Seit Jahrtausenden regenerieren Menschen ihren Körper, in dem sie eine Zeit lang fasten. In der Naturheilkunde ist der vorübergehende Verzicht auf feste Nahrung sogar als Therapie anerkannt. Mittlerweile weiß auch die moderne Medizin die positiven Effekte des Heilfastens zu schätzen. Richtig praktiziert kann es das Wohlbefinden von Patient:innen steigern und dadurch Einfluss auf ihre Gesundheit nehmen.
Das weiß niemand besser als Lars Selig, der die fachtherapeutische Leitung des Spezialbereiches Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Leipzig innehat. Als solcher rät er Interessierten zum Fasten „nach Buchinger“ und dazu, sich fachkundigen Rat zu suchen.
Das Heilfasten nach Buchinger ist wohl die populärste Art zu fasten. Sie geht auf den Militärarzt Dr. Otto Buchinger (1878-1966) zurück, der unter schwerem Rheuma litt. Um das zu heilen, unterzog er sich Anfang des 20. Jahrhunderts bei einem Kollegen einer Fastenkur. Dabei reduzierte er zunächst die Aufnahme fester Nahrung und stellte sie dann ein. Nach ein paar Tagen, in denen er nur Wasser, Tee oder Brühe zu sich nahm, ging er schrittweise wieder zu fester Nahrung über.
Auf der Grundlage seiner Erfahrung entwickelte Buchinger ein Heilfastenkonzept, das bis heute gültig ist. Lars Selig vom Ernährungsteam des UKL schätzt es vor allem wegen der Struktur, die ihm zugrunde liegt. „Wenn wir uns das Fasten nach Buchinger angucken, gibt es da verschiedene Phasen: Es gibt eine Vorbereitungsphase, eine Art der Interventionsphase und eine Endphase. Und ich glaube, das ist auch das Geheimnis des Fastens, dass man nicht von jetzt auf gleich sagt, ich lasse jetzt mal das Essen weg und trinke nur noch. Nur so kann das Fasten seine Wirkung entfalten.“
Für Otto Buchinger bestand diese Wirkung darin, dass sich der Organismus beim Fasten selbst reinigt oder gar „entschlackt“ – ein Begriff, den Lars Selig so nicht verwenden würde, weil er für ihn irreführend ist. Schlacke, sagt der staatlich geprüfte Diätassistent und Medizinpädagoge, werde mit Giftstoffen übersetzt, was den Eindruck vermittle, dass der Körper des Menschen Giftstoffe aufbauen könne und die sich mit einer Fastenkur wieder abbauen ließen.
Tatsächlich sorgt eine Fastenkur dafür, dass der Stoffwechsel des Menschen unterbrochen wird. Diese Pause nutzen Expert:innen für Ernährungsumstellungen oder um durch Lebensmittel hervorgerufene Reaktionen des Körpers zu unterbinden. Klassisches Beispiel hierfür sei die rheumatoide Arthritis, sagt Lars Selig. „Da besteht eine Entzündung im Körper, die durch Ernährung beeinflusst wird – etwa durch Lebensmittel, die Omega 6- oder Omega 9-Fettsäuren enthalten. Eine Fastenkur führt in solchen Fällen dazu, dass die Entzündungen abklingen und der Körper regenerieren kann.“
Auch ein positiver Nebeneffekt ist, dass die Fastenden an Gewicht verlieren können. Das liegt daran, dass ihr Körper durch die verringerte Energiezufuhr beginnt, auf seine Reserven zurückzugreifen. Um keinen Gewöhnungseffekt zu provozieren oder auch eine Mangelernährung zu verhindern, rät Diätassistent Lars Selig, nicht zu lang zu fasten. Optimal seien zwei bis vier Wochen – die verschiedenen Phasen schon eingerechnet. „In der Interventionsphase reduziert man den Körper auf 250 bis 500 Kalorien pro Tag. Das ist für einen längeren Zeitraum gar nicht zulässig.“
Nicht zulässig ist es für den Experten auch, wenn Kinder, Jugendliche oder Schwangere fasten. Hier ist die ausreichende Zufuhr aller essentiellen Nährstoffe von besonderer Bedeutung für die Entwicklung. Auch Menschen mit Vorerkrankungen sollten nicht bzw. nur unter Aufsicht fasten. „Eigentlich empfehlen wir allen, die fasten wollen, dass sie sich vorher ärztlich untersuchen lassen und sich jemanden suchen, der sie dabei begleitet. Das können Ärzt:innen oder speziell geschulte Fastenbegleiter:innen sein – Menschen also, die im Zweifelsfall erkennen, wenn eine Fastenkur zu eskalieren droht.“
Darüber hinaus empfiehlt Lars Selig Interessierten, sich zu hinterfragen, was sie mit dem Fastens erreichen wollen. Wer damit nur Gewicht verlieren wolle, werde nicht weit kommen, so der Leiter des Ernährungsteams des UKL. Besser sei es, realistische Ziele und Erwartungen zu haben.
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