Zum zweiten Mal nach 2019 fand sich in der Sächsischen Härtefallkommission keine Mehrheit dafür, ein Bleiberecht der Chemnitzer Familie Nguyen/Pham zu befürworten. Der 1987 als Vertragsarbeiter in die DDR eingewanderte Pham Phi Son musste 2016 länger als erwartet in Vietnam bleiben, weil die Behandlung einer alten Kriegsverletzung länger dauerte.
Obwohl er sein halbes Leben lang in Deutschland gelebt und gearbeitet hat, wurde seine Niederlassungserlaubnis 2017 nicht mehr verlängert. Seitdem droht der Familie die Abschiebung.
Die asylpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Juliane Nagel, kommentiert:
„Es ist nur noch bizarr: Deutschland wie Sachsen stecken Millionen in Hochglanz-Kampagnen und werben mit vorgeblicher Weltoffenheit, einem offenen Arbeitsmarkt und freundlicher Nachbarschaft, weil unserem Land Arbeitskräfte fehlen. Trotzdem bekommt eine Familie, die seit mehr als 35 Jahren hier lebt und arbeitet, keinen Beistand von der Härtefallkommission – zum zweiten Mal und vor den Augen der bundesdeutschen Öffentlichkeit. Immerhin: Eine Petition für ihr Bleiberecht erreichte knapp 85.000 Unterschriften, davon allerdings mehr als 60.000 außerhalb Sachsens.
In der Härtefallkommission sind die sächsische Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft hochrangig vertreten. Wer sonst – wenn nicht dieses Gremium – hätte aus der sicheren Distanz und nach Aktenlage erkennen müssen, dass der ungeplant längere Aufenthalt des Vaters in Vietnam, wo seine Kriegsverletzung behandelt werden musste, nicht durch ihn verschuldet wurde, dass die Mutter außerdem voll arbeitete und die Kinder in die Schule gingen!
Glasklar lagen die Fakten auf dem Tisch. Die aufenthaltsrechtliche Tortur der Familie währt nun das sechste Jahr. Es wäre ein Zeichen des Anstands gewesen, das alles zu beenden. Das wäre nicht nur aus Eigeninteresse und wegen der Hochglanz-Kampagnen angemessen, sondern weil man in Ostdeutschland mit Blick auf die ehemaligen vietnamesischen Vertragsarbeiterinnen und -Vertragsarbeiter genug angerichtet hat. Stattdessen erleben wir ein neues kümmerliches Schauspiel kleinbürgerlich-sächsischer Bräsigkeit.
Ich erwarte, dass die Ausländerbehörde Chemnitz jetzt endlich das beendet, wozu eine Kommission, die den Härtefall im Namen trägt, nicht in der Lage war! Aufenthaltsrechtlich denke ich hier unter anderem an dem § 25 Abs. 5 AufenthG und zähle auf die Expertise der Anwältin der Familie wie der des Sächsischen Flüchtlingsrats.“
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