Selbst ein langlebiges, mehrfach genutztes Produkt wird irgendwann zu Abfall. Dann gilt es, daraus Rohstoffe zurückzugewinnen, aus denen Neues entstehen kann. Deutschland gilt als Erfinder der Kreislaufwirtschaft. Auch in Sachsen machen sich innovative und nachhaltige Unternehmen auf den Weg, die sächsische Kreislaufwirtschaft zu stärken.
In der neuen Folge des Diskussionsformats „Martin Dulig | Konkret“ diskutiert Sachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister mit Fridolin Pflüger, Geschäftsführung HolyPoly GmbH, Thoralf Schlutzkus, Geschäftsführung Feinhütte Halsbrücke GmbH und Prof. Dr. Christina Dornack, Direktorin des Instituts für Abfall- und Kreislaufwirtschaft der TU Dresden über Recycling und die Frage, wie rund es in Sachsens Kreislaufwirtschaft läuft.
Martin Dulig hat sich vor wenigen Tagen im Rahmen eines Thementages bei fünf Unternehmensbesuchen in Freiberg, Radebeul und Dresden umfassend über innovative Verfahren und Produkte der sächsischen Kreislaufwirtschaft informiert.
In der Diskussion betonte er: „Unsere sächsischen Unternehmen sorgen dafür, dass Abfall kein Umweltproblem mehr ist, sondern Teil der Lösung. Mit innovativen Verfahren zur Materialtrennung gewinnen sie aus Abfällen wertvolle Stoffe, die dann wieder in die Produktion zurückgeführt werden können. Das spart Material und Energie und macht uns unabhängiger von Rohstoffimporten aus dem Ausland.
Gerade in der aktuellen Transformation müssen sich aber sowohl Konsumentinnen und Konsumenten als auch Unternehmen zunehmend mit nachhaltigen Prozessen und Denkweisen auseinandersetzen, um ganzheitliche Ansätze zu finden, die Wirtschaftskreisläufe schließen.“
TU-Professorin Christina Dornack erläuterte in der Diskussion, was eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft ausmacht: „In einer Kreislaufwirtschaft produzieren und nutzen wir Produkte so, dass sie möglichst lange genutzt werden können. Das heißt: Wir reparieren sie, wenn sie defekt sind, oder werten sie auf, wenn zum Beispiel das Design nicht mehr gefällt.
Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, Produkte so lange wie möglich zu nutzen. Der letzte Schritt in einer stofflichen Kreislaufwirtschaft ist das Recycling: Die ursprüngliche Produktform wird aufgelöst und die Sekundärrohstoffe können als Ersatz für Primärrohstoffe wieder für neue Produkte eingesetzt werden.“
Warum die Kreislaufwirtschaft bislang nur bedingt in Gang kommt, liegt für sie auf der Hand: „Solange Primärstoffe so billig sind, wie sie sind, funktioniert es nicht, dass wir in Summe weniger verbrauchen und eine Kreislaufwirtschaft nach vorn schieben. Anreizsysteme sind immer ein guter Weg, voranzugehen – aber vielleicht müssen wir auch an manchen Stellen ein wenig politisch drücken und unter anderem Quoten für Sekundärrohstoffe im Einsatz bei der Produktherstellung festschreiben.“
Fridolin Pflüger, Gründer der HolyPoly GmbH in Dresden, ist überzeugt: „Fast alle Nachhaltigkeitsprobleme sind Umsetzungsprobleme. Es ist viel nachhaltiger, Kunststoffe zu recyceln, als aus frischem Erdöl neue Kunststoffe herzustellen. Mit Holypoly wollen wir diese Frage für große Unternehmen beantworten und Nachhaltigkeit zu einem lohnenden Geschäftsmodell für große Markenhersteller machen.“ Holypoly will gerade beim Thema Kunststoff-Recycling den Kreislauf zu 100 Prozent schließen und Kunststoffe nachhaltig verwerten.
Für die Feinhütte Halsbrücke GmbH gehört Recycling zum Geschäftsalltag. Thoralf Schlutzkus, Mitglied der Geschäftsführung, sagt: „Unsere Rohstoffbasis bei der Feinhütte ist ausschließlich Recycling. Wir haben keine Mine und kaufen weltweit auch keine Zinn- oder Bleirohstoffe ein, sondern konzentrieren uns darauf, unsere Rohstoffe ausschließlich aus Recycling zu gewinnen. Vernachlässigt man mal ein bis zwei Prozent technische Verluste, haben wir de facto 100 Prozent Recyclingquote erreicht. Alles was wir als Produkt in den Markt bringen, war vorher schon einmal Produkt bzw. Abfall – und kommt durch uns wieder zurück in den Kreislauf.“
Handlungsbedarf sieht er vor allem beim Produktdesign: „Produktdesign ist extrem wichtig, weil die Zerlegbarkeit, die Trennbarkeit – sei es Glas, Kunststoff, Stahl, Gold oder Zinn – häufig davon geprägt ist, wie der Konstrukteur bzw. Ingenieur sein Produkt baut. Die Herausforderung unserer Zeit ist es, dass das Sparen von Stoffen, die Minitarisierung, dazu führt, dass der eingesetzte Rohstoff immer weniger wird und Rohstoffe immer stärker miteinander verbunden sind. Umso teurer ist es, diese Metalle zu trennen und desto höher sind die technischen Verluste.“
Um die Importabhängigkeit bei Rohstoffen zu verringern, setzt Sachsen in seiner Neuen Rohstoffstrategie verstärkt auch auf Recycling. Wirtschaftsminister Martin Dulig: „Sachsen ist ein Rohstoffland. Sekundärrohstoffe und nachwachsende Rohstoffe können perspektivisch den Bedarf an Primärrohstoffen deutlich reduzieren, ihn aber nicht komplett alleine decken. Es werden immer auch neue Rohstoffe in den Wirtschaftskreislauf eingespeist werden müssen.
Sachsen hat beste Voraussetzungen, eine führende Rolle bei der Etablierung und Forcierung kreislaufwirtschaftlicher Prozesse einzunehmen. Die sächsische Wirtschaft ist bereits erfolgreich auf dem Weg. Dabei unterstützen sowohl der Freistaat Sachsen als auch die Europäische Union.“
Hintergrund: Format „Martin Dulig | Konkret“
Das sächsische Wirtschaftsministerium (SMWA) hat das Format zur Bürgerinformation im Jahr 2021 ins Leben gerufen. Es soll die Themen Wirtschaft, Arbeit, Mobilität und Digitalisierung sichtbar machen, Raum für aktuelle Debatten geben und über die Arbeit des Staatsministers und des Ministeriums informieren. Eine Sammlung der bisherigen Produktionen finden Sie in einer Playlist auf dem Youtube-Kanal des SMWA.
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