Der Freistaat Sachsen hat nur bis zum 31. März 2023 Zeit, der Stiftung des Bundes zur „Abmilderung von Härtefällen in der Ost-West-Rentenüberleitung, für jüdische Kontingentflüchtlinge und Spätaussiedler“ beizutreten und sich am dort eingerichteten Härtefallfonds zu beteiligen. Die beiden SPD-Kabinettsmitglieder Petra Köpping und Martin Dulig forderten vor wenigen Tagen, dass der Freistaat diesen Schritt gehen soll.
Da ansonsten keine Bewegung in dieser Sache erkennbar ist, stellt die Linksfraktion zur März-Plenarsitzung einen Dringlichen Antrag (Drucksache 7/12798) und fordert den unverzüglichen Stiftungsbeitritt. Über den Antrag wird – falls der Landtag dessen Dringlichkeit bejaht – am Donnerstag abgestimmt.
Dazu erklärt der Fraktionsvorsitzende Rico Gebhardt: „Der Härtefallfonds verdient viel Kritik: Nicht einmal zehn Prozent der Betroffenen erhalten eine Ausgleichszahlung und diese ist auch noch viel zu niedrig. Das ist aber kein Grund, dieses Geld einzubehalten, zumal die Anspruchsberechtigten mit maximal 830 Euro Rente auskommen müssen. Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern verdoppeln die Einmalzahlung – wenn Sachsen nicht einmal dies hinbekäme, wäre das ein verheerendes Zeichen der Missachtung.
Wir hatten Anfang Februar den Stiftungsbeitritt beantragt (Drucksache 7/12168), die Koalition ließ uns abblitzen. Vielleicht hat sie aber inzwischen mehr Sensibilität für das Schicksal der Betroffenen entwickelt und trifft noch im März die einzig richtige Entscheidung. Sachsen muss wenigstens die symbolische Einmalzahlung aufstocken, auch wenn diese bei weitem nicht alle erreicht.
Laut dem Runden Tisch Rentengerechtigkeit gehen jedoch auch in diesem Fall die allermeisten ostdeutschen Betroffenen leer aus. Sie wurden und werden im Milliardenumfang um erworbene Rentenansprüche gebracht. Eine echte Gerechtigkeitslösung sieht also anders aus. Sachsen müsste in Berlin dafür eintreten, dass der Härtefallfonds zu einem Gerechtigkeitsfonds ausgebaut wird. Auch das beantragen wir erneut. Der Runde Tisch Rentengerechtigkeit fordert eine durchschnittliche Zahlung zwischen 10.000 und 20.000 Euro pro Betroffenen.
Es geht um viele Berufs- und Personengruppen: Darunter sind ehemalige Beschäftigte in wissenschaftlichen, technischen, pädagogischen, medizinischen und künstlerischen Berufen, bei der Eisenbahn, der Post und in der Braunkohleveredlung. Besonders oft sind Frauen betroffen, etwa Angestellte im Gesundheitswesen. Auch pflegende Angehörige, die ihre Beschäftigung aufgegeben hatten, zudem nach dem DDR-Recht Geschiedene sowie Menschen, die aus der DDR geflohen sind, werden durch die Rentenüberleitung benachteiligt.“
Hintergrund: Weitere Initiativen der Linksfraktion im März-Plenum
Am Mittwoch stimmt der Landtag über den Vorschlag der Linksfraktion für ein sozial-ökologisches Vergabegesetz ab – die Koalition hat noch keinen Entwurf vorgelegt. Künftig sollen staatliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, die ordentliche Arbeitsbedingungen und ein Stundenlohn von mindestens 13,50 Euro brutto bieten, auch bei Leiharbeit und Subunternehmen. Künftig soll nicht der Billigste, sondern wirklich der nachhaltig Wirtschaftlichste und Beste zum Zuge kommen.
Gerechtigkeit fordert die Linksfraktion am Mittwoch per Antrag auch hinsichtlich der Bezahlung von Frauen und Männern: Gleiche oder gleichwertige Arbeit muss auch gleich bezahlt werden. In Sachsen erhielten Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien 2020 fast 12 Prozent weniger Lohn als Männer.
Die Sitzung am Donnerstag beginnt mit einer Aktuellen Debatte auf Antrag der Linksfraktion zum aktuellen Streikgeschehen. Die Fraktion bringt zudem ihren Vorschlag ins Parlament ein, das Wahlalter bei Kommunalwahlen, Landtagswahlen und in der Volksgesetzgebung auf 16 Jahre zu
senken – 2024 dürfen die 16- und 17-Jährigen in Sachsen erstmals an der Europawahl teilnehmen. Zudem soll der Landtag auf Antrag der Linksfraktion die Staatsregierung beauftragen, über einen Staatsvertrag zur Deckung des Lehrkräftebedarfs zu verhandeln. Einheitliche Regeln sollen die Konkurrenz der Bundesländer um den Nachwuchs beenden.
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