Streuobstwiesen sind Kulturgut und Vorzeigebeispiel einer klimaangepassten, umweltschonenden Landwirtschaft zugleich. Dennoch geht ihr Bestand in Deutschland zurück. Bäume werden zu wenig gepflegt, sie leiden unter der anhaltenden Dürre und der Ausbreitung der Mistel. Zudem fehlt es in vielen Bundesländern noch an einer politischen Förderung für ihren Erhalt, ihrer Pflege und ihrer Nutzung.
Unter dem Motto „Handlungskonzept Streuobst Thüringen als Vorbild für den deutschsprachigen Raum” fand am 8. und 9. November der bundesweite Streuobstwiesenkongress in Erfurt statt. Ziel des vom Förderverein Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland (FAbL e.V.) organisierten und vom Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) geförderten Kongresses war es, Öffentlichkeit für das Thema Streuobstwiesen zu schaffen und in Fachvorträgen gemeinsam die Herausforderungen und Lösungsansätze für ihren Erhalt herauszuarbeiten.
Hierzu sagte Staatssekretär Dr. Vogel vom TMUEN, der den Kongress symbolisch bei einer Baumpflanzung auf einer Streuobstwiese in Erfurt eröffnete: „Streuobstwiesen sind Hotspots der Artenvielfalt, deshalb sind sie so kostbar. Zudem prägen sie unsere Kulturlandschaften und versorgen uns mit regionalem Obst.
Um Streuobstwiesen zu schützen, haben wir das neue Handlungskonzept mit allen relevanten Akteuren erarbeitet. Damit schaffen wir wichtige Standards bei der fachgerechten Pflege der Bäume und Wiesen. Nun gilt es, das Konzept in Thüringen möglichst breit anzuwenden, in andere Bundesländer zu tragen und gemeinsam weiter zu entwickeln.“
Das Thüringer Handlungskonzept Streuobst, das auch auf Drängen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft umgesetzt wurde, umfasst viele Maßnahmen zum Erhalt von Streuobstwiesen etwa über festgelegte Qualitätsstandards der Obstbaumpflege. Das Konzept ist das bislang umfassendste seiner Art in Deutschland.
Der sehr gut besuchte Kongress brachte verschiedene Streuobst-Akteure wie politische Entscheidungsträger/-innen, Streuobst-Initiativen, Bewirtschafter/-innen und Baumwart/-innen aus allen Bundesländern zusammen, um auch in anderen Bundesländern ähnliche Konzepte zu etablieren. Der Erhalt von Streuobstwiesen ist jedoch nicht nur von der richtigen politischen Förderung und Rahmensetzung abhängig, auch Nutzungskonzepte der Streuobstwiese sind zentral.
Hierzu Dr. Jan Brunner vom Förderverein Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft: „Die Nutzung von Flächen und Naturschutz können Hand in Hand gehen. Vielfältige Streuobstwiesen sind Biotope, auf denen wir gesunde regionale Lebensmittel herstellen. Wir fordern daher von der Politik passende Rahmenbedingungen für den Erhalt. Professionelle Pflege, besonders unter den schwierigen klimatischen Bedingungen, braucht einen stabilen finanziellen Rahmen. Das gilt genauso für die Vermarktung von Streuobstprodukten. Streuobstwiesen sollten gesellschaftlich wieder eine viel größere Wertschätzung erfahren.“
Das Programm aus Exkursion, Fachvorträgen, praktischen Beispielen und Speed-Dating, wurde ergänzt durch einen Markt der Möglichkeiten. Es wurde deutlich, dass es bereits viele Projekte und Ideen gibt, aber oft eine strukturelle Unterstützung für sie fehlt. Somit ist der Kongress lediglich Startschuss eines politischen und gesellschaftlichen Wandels der Sichtweise auf Streuobstwiesen.
Hintergrund
Streuobstwiesen sind nicht nur Hot-Spots der Artenvielfalt und eine ästhetische Bereicherung unserer Landschaft, sie bieten auch viele Antworten auf aktuelle Probleme. Ihre Vielfalt an Arten und Sorten macht aus ihnen nicht nur ein wertvolles Biotop an sich, sie sind auch resilienter gegenüber Krankheiten und Schädlingen, besitzen ein hohes Potential im Rahmen der Klimafolgenanpassung und können zu einer regionalen Lebensmittelversorgung beitragen.
Von diesem wie von anderen Elementen einer einst vielfältigen Kulturlandschaft sind jedoch nur noch Relikte zu finden. Unter den aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen ist es kaum möglich, Streuobstwiesen kostendeckend zu bewirtschaften. Das führt zu einer Überalterung der Flächen, Nachpflanzungen fehlen, es mangelt an Baumpflege. Auch werden einige der einst blühenden Streuobstwiesen der Bebauung freigegeben.
Um diese Entwicklung aufzuhalten, hat das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz das „Handlungskonzept Streuobst Thüringen“, dem derzeit deutschlandweit umfassendsten Plan zur Förderung und Pflege von Streuobstwiesen, herausgelassen. Ziel des Kongresses ist es, dieses Konzept einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen und darauf aufbauend in anderen Bundesländern Konzepte zum Erhalt und der Förderung von Streuobstwiesen zu initiieren.
Weitere Informationen zum Kongress: https://www.fabl-ev.de/streuobstkongress
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