Heute vor elf Jahren geriet erst in Eisenach ein Wohnmobil in Brand, dann explodierte in Zwickau ein Haus. Heute vor elf Jahren offenbarte die Selbstenttarnung des „Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU)“ eine Mord- und Terrorserie, die beispiellos in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands ist. Zwischen den Jahren 2000 und 2007 wurden zehn Menschen von zwei Rechtsterroristen und einer Rechtsterroristin ermordet, unzählige Angehörige und Freunde wurden traumatisiert und tragen bis heute schwer an den Folgen. Aber auch im gesellschaftlichen Diskurs ist die Fassungslosigkeit darüber fest verankert, dass über Jahre hinweg derartige Verbrechen in der Öffentlichkeit verübt und von Behörden nicht aufgeklärt werden konnten.
Im Gedenken an die Opfer des NSU-Komplexes legen heute Abend die Staatsministerin für Kultur und Medien des Bundes, Claudia Roth und die Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung des Freistaats Sachsen, Katja Meier, am Gedenkort für die Opfer des NSU am Schwanenteichparkgelände in Zwickau einen Kranz ab.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth: „Die Morde des NSU gehören zu den schlimmsten rassistischen Gewalttaten in der Bundesrepublik Deutschland der jüngeren Zeitgeschichte. Sie stehen dabei auch für das damalige Versagen in Behörden und Politik, für die Erniedrigungen der Opfer und ihrer Angehörigen, für einen unglaublichen Vertrauensverlust seitens der von rassistischer Gewalt Betroffenen.
Die Aufarbeitung all der Dimensionen dieser Verbrechen ist längst nicht abgeschlossen. Das angemessene Erinnern an rechtsextremistische Gewalt als Teil der deutschen Erinnerungskultur, die alle mit einschließt, ist Voraussetzung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wenn wir uns gemeinsam erinnern, können wir gemeinsam Zukunft gestalten.“
„Der Freistaat Sachsen ist sich der besonderen und andauernden Verantwortung für die politische Aufarbeitung des schrecklichen NSU-Terrors und des entstandenen Vertrauensverlustes durch das Versagen staatlicher Institutionen bewusst“, sagt Justiz- und Demokratieministerin Katja Meier.
„Gerade in Sachsen müssen wir gegen Rassismus vorgehen und aktiv unsere Demokratie stärken. Das heutige Erinnern an die Opfer ist eine zentrale Voraussetzung, um Extremismus in Zukunft stark entgegentreten zu können. Und das geplante Dokumentationszentrum soll uns dem ‚Nie wieder!‘ ein großes Stück näherbringen. Die Debatten der letzten Tage zeigen, wie wichtig die Einrichtung eines Erinnerungsortes und eines Dokumentationszentrums zum NSU-Komplex sind.
Als lebendiger Ort der Bildungsarbeit könnten Menschen zusammenkommen und einen Ort des demokratischen Austauschs vorfinden, zudem könnten die NSU-Akten archiviert und erforscht werden. Zusammen mit dem Bund sowie Akteuren aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik arbeiten wir daran, die in den Koalitionsverträgen in Sachsen und im Bund formulierten Ziele der Errichtung eines Erinnerungsortes sowie eines Dokumentationszentrums für die Opfer der Taten des in Sachsen untergetauchten NSU zu erreichen.“
Die Bundesregierung und der Freistaat Sachsen sind sich der besonderen Verantwortung bewusst, dass die Aufarbeitung zum NSU-Komplex nicht als abgeschlossen gelten darf. Daher ist in den aktuellen Koalitionsverträgen des Bundes wie des Freistaat Sachsens vereinbart, die Errichtung eines Erinnerungsortes sowie eines Dokumentationszentrums für die Opfer der Taten des in Sachsen untergetauchten NSU zu unterstützen.
Bereits im vergangenen Jahr wurde mit einem Bildungs- und Gedenktag in Zwickau der Prozess zur Entwicklung eines Dokumentationszentrums gestartet. In diesem Jahr wird dieser Prozess im Rahmen der Friedenskonferenz „Build Peace“, die vom 4. bis 6. November 2022 in Chemnitz stattfindet und deren Schirmherrschaft Demokratieministerin Katja Meier übernommen hatte, fortgesetzt.
Das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung beteiligt sich mit dem Workshop „Öffentliches Gedenken an Opfer rechtsterroristischer Gewaltstraftaten aus internationaler Perspektive“. Ziel des Workshops ist es, kommunale und internationale Perspektiven der Gedenk- und Erinnerungsarbeit kennenzulernen und zu diskutieren.
Daneben plant die Kulturstaatsministerin derzeit gemeinsam mit den Bundesländern den Aufbau eines virtuellen Archivs zum Rechtsterrorismus, das langfristig allen Menschen zur Verfügung stehen und auch für Forschung und Bildung wertvolle Informationen bereitstellen wird. Erste erfolgversprechende Planungen mit den Ländern haben bereits stattgefunden.
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