Als Gastland der Leipziger Buchmesse 2023 gibt Österreich nicht nur Einblicke in seine aktuelle Buchszene. Dem markanten Slogan „meaoiswiamia“ („mehr als wir“) entsprechend zeigt sich das Gastland auch aus zahlreichen anderen kulturell spannenden Perspektiven.

So wird das literarische Programm Österreichs von einer Reihe von Präsentationen und Events flankiert. Die Palette reicht von Ausstellungen von Maria Lassnig, Sabine Groschup, Nicolas Mahler und einer künstlerischen Intervention von Elfriede Jelinek und Marko Zink über eine Schau zur österreichischen Literatur der letzten 50 Jahre, eine Filmwoche und Kooperationsprojekte zwischen dem Institut für Sprachkunst in Wien und dem Leipziger Literaturinstitut bis hin zu Diskussionsrunden und Konzerten.

„Wer Literatur präsentieren möchte, muss immer auch den Blick weiten und das ,mehr als‘ sehen“, erklärt Katja Gasser, Künstlerische Leiterin des Projektes das Konzept. „Eine erste Auswahl von Veranstaltungen aus unserem Rahmenprogramm zeigt auf wunderbare Weise Bilder, Klänge und Orte hinter den Büchern und das vielfältige Bezugsfeld von Film und Buch.“

Der übergreifende Gedanke des Gastland-Auftritts spiegelt sich auch in der Gestaltung des Standes auf dem Messegelände wider: Großformatige Fotografien von Marko Lipuš zeigen seine Interpretation der österreichischen Nationalhymne und setzen sich kritisch mit dem Nationenbegriff auseinander. Das gesamte Begleitprogramm wird das Gastland Österreich Anfang März 2023 vorstellen.

Zu Beginn des Gastlandjahres widmen sich zwei Veranstaltungen den eher unbekannteren Werken von Maria Lassnig, einer der herausragendsten, weil eigensinnigsten österreichischen bildenden Künstlerinnen des 20 Jahrhunderts: Vom 18. bis 20. Januar 2023 nimmt eine Tagung in der Schaubühne Lindenfels unter dem Titel „Lifting Stones“ ihr gesamtes filmisches Werk in den Blick. Sie wird vom Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften der Kunstuniversität Linz in Wien veranstaltet.

Vom 17. März bis 13. Mai 2023 zeigt die Galerie der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig das zeichnerische Werk der Künstlerin. Ausgestellt werden rund 60 Arbeiten, die einen konsequenten Überblick über die Entwicklung der Zeichnung im Œuvre der Künstlerin geben. Die Idee zu dem Lassnig-Schwerpunkt ist nicht zuletzt aufgrund der 2022 erschienenen literarischen Biografie „Maria malt“ von Kristin Breitenfellner entstanden (Picus Verlag).

Eine Ausstellung der besonderen Art wird es im Leipziger Literaturhaus geben: „Ah! Thomas Bernhard. Den kenn ich. – Schreibt der jetzt für Sie?“ Nicolas Mahler zeichnet Artmann, Bernhard, Jelinek, Musil & Joyce. Hier werden Arbeiten des internationalen Comic-Stars aus Österreich gezeigt, der in seiner unverwechselbaren künstlerischen Handschrift Texte von österreichischen Autor:innen adaptiert hat (10. März bis 27. April 2023).

Von Marko Zink werden zwei Fotoserien in der galerie KUB in jeweils eigenen Räumen installiert und inszeniert (16. März bis 30. April 2023). Während er für „In der Maschine“ in Wiener Wohnungen einbrach, sich versteckte und fotografieren ließ, lässt er in „Tragödien“ Halbwesen – halb Mensch, halb Tier – durch Wälder und Felder irren oder Zuflucht suchen.

Die Aufnahmen entstanden – wie alle seine Arbeiten – auf zuvor gekochten analogen Filmen. Elfriede Jelinek zeigte sich so beeindruckt von den Werken, dass sie Texte dazu schrieb. Von ihr selbst eingesprochen, werden diese auf eckiger Vinyl begleitend zur Präsentation abgespielt.

Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig präsentiert unter dem Titel „3 Blutstropfen drei“ vom 29. April bis 7. Mai 2023 Werke der österreichischen Künstlerin, Filmemacherin und Autorin Sabine Groschup, die eine Schülerin von Maria Lassnig war. Die Ausstellung zeigt eine repräsentative Auswahl von Arbeiten aus Groschups vier Taschentuch-Zyklen mit jeweils von Hand gestickter eigener Lyrik auf Stofftaschentüchern unterschiedlicher Provenienz. Auditiv erlebbar werden die gestickten Texte durch die Stimmen von Dorothee Hartinger und Markus Meyer, Ensemblemitglieder des Wiener Burgtheaters.

Der herausragende österreichische Fotograf Marko Lipuš möchte mit seiner Arbeit „Anthem Reloaded“ mit den immer noch vorhandenen Konventionen und Vorstellungen von Nation und Nationalstaat brechen. Seine Fotoarbeiten illustrieren Motive der ersten Strophe der österreichischen Nationalhymne und werden mit futuristischen Klängen von Sašo Kalan untermalt.

Großformate dieser Fotografien sind Hauptelemente des Gastland-Standes auf der Leipziger Buchmesse. Ein Video-Loop mit „Anthem Reloaded“ wird auf den Messescreens und zu Beginn aller Abendveranstaltungen in der Schaubühne Lindenfels zu sehen sein.

Ebenfalls in der Schaubühne Lindenfels rückt eine dreiteilige Filmschau die enge Beziehung zwischen der österreichischen Literatur und dem Medium Film in den Fokus: Die Langfilmschau FURIOSO (18./19. sowie 21. bis 25. April) wird mit dem Dokumentarfilm „Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen“ eröffnet. Positionen wie „Sargnagel – Der Film“ stehen neben Klassikern wie „Die Klavierspielerin“ oder „Die Wand“ auf dem Programm.

Die Kurzfilmschau PRESTO (27. bis 29. April) rückt das Lyrische ins Zentrum. Neben verfilmten Gedichten werden Video Poems, also filmisch erzeugte Gedichte, zu sehen sein. Eine Reihe namhafter Gäste – u.a. Raphaela Edelbauer, Oswald Egger, Peter Stephan Jungk, Judith Nika Pfeifer und Ferdinand Schmatz – werden im Rahmen der Filmschau in Gesprächen mit dem Kurator Thomas Ballhausen von ihren filmischen Arbeiten und ihren Kinoleidenschaften erzählen.

Bereits im Februar lädt das Literarische Colloquium Berlin (LCB) Autorinnen und Autoren aus Österreich zu einem Residency-Programm nach Berlin. Im Rahmen des Gastland-Projekts werden Mieze Medusa, Robert Prosser und Elias Hirschl für mehrere Wochen zu Gast im LCB sein, in konzentrierter Atmosphäre arbeiten, an Veranstaltungen teilnehmen und Kontakte zu den literarischen Akteur/-innen Berlins knüpfen. Am 24. Februar 2023 sind die drei Autor:innen unter dem Titel „Neues in der österreichischen Literatur – Spoken Word und Performance als Formen gegenwärtigen Erzählens“ auf der Bühne des LCB zu erleben.

Die Österreichische Nationalbibliothek präsentiert im Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig eine große Ausstellung zur österreichischen Literatur von den 1970er-Jahren bis in die Gegenwart. Die vom Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek erarbeitete Schau stellt ab 26. April 2023 unter dem Titel „JETZT & ALLES. Österreichische Literatur. Die letzten 50 Jahre“ die wichtigsten österreichischen Autor:innen der letzten 50 Jahre vor.

Im Austausch mit ausgewählten Autor/-innen entstehen eigens für die Schau produzierte Beiträge und multimediale Arbeiten, außerdem sind ein begleitendes Symposium sowie Lesungen geplant.

Mit einem musikalischen Erlebnis wartet die Schaubühne Lindenfels am 20. April auf. Auf dem Programm steht die ungewöhnliche Neuinterpretation des wohl brillantesten Liederzyklus der Romantik. Der österreichische Sänger Oliver Welter (Naked Lunch) und die Konzertpianistin Clara Frühstück bringen „Die Winterreise“ von Franz Schubert und Wilhelm Müller mit ihren 24 Liedern auf ihre ganz besondere Art auf die Bühne. Dabei mutiert etwa der Lindenbaum vom deutschen Volkslied zum Folksong mit Fingerpicking-Gitarre.

Besondere Begegnungen versprechen zwei Projekte, die das Deutsche Literaturinstitut in Leipzig und das Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst in Wien gemeinsam für den Gastland-Auftritt entwickelt haben. Unter dem Titel „Den Wald vor lauter Heimat“ können Besucher/-innen in der Galerie KUB in Leipzig am 23. und 25. März auf einer begehbaren Bühne einen installativen sprachlichen „Heimat“-Raum, ein politisches Theater des Waldes erleben.

Ein weiteres Projekt der beiden Schulen stellt die Frage: Wer gehört dazu und wer nicht? 1995 war anlässlich des Auftritts Österreichs als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse die österreichische Anthologie „Literatur über Literatur“ erschienen. Fast 30 Jahre später zeigen Studierende beider Institute am 24. März in der Galerie KUB in Leipzig, wie eine repräsentative Anthologie heute aussehen und wen bzw. was sie enthalten müsste.

Eine Übersicht über diese und weitere Veranstaltungen im Rahmen des Ehrengast-Auftritts von Österreich finden Interessierte unter: www.gastland-leipzig23.at

Über die Leipziger Buchmesse

Die Leipziger Buchmesse ist der wichtigste Frühjahrstreff der Buch- und Medienbranche und versteht sich als Messe für Leser, Autoren und Verlage. Sie präsentiert die Neuerscheinungen des Frühjahrs, aktuelle Themen und Trends und zeigt neben junger deutschsprachiger Literatur auch Neues aus Mittel- und Osteuropa. Gastland der Leipziger Buchmesse 2023 ist Österreich.

Durch die einzigartige Verbindung von Messe und „Leipzig liest“ – dem größten europäischen Lesefest – hat sich die Buchmesse zu einem Publikumsmagneten entwickelt. Im Verbund mit der Leipziger Buchmesse öffnet die Manga-Comic-Con (MCC) in Halle 1 und Halle 3.

Zur letzten Veranstaltung präsentierten 2500 Aussteller aus 46 Ländern die Novitäten des Frühjahrs und begeisterten damit auf dem Messegelände sowie in der gesamten Stadt 286.000 Besucher. Die Leipziger Buchmesse wird durch Neustart Kultur der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

Über die Leipziger Messe

Die Leipziger Messe gehört zu den zehn führenden deutschen Messegesellschaften und den Top 50 weltweit. Sie führt Veranstaltungen in Leipzig und an verschiedenen Standorten im In- und Ausland durch. Mit den fünf Tochtergesellschaften, dem Congress Center Leipzig (CCL) und der KONGRESSHALLE am Zoo Leipzig bildet die Leipziger Messe als umfassender Dienstleister die gesamte Kette des Veranstaltungsgeschäfts ab.

Dank dieses Angebots kürten Kunden und Besucher die Leipziger Messe – zum achten Mal in Folge – 2021 zum Service-Champion der Messebranche in Deutschlands größtem Service-Ranking. Der Messeplatz Leipzig umfasst eine Ausstellungsfläche von 111.900 m² und ein Freigelände von 70.000 m².

Jährlich finden durchschnittlich 270 Veranstaltungen – Messen, Ausstellungen und Kongresse – statt. Als erste deutsche Messegesellschaft wurde Leipzig nach Green Globe Standards zertifiziert. Ein Leitmotiv des unternehmerischen Handelns der Leipziger Messe ist die Nachhaltigkeit.

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