Sachsen lockert das bisher bestehende absolute Auslauf- und Freilandverbot für Hausschweine in der zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) festgelegten Sperrzone II (gefährdetes Gebiet). Künftig kann unter bestimmten Voraussetzung eine Ausnahmegenehmigung für die Haltung von Tieren unter freien Himmel erteilt werden. Die Landesdirektion Sachsen hat dafür die geltende Allgemeinverfügung geändert und die Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von diesem Verbot festgeschrieben.
Auf Antrag des Tierhalters können durch das örtlich zuständige Landratsamt oder die Landeshauptstadt Dresden Ausnahmen von diesem Verbot gewährt werden. Voraussetzung für die Erlaubnis zur Auslauf- und Freilandhaltung ist ein hoher Biosicherheitsstandard, mit dem eine Einschleppung des noch immer in der Wildschweinepopulation kursierenden ASP-Virus in den Hausschweinebestand verhindert wird.
Dafür müssen zum einen die gesetzlichen Grundlagen der Schweinehaltungshygieneverordnung eingehalten werden, die auch für Betriebe in ASP-freien Gebieten gelten. Um die erhöhten Anforderungen in der Sperrzone II einschätzen zu können, erarbeitete ein Expertenteam bestehend u. a. aus Bund- und Ländervertretern, aus Vertretern der ökologischen Lebensmittelwirtschaft, der niedersächsischen Tierseuchenkasse und dem deutschen Bauernverband Leitlinien, die derzeit im Entwurf vorliegen und im Oktober 2023 veröffentlicht werden sollen.
Auf deren Basis können das örtlich zuständige Landratsamt bzw. die Landeshauptstadt Dresden eine Einschätzung des individuellen betrieblichen Risikos vornehmen und im Bedarfsfall weitere Biosicherheitsmaßnahmen anordnen, die Voraussetzung für eine Haltung unter freiem Himmel sind. Grundlage der nun zulässigen Ausnahmen ist eine neue Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) – dem Referenzinstitut für Tierseuchen. Das FLI hatte seine Risikobewertung zu den Risiken und dem Verbot der Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen Anfang August veröffentlicht.
Staatsministerin Petra Köpping erklärt: „Unsere in der Sperrzone II liegenden Betriebe haben seit Ende 2020 mit einem hohen Biosicherheitsniveau dafür gesorgt, dass das ASP-Virus »ante portas« gehalten werden konnte. Die neue Risikobewertung in Verbindung mit den Leitlinien eröffnen nun einen Weg, dass Hausschweine auch unter freiem Himmel gehalten werden können und nicht mehr unbedingt den Schutz des Stalles vor dem Virus benötigen. Viele Tierhalter bevorzugen diese Haltungsform, weil sie der natürlichen Lebensweise der Tiere nahekommt. Dem wollen wir mit den nun möglichen Ausnahmen vom Freihaltungsverbot Rechnung tragen, wenn die Lage vor Ort dies ermöglicht.“
Alle weiteren Regelungen der Allgemeinverfügung der Landesdirektion Sachsen vom 19. Juli 2023 zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest innerhalb der Sperrzone II bleiben unberührt. Dieses Restriktionsgebiet erstreckt sich komplett oder über Teile der Landkreise Görlitz, Bautzen, Meißen sowie der Landeshauptstadt Dresden. Es umfasst gegenwärtig eine Fläche von 5506 Quadratkilometer.
Hintergrund
Die Afrikanische Schweinepest ist eine Virusinfektion, die ausschließlich Schweine, also Wild- und Hausschweine, betrifft. Sie verläuft fast immer tödlich und ist unheilbar. Überlebende Tiere entwickeln keine Immunität gegen das Virus, sie können sich erneut anstecken. Es gibt bisher keine Möglichkeit, die Schweine durch eine vorbeugende Impfung zu schützen.
Die Erkrankung kann direkt von Tier zu Tier oder indirekt über kontaminierte Gegenstände (Kleidung, Schuhe, Fahrzeuge) und Futter in andere Gebiete durch den Menschen übertragen werden. Möglich ist die Übertragung auch durch Nahrungsmittel, für die mit dem ASP-Virus infiziertes Fleisch verarbeitet wurde. Für den Menschen und andere Tierarten ist die ASP nicht ansteckend oder gefährlich.
Am 10. September 2020 wurde in Brandenburg ein erster Fall von ASP bei einem Wildschwein in Deutschland bestätigt. Seitdem wurden ASP-Ausbrüche bei Wildschweinen in Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern festgestellt. In Sachsen wurden bis dato insgesamt 2256 ASP-Fälle nachgewiesen. Davon sind 634 Fälle aktiv. In Baden-Württemberg, Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wurden 2022 und 2023 einzelne Fälle in Hausschweinbeständen nachgewiesen.
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