Europas als Halbleiter-Standort im globalen Wettbewerb leisten und die Wettbewerbsfähigkeit der Halbleiterindustrie in den Regionen der europäischen Mitgliedsstaaten sowie der gesamten EU fördern. Dafür setzt ESRA auf den Austausch von Wissen, die Förderung von Zusammenarbeit und Innovationen, die Entwicklung starker, integrierter und resilienter Wertschöpfungsketten sowie die Reduzierung von einseitigen Abhängigkeiten vor allem bei kritischen Rohstoffen.

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