Zur Ankündigung des Solarherstellers Meyer Burger, das Werk in Freiberg eventuell zu schließen, fordern Ministerpräsident Michael Kretschmer, Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther und Wirtschaftsminister Martin Dulig den Bund zum Handeln auf.
Ministerpräsident Michael Kretschmer: „Die Solarindustrie ist wichtig für die wirtschaftliche Stärke und Souveränität von Deutschland und Europa. Die Ankündigung von Meyer-Burger, das Werk in Freiberg zu schließen, zeigt, wie ernst die Lage ist. Seit Monaten setzt sich der Freistaat bei Bund und EU auf allen Ebenen für eine Rettung der Solarindustrie ein.
Mit der Brüsseler Erklärung der Ministerpräsidentenkonferenz und dem Solargipfel in unser Landesvertretung haben wir das mehr als deutlich gemacht. Passiert ist seitdem nichts. Das angekündigte Solarpaket der Bundesregierung gibt es bis heute nicht. Bund und EU müssen nun endlich handeln, sonst kostet die verfehlte Energiepolitik wertvolle Arbeitsplätze im Osten. Die Solarindustrie braucht jetzt dringend ein Rettungspaket und eine sichere Zukunftsperspektive.“
Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther: „Die Ankündigung ist ein Weckruf – industriepolitisch und für die europäische Energiewende. Es muss jetzt dringend ein entschlossenes und schnelles Bekenntnis aus dem Bundesfinanzministerium für die Solarindustrie kommen. Wir brauchen jetzt schnell eine Entscheidung für ein geschütztes nationales Marktsegment mit Resilienzkriterien. Die Instrumente sind bekannt, es braucht deren Finanzierung.
Und auch die EU muss handeln. Die sächsische und mitteldeutsche Solarindustrie ist ein entscheidender Baustein für die europäische Solarindustrie, für das Hochfahren der Produktion in der EU, also für mehr Unabhängigkeit von China. Es darf nicht noch einmal passieren, dass man die Solarindustrie aus ideologischen Gründen aus Deutschland ziehen lässt.“
Wirtschaftsminister Martin Dulig: „Wir müssen alles dafür tun, dass die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen und deutschen Solarindustrie erhalten bleibt. Wir stehen seit Monaten in Gesprächen mit der Bundesregierung und der EU, um auf die Zerstörung des Solarmarktes durch chinesische Subventionen zu reagieren.
Ich erwarte, dass nun alles Mögliche seitens der Bundesregierung getan wird, damit dieser für die Energiewende primär wichtige Industriebereich erhalten bleibt. Daran müssen Deutschland und die EU ein Interesse haben. Wir als Staatsregierung im Freistaat unterstützen Meyer Burger auf diesem Weg und rufen die Bundesregierung auf, sich jetzt unverzüglich auf die benötigte Resilienzklausel zu einigen.
Ohne staatliche Hilfen wird die Solarindustrie in Deutschland endgültig eingestellt. Eine strategische Unterstützung durch die Politik ist nötig, damit wir uns nicht in eine komplette Abhängigkeit von China begeben. Wir haben in Sachsen die nötigen gut ausgebildeten Fachkräfte und guten Produktionsbedingungen, um diesen Wettbewerb gewinnen zu können – dafür brauchen wir die richtigen Rahmenbedingungen.“
Hintergrund:
Die europäische Solarindustrie steht insbesondere aufgrund des massenhaften Imports von subventionierten Solarmodulen aus China unter hohem Wettbewerbsdruck. Verstärkt wird dies durch das Importverbot von PV-Modulen in die USA. Hinzu kommen starke finanzielle Anreize für Investitionen in den USA. Die Fertigung in Europa und Deutschland ist angesichts dieser Entwicklung derzeit bedroht.
Es gibt 4 Kommentare
Kleine Nachlese:
• Ende März 2024 wurde das Solarwerk von Meyer Burger in Freiberg (Sachsen) geschlossen. 400 Mitarbeitern wurde gekündigt. Wesentlicher Grund dafür war die Absage zum “Resilienzbonus” durch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Der Resilienzbonus sah vor, dass beim Kauf von Modulen aus deutscher oder europäischer Produktion eine höhere Einspeisevergütung für Solarstrom gezahlt wird. Die eine oder andere Wortmeldung dazu findet sich auch hier bei der L-IZ.
• Ende August 2024 kündigte Meyer Burger an, aus Kostengründen auf den Bau einer neuen Fabrik in den USA zu verzichten und stattdessen weiter am Standort bei Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt) produzieren. Bei der L-IZ gibt es dazu leider keine Artikel, aber der MDR bleibt dran: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/dessau/bitterfeld/meyer-burger-thalheim-solar-rettung-102.html
> “Ankündigung des Solarherstellers Meyer Burger, das Werk in Freiberg eventuell zu schließen”
Aus der Drohung, neue Standorte lieber in den USA als in Deutschland zu eröffnen, wurde nun also schon die Drohung, einen bestehenden Standort zu schließen. Der Brief im Juni 2023 an Bundesfinanzminister Lindner war wohl nicht eindrücklich genug? Damals hieß es übrigens noch gegenüber dem MDR: “Auch stehen die mitteldeutschen Werke nach Erfurts Worten nicht zur Disposition.” (CEO von Meyer Burger, Gunther Erfurt)
> “Kretschmer: „Die Solarindustrie ist wichtig für die wirtschaftliche Stärke und Souveränität von Deutschland und Europa.” “Die Solarindustrie braucht jetzt dringend ein Rettungspaket und eine sichere Zukunftsperspektive.”
Wichtig und zukunftsrelevant war sie auch schon, als selbige u.a. durch Kretschmers Bundespartei nachhaltig zerstört wurde. Wie praktisch, dass die jetzt in der Opposition ist und das eigene Versagen durch markige Forderungen verschleiern kann.
> “Seit Monaten setzt sich der Freistaat bei Bund und EU auf allen Ebenen für eine Rettung der Solarindustrie ein.”
Seit Monaten bettelt Meyer Burger ja auch schon um Subventionen. Setzt man sich eigentlich auch im Freistaat dafür ein, oder wieso wird hier immer nur Bund und EU betont? GRW-Förderung reicht Meyer Burger wohl nicht?
> “Mit… [Häppchen essen und Reden verkaufen] …haben wir das mehr als deutlich gemacht. Passiert ist seitdem nichts.”
Die anderen sind schuld, na so ein Glück. Dann mal noch schnell ein paar Pressemitteilungen schreiben!
> “Das angekündigte Solarpaket der Bundesregierung gibt es bis heute nicht.”
Erstens stimmt das nicht, denn es ist bereits seit Sommer 2023 im parlamentarischen Prozess. Dann kam die (CDU-induzierte) Streichung der Coronahilfen-Umwidmung und der Bundestag musste sich vornehmlich damit beschäftigen. Im März 2024 hat es dann auch die CDU in der Hand, das Solarpaket zügig durch den Bundesrat zu bringen. Zweitens hat das Solarpaket nichts mit der Standortförderung von Meyer Burger zu tun. Nebelkerze.
> “Die Instrumente sind bekannt, es braucht deren Finanzierung.”
Instrumente wie die schönen Buzzwords “geschütztes nationales Marktsegment mit Resilienzkriterien”? Konkreter ging es nicht?
> “Es darf nicht noch einmal passieren, dass man die Solarindustrie aus ideologischen Gründen aus Deutschland ziehen lässt.”
Chapeau! Seiner Partei gern vorgeworfene “ideologische Gründe” aufzuführen, ist schon clever. CDU/CSU und FDP fühlen sich hoffentlich angesprochen.
> “die Zerstörung des Solarmarktes durch chinesische Subventionen”
Die gibt es schon seit den 2000ern. Warum sollte sich jetzt etwas daran ändern? Die USA haben den Inflation Reduction Act. Wir haben den Just Transition Fund, von dem hunderte Millionen € (!) nach Sachsen fließen. Warum kommt davon nichts bei Meyer Burger an?
> “rufen die Bundesregierung auf, sich jetzt unverzüglich auf die benötigte Resilienzklausel zu einigen.”
Was besagt denn diese ominöse Resilienzklausel? Welchen Effekt wird sie (hoffentlich) haben?
> “Ohne staatliche Hilfen wird die Solarindustrie in Deutschland endgültig eingestellt.”
Staatliche Hilfen für PV unter einem FDP-Finanzminister? Er hat doch daran gar kein Interesse. Die Tagesschau berichtete 2023 zur Solarindustrie: “Im Jahr 2010 arbeiteten noch mehr als 130.000 Beschäftigte in der Branche. Im Jahr 2016 waren es 100.000 Mitarbeiter weniger.” Den Wirtschaftsminister stellte übrigens 2009 bis 2013 die FDP, die Finanzminister bis 2017 die CDU.
> “dafür brauchen wir die richtigen Rahmenbedingungen.”
Welche richtigen Rahmenbedingungen hat die Landesregierung denn geschaffen?
Die Subventionierung der Solarmodule durch China ist letztlich ein Wirtschaftskrieg. Europa sollte Zölle auf diese Produkte erheben. Die USA blockieren ja auch den Import.
Es macht keinen Sinn, die hiesige Industrie mit einem Haufen Geld auf ein so niedriges Niveau zu subventionieren, welches durch China nur durch massive Staatshilfen und Umweltbelastungen gehalten wird.
Man wollte die Globalisierung, nun hat man sie.
Das heißt auch zu akzeptieren, dass man nicht auf allen Gebieten konkurrenzfähig sein kann.
Ein Dilemma, ich weiß.
Es wird immer wieder von der Politik betont, wie wichtig es sei, die Solarindustrie in Deutschland wie in Europa zu halten. Es sollte nicht wieder passieren wie in der Zeit 2010 bis 2015, wo zuerst die Solarproduktion in Deutschland nicht unterstützt wurde mit der Folge, das Know how verloren ging und geschätzt 50.000 Arbeitsplätze und das Gleiche auch bei dem Bau von Windenergieanlagen mit ca. 80.000 Betroffenen. Um das zu verhindern, muss es notgedrungener Maßen eine Unterstützung geben. Nicht nur gutwillige Aussagen durch Politiker sind erforderlich, sondern wegweisende Maßnahmen. Und wenn es erst einmal die Aufrechnung von Umweltbelastungen auf die Dumpingpreise von subventionierten Solarmodulen aus China wäre, damit einigermaßen faire Kostenverhältnisse wieder hergestellt werden.