Im kommenden Jahr dürfen die 16- und 17-Jährigen in Sachsen erstmals an der Europawahl teilnehmen. Anders als in den meisten anderen Bundesländern blieb 16- und 17-Jährigen in Sachsen die Teilnahme an Kommunal- und Landtagswahlen bisher verwehrt.
Die Linksfraktion hat jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt(Drucksache 7/12706), der das Wahlalter erstmalig bei den im Frühjahr parallel stattfindenden Kommunalwahlen, bei allen künftigen Landtagswahlen sowie bei Volksanträgen, Volksbegehren und Volksentscheiden auf 16 Jahre absenken soll.
Die jugendpolitische Sprecherin Anna Gorskih erklärt: „Politisches Interesse und Engagement der Jugendlichen sind in den letzten Jahren stetig gewachsen. Junge Menschen können noch aktiver für ihre politischen Interessen eintreten, wenn ihnen der Weg zur Wahlurne nicht länger versperrt bleibt. Das wirksamste Instrument, um junge Menschen stärker einzubeziehen, ist die Gewährung des Wahlrechts.
Was für die Europapolitik gilt, muss doch auch für die Landespolitik, die Kommunalpolitik und die Volksgesetzgebung in Sachsen gelten. Rechtfertigen müssten sich eher diejenigen, die den 16- bis 17-Jährigen diese Form demokratischer Teilhabe vorenthalten wollten.“
Mirko Schultze, kommunalpolitischer Sprecher der Linksfraktion, ergänzt: „Ein Auseinanderlaufen des aktiven Wahlrechts bei den in Sachsen gleichzeitig stattfindenden Kommunal- und Europawahlen ist kaum vermittelbar: Es wäre doch paradox, wenn die 16- und 17-Jährigen 2024 zwar das Europaparlament, nicht aber ihren Gemeinde- oder Stadtrat mitwählen dürften. Wir haben uns schon im Rahmen der Verhandlungen zur Kommunalrechtsnovelle für eine Absenkung des Wahlalters eingesetzt.
Mehr als zwei Drittel der 16- und 17-Jährigen in Deutschland dürfen bereits Gemeinderäte und Kreistage wählen. In Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein gilt das Wahlalter 16 bei Landtags- und Kommunalwahlen. In Sachsen steht die Absenkung des Wahlalters aus, während zehn der 16 Bundesländer schon fortschrittlich handeln. Jetzt kann auch die sächsische Kenia-Koalition zeigen, ob sie Jugendbeteiligung tatsächlich ernst meint.“
Anna Gorskih führt weiter aus: „Sachsen sollte dem Beispiel der anderen Bundesländer folgen und das Wahlalter absenken, das ist ein längst überfälliger Schritt. Ich würde mir jedoch auch eine weitergehende Debatte über die demokratische Teilhabe in unserer Gesellschaft wünschen. Das Wahlrecht ist aus linker Sicht ein Grundrecht und steht allen Menschen ohne ,Qualifikationsprüfung‘ zu.
Die Gewährung von Grundrechten sollte also nicht vom Bildungsgrad, Informiertheit, Gemüts- oder Gesundheitszustand der Wahlberechtigten abhängen. Um ein Beispiel anzuführen: Auch ein sehr hohes Lebensalter mit den oft damit verbundenen gesundheitlichen oder kognitiven Entwicklungen führt – völlig richtigerweise – nicht zum Ausschluss vom Wahlrecht oder einer Altersbeschränkung dieses demokratischen Grundrechts nach oben.
Insofern erscheint auch jede Beschränkung nach unten willkürlich gesetzt. Idealerweise sollten alle, die wählen gehen wollen und sich emotional und kognitiv in der Lage dazu fühlen, die grundsätzliche Möglichkeit erhalten, dies zu tun.“
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