Die Regierungsfraktionen lehnten gestern den Antrag der Linksfraktion für eine Bleiberechtsoffensive in Sachsen ab. Damit begehrte die Fraktion rechtlich bindende Vorgaben für die lokalen Ausländerbehörden, um Betroffenen im Rahmen des Aufenthaltsgesetzes ein Bleiberecht zu ermöglichen (Drucksache 7/7155). Unter anderem sollten die Ausländerbehörden aktiv auf Aufenthaltserlaubnisse hinweisen, die vollziehbar ausreisepflichtige Menschen im Zweifel beantragen sollen.
Denn gewährt werden sie nur auf Antrag. Viele Betroffene wissen aber nicht Bescheid über dem Schutz, den sie im Zweifel haben, der ihnen aber durch Abschiebung genommen wird. Der Antrag war im Dezember 2020 im Innenausschuss öffentlich angehört worden.
Der Leipziger Rechtsanwalt Matthias Lehnert schrieb seinerzeit in seiner Stellungnahme: „Das allgemeine Verwaltungsrecht sowie das spezielle Migrationsrecht beinhalten jedoch zugleich und nicht nur ergänzend verschiedene Pflichten der Behörden, den Sachverhalt zu erforschen und Anträge und Verfahren anzuregen und zu initiieren.
Dies gilt erst recht gegenüber Menschen, denen die Materie mangels Sprachkenntnissen oder mangels Erfahrung mit dem deutschen Recht weniger bekannt ist, und für die faktisch und finanziell besonders hohe Hürden bestehen, sich Rechtsrat durch Beratungsstellen oder Rechtsanwält/-innen einzuholen.“
Die asylpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Juliane Nagel, erklärt dazu: „Ich hätte es den geduldeten Menschen in Sachsen gewünscht, dass ihre jeweilige Ausländerbehörde im Kreis oder der Stadt auf sie zugeht und schaut, welche Bleiberechte oder Schutzmechanismen während Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen oder bis zur Ausbildung möglich sind – bevor sie den Platz im Abschiebeflieger bucht.
Das scheint mit diesem unbelehrbaren Innenminister und zwei progressiven, aber mutlosen Koalitionspartnern jedoch nicht möglich zu sein. Ein weiteres Mal vergibt der Landtag damit die Chance, den lokalen Ausländerbehörden verbindliche Vorgaben zu machen, und lässt den existierenden Flickenteppich unangetastet.
Wir lassen wir uns nicht entmutigen und setzen unsere Bleiberechtsoffensive fort. Das sind wir den geduldeten Menschen und all jenen, die beratend und aktivistisch um Bleiberechte kämpfen, schuldig. Hoffnung machen die Veränderungen, welche die Bundesregierung anstrebt, etwa der ,Chancen-Aufenthalt‘ von einem Jahr. Ihn sollen wenigstens diejenigen erhalten, die am 1. Januar 2022 bereits fünf Jahre lang in Deutschland gelebt hatten.
Neun Bundesländer haben bereits Maßnahmen ergriffen, diese Menschen schon heute vor Abschiebung zu schützen. Eine solche Vorgriffsregelung braucht auch Sachsen. Erneut fordere ich die Koalitionspartner auf, wenigstens an dieser Stelle dem Innenminister Paroli zu bieten, Abschiebungen nicht nur zu verbessern und endlich effektiv Menschen aus der Duldung in ein Bleiberecht zu geleiten.“
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