Dass sich weltpolitische Entwicklungen, Energiepreise und ein zwischenzeitlich kalter Advent auf die Arbeit von Medizinern auswirken können, erlebten die Handchirurgen des Universitätsklinikums Leipzig (UKL) im vergangenen Dezember 2022: Allein von Monatsanfang Dezember bis Heiligabend registrierten sie zwölf abgetrennte Finger oder Fingerglieder durch unsachgemäße Nutzung von Sägen.
„Als der Advent begann, wurde es kalt und es lag Schnee“, blickt Prof. Stefan Langer, Bereichsleiter Plastische, Ästhetische und Spezielle Handchirurgie, zurück. „Und plötzlich stieg die Zahl abgetrennter Fingerendglieder rapide an.“ Auf einmal hätten viel mehr Menschen als sonst Feuerholz schneiden wollen, meint er, um durch die Nutzung des eigenen Kamins teures Gas oder ähnliches zu sparen.
„Es waren ausschließlich Männer in der Altersgruppe 50 plus, oft Familienväter mit Haus, die eigentlich wissen, was sie tun, sich aber meist durch Unachtsamkeit oder falsche Routine eine schwere Handverletzung zuzogen.“ Sie arbeiteten überwiegend mit Kreissägen, Tischkreissägen und Motorsägen, nur bei einem der Fälle war die Axt im Spiel.
Die überwiegende Reaktion der Betroffenen lässt eher erstaunen: „Die meisten nahmen es gelassen hin“, berichtet Handchirurg Langer. Ihnen sei völlig bewusst gewesen, selbst schuld zu sein und die Werkzeuge unsachgemäß benutzt zu haben.
„Wir versuchen in solchen Fällen natürlich immer, so viel Fingerlänge wie möglich zu erhalten, um die Fähigkeiten der Hand zu erhalten“, erklärt der UKL-Experte. Oft seien dafür allerdings mehrere Operationen nötig. Möglich sei aber auch eine Stumpfbildung, das heißt, der Finger bleibt abgetrennt. „Auch für diese Variante entschied sich der eine oder andere ganz bewusst, schon, um drei Wochen stationären Aufenthalt und die Einnahme von Antibiotika zu umgehen“, sagt Prof. Stefan Langer. Die Frage, ob nur ein Stumpf bleiben solle oder nicht, besprachen er und sein Team allerdings in jeden Fall mit dem jeweiligen Patienten und seiner Familie je nach Lebenslage und Alter ganz individuell.
Wem zukünftig gleiches widerfährt, sollte nicht in Panik verfallen, rät Prof. Langer. „Erst mal möglichst einen antiseptischen Verband, Schmerzmittel und dann zur Notaufnahme“, so der Handchirurg.
Das Phänomen „Energiekrisen-Verletzungen“, wie man es nennen könnte, ging im Januar so schnell, wie es im Dezember gekommen war. Der Beginn des neuen Jahres 2023 zeigte sich eher in gewohnter Weise mit sogenannten silvesterassoziierten Verletzungen wie Schnitten, Verbrennungen und klassischen Böller-Verletzungen.
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