Eine Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um 7 Prozent, mehr tarifliche Regelungen für Wertschätzung und Besserstellung der Mitglieder und eine Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags. Diese Punkte umfasst die Forderung für die 45.000 Beschäftigten der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Nordost, die die regionale Tarifkommission der IGBCE gestern beschlossen hat.
„Dies ist eine Forderung mit sehr viel Klarheit und ohne Getöse“, sagt IGBCE-Landesbezirksleiterin Stephanie Albrecht-Suliak. Sie überfordere auf Unternehmensseite niemanden – helfe aber auf Belegschaftsseite vielen. „Wir wollen den Chemie-Beschäftigten in Nordost den Optimismus zurückbringen und die Binnennachfrage stärken. Davon profitiert nicht nur unsere Mitgliedschaft, sondern die ganze Region.“
Zwar habe der letzte Tarifabschluss aus Oktober 2022 mit zweimal 3,25 Prozent Plus und insgesamt 3000 Euro steuer- und abgabenfreier Inflationsausgleichsprämie die massiven Preissteigerungen über die Laufzeit von 20 Monaten ausgleichen können.
„Aber die Wirkung der Prämien ist inzwischen verpufft“, so Albrecht-Suliak. Heute müssen sich nach einer aktuellen IGBCE-Umfrage drei von vier Beschäftigten beim Haushaltsbudget einschränken, eine Mehrheit von 59 Prozent blickt für sich persönlich pessimistisch in die Zukunft. „Das darf so nicht bleiben. Reallohnverluste in dieser Leitindustrie werden wir nicht akzeptieren“, machte Albrecht-Suliak deutlich.
Die Verhandlungsführerin warnte die Sozialpartner davor, einer Nullrunde das Wort zu reden. „Das Bild der Branche ist weitaus bunter, als es die Arbeitgeber plump schwarzmalen.“ Schwierig sei die Lage allein bei den energieintensiven Industrien, die Geschäfte der Konsumgüter- und Pharmaindustrie liefen glänzend. „Insgesamt werden die Dividenden wieder reichlich fließen.“ Den Beschäftigten stehe ihr Anteil am Erfolg zu. Albrecht-Suliak ergänzt, dass derzeit kaum Unternehmen von Öffnungsklauseln aus wirtschaftlicher Not in Nordost Gebrauch machten. „Eine allumfassende Krise sieht anders aus.“
Neben mehr Entgelt soll auch die Tarifbindung über einen besseren Organisationsgrad der IGBCE gesteigert werden. „Das lässt sich insbesondere mit tariflichen Vorteilen für Gewerkschaftsmitglieder erreichen“, weiß Albrecht-Suliak auch aus anderen Tarifbereichen zu berichten. Die IGBCE fordert deshalb tarifliche Regelungen und mehr Wertschätzung exklusiv für ihre Mitglieder. „Die Arbeitgeber müssen an diesem Punkt ihre Blockadehaltung aufgeben“, so die Verhandlungsführerin.
Deren Argumente treffen ins Leere. Denn Albrecht-Suliak weiß, „auch Nichtmitglieder sprechen sich mit großer Mehrheit für einen Ausgleich von Gewerkschaftsmitgliedern aus“. Zu diesem Ergebnis ist erst aktuell eine repräsentative Umfrage der IGBCE Nordost in den Betrieben im Tarifbereich gekommen.
Die Forderung umfasst zudem eine Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags (BETV). „Hier herrscht ein gewaltiger Modernisierungsstau“, sagt Albrecht-Suliak. Der BETV stamme aus dem Jahr 1987, kenne noch nicht mal Bachelor und Master, habe viel zu komplizierte Regelungen bei Höhergruppierungen und umfasse inzwischen viele Akademikerinnen und Akademiker nicht mehr.
Die Forderungen der regionalen Tarifkommissionen wird die Bundestarifkommission am 10. April 2024 zu einer zentralen Forderung zusammenführen. Wenige Tage später beginnen die Tarifverhandlungen zunächst auf regionaler Ebene. Für Nordost treffen sich beide Seiten am 25. April 2024, um 11:00 Uhr im Kongresshotel Potsdam, Am Luftschiffhafen 1, in 14471 Potsdam.
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