Das Klinikum St. Georg unterstützt diese Kampagne der DKG „Alarmstufe ROT – Krankenhäuser in Gefahr“ vollumfänglich. „Einschränkungen im laufenden Klinikbetrieb, die wegen der aktuellen Krisenlagen jederzeit möglich sind, können wir uns aufgrund unserer Alleinstellungsmerkmale nicht leisten. Vor zwei Jahren funktionierte das Gesundheitssystem aus heutiger Sicht noch.
Natürlich gab es damals schon die Themen Fachkräftemangel, Investitionsstau, Bürokratisierung sowie Technologie- und Digitalisierungsrückstände. Corona hat zusätzlich vieles durcheinander gewirbelt, die Krankenhäuser mussten im Krisenmodus geführt werden. Aber es gab die Hoffnung, dass sich danach die Lage stabilisiert. Zwei Jahre Pandemie haben die Krankenhäuser substanziell angeschlagen und die Beschäftigten ausgelaugt“, erklärt Dr. Iris Minde, die als Geschäftsführerin des Klinikums für eine adäquate stationäre Versorgung der Leipziger Bevölkerung und in der St. Georg Unternehmensgruppe für 4.000 Beschäftigte verantwortlich ist.
Klinikum ist systemrelevant
Das Klinikum St. Georg versorgt Patientinnen und Patienten mit schwersten Brandverletzungen aus ganz Sachsen im hochspezialisierten Schwerbrandverletztenzentrum, eine Kinderintensivversorgung mit angeschlossener Dialyseabteilung gibt es sachsenweit nur am Klinikum und nicht zuletzt steht eine Quarantänestation für Patientinnen und Patienten mit hochansteckenden Infektionskrankheiten rund um die Uhr für Mitteldeutschland in Bereitschaft.
„Das Klinikum St. Georg als Teil des deutschen Gesundheitsversorgungssystems ist systemrelevant, genauso wie Energie- und Wasserversorgungsunternehmen“, betont Minde. Die Pandemie hat auch die medizinische und finanzielle Leistungsfähigkeit des Klinikums St. Georg auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Die Beschäftigen haben mit Engagement und Willen dafür gesorgt, dass der Notfall- und Regelbetrieb größtenteils aufrechterhalten werden konnte. Politik und Krankenkassen haben mit Pragmatismus geholfen, dass das Klinikum sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren konnte. Die Stadt Leipzig als Eigentümer des Klinikums stand finanziell unbürokratisch zur Seite.
Eingeschränktes Leistungsangebot und Lieferprobleme
Und dennoch war es nicht einfach. Das Klinikum musste sein Leistungsangebot einschränken und über alle Berufsgruppen Personalausfälle kompensieren. In Folge musste beispielsweise die Unfallklinik orthopädische Operationen fast vollständig zugunsten der operativen Behandlung von Unfallverletzen einstellen. Ein Kreislauf kam in Gang, der nur schwer wieder zu stoppen war.
Die sonst gute Patientenmischung mit leichten und schweren Krankheitsbildern auf den Stationen wurde verschoben, Pflegekräfte hatten nun noch mehr zu tun als vorher, die Vorgaben des Gesetzgebers zur Pflegepersonaluntergrenzen mussten de facto „übertroffen“ werden. Der Schweregrad der Fälle, quasi „der“ Indikator für Arbeitsbelastung, ist in der Unfallklinik beispielsweise um 5% gestiegen. Zu Personalausfall kam noch Personalüberlastung.
Budgets zu halten war in der Pandemie unmöglich. Allein für Testkits, Schutzausrüstung und eine Vielzahl zusätzlicher Laboruntersuchungen hatte das Klinikum St. Georg 2021 zusätzliche Kosten von ca. 1,7 Mio. Euro zu stemmen. Die Freihaltepauschalen haben ihren Beitrag zum Überleben des Klinikums geleistet, finanzielle Reserven hat das Klinikum nun aber nicht mehr.
In den beiden vergangenen Jahren musste die Betriebsorganisation mehrfach geändert werden, was für Personal und Patienten nicht immer leicht war. Am Beispiel der Notaufnahme, eine der größten in Sachsen, lässt sich das veranschaulichen. Die ca. 700 m2 große Notaufnahme musste in Behandlungsbereiche für Patienten mit und ohne Infektionen getrennt werden, alles musste doppelt vorgehalten werden.
Auch die Lieferkettenproblematik hat die Krankenhäuser generell in arge Bedrängnis gebracht. Neben horrenden Preisen kam schnell das Lieferproblem hinzu, entweder weil die Produktion nicht hinterherkam oder die Logistik nicht mehr funktionierte. Nur mit Mühe waren die Kliniken durch vorausschauende Beschaffung und durch umsichtigen Verbrauch noch in der Lage, Schlaganfallpatienten leitliniengerecht zu behandeln.
Energieproblem wird zur neuen Belastungsprobe
Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine kommt das Energieproblem hinzu. „Vorrangig geht es mir jetzt darum, dass das Klinikum betriebsfähig bleibt und von den Leipziger Stadtwerken ausreichend mit Gas und Strom beliefert wird“, führt Minde aus. Ob das der Fall sein wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt keiner vorhersagen. Gerade im Strom- und Wärmebereich hat das Klinikum St. Georg schon viel getan.
Für 6 Mio. Euro wurden energieintensive Verbraucher wie beispielsweise die Klimatechnik ersetzt, Rohrleitungen gedämmt, Wärmepumpen installiert oder Stromspeicher angeschlossen. „Das alles reicht immer noch nicht aus, zudem setzt unsere Gebäudestruktur eine energetische Grenze. Unsere Kassen sind jetzt leer, wir müssten weiter investieren, können es uns finanziell aber nicht leisten“, so die Geschäftsführerin.
Nationale Aufgabe: Ziele für die Zukunft setzen
Das Energiethema ist vorrangig eine nationale Aufgabe. Es geht jetzt um Energiebeschaffung und -erzeugung, hier müssen sich die Kliniken auf die Bundesregierung verlassen können. Für die Zukunft müssen klare Ziele gesetzt werden. Zum Beispiel mit umfassender Digitalisierung. Sie führt zu mehr Effizienz, Leistungsfähigkeit und letztlich finanzieller Entlastung. Auch der Fach- und Arbeitskräftemangel ist mit Ausbildungs- oder Recruiting-Offensiven nicht in den Griff zu bekommen.
„Die Beschäftigen sollten stattdessen sinnvoller verteilt werden, es muss ernsthaft über eine Aussetzung der Leiharbeit nachgedacht und die Tariflohnsteigerungen sollten refinanziert werden. Die schlechte finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser ist eine Folge der vielen Einzelprobleme. Es braucht Struktur- und Finanzierungsreformen zur Sicherung der Patientenversorgung. Darüber hinaus braucht es eine Investitionsförderung, damit effiziente Strukturen geschaffen werden können und auch coronabedingte Kosten müssen weiterhin ausgeglichen werden“, führt Minde aus.
Hier ist die Krankenhausplanung der Länder gefragt, viel besser wäre eine Planung des Bundes. Auch die Bürgerinnen und Bürger müssen einen Beitrag leisten, indem sie mehr Eigenverantwortung für ihre Gesundheit übernehmen.
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