Am 20. September berichtete die Leipziger Volkszeitung über den Fall einer Familie, die in ihrem Reihenhaus rund 30.000 Kilowattstunden (kWh) für Wärme verbraucht. Da ihr Haus unter Denkmalschutz steht, sind eine zusätzliche Dämmung und die Anbringung einer Photovoltaikanlage nicht möglich. Im Zuge der Energiekrise erhöhte ihr Ökogas-Anbieter die Preise. Die Familie soll nun monatlich einen Abschlag von 1093€ zahlen.
Die Fraktion Die Linke hat im Stadtrat nachgefragt, unter welchen Voraussetzungen der Denkmalschutz für den Ausbau der erneuerbaren Energien gelockert werden kann (https://gleft.de/4Vr).
Dazu erklärt Michael Neuhaus, Sprecher für Umwelt: „Für energetische Maßnahmen auf denkmalgeschützten Gebäuden braucht man aktuell eine Ausnahmegenehmigung. Diese darf laut Stadt nur erteilt werden, wenn die Veränderung – salopp gesagt – von der Straße aus nicht zu sehen ist. Damit werden die Installation einer Anlage, die bezahlbaren Strom liefert oder Maßnahmen, welche die Heizkosten senken, quasi verunmöglicht, während die Energiekosten explodieren. Es zeigt, wie steinzeitlich diese ‚Denkmalschutz-vor-Klimaschutz‘-Regelung ist. Sie ist Teil der Ursache, weshalb viele Bewohnerinnen und Bewohner denkmalgeschützter Häuser nun am Abgrund stehen.
Wir können uns solche Bremsklötze bei der Energiewende im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr leisten. Wir leben im Jahr 2022, Häuser haben Toiletten mit Wasserspülung – wieso darf nicht auch von außen zu sehen sein, dass das 18. Jahrhundert vorbei ist? Eine Photovoltaikanlage oder Dämmung verwandeln ein Haus noch lange nicht ein futuristisches Gebäude.“
Eine zweite Anfrage beschäftigt sich mit der Simildenstraße. Anwohnerinnen und Anwohner wünschen sich hier Schatten spendende Straßenbäume, welche jedoch ebenfalls aufgrund des Denkmalschutzes nicht angepflanzt werden dürfen (https://gleft.de/4Vs).
„In einer Zeit, in der Klimawandel und Energiekrise omnipräsent sind, wirken diese Regelungen nicht mehr zeitgemäß. Baumpflanzungen seien hier nicht möglich, da historisch keine Bäume auf der Straße zu finden waren. Bei so einer Begründung muss man froh sein, dass man die Simildenstraße mit modernen Straßenklamotten überhaupt noch betreten darf.“
Ein Hoffnungsschimmer bleibt jedoch: Die Verwaltung hat angekündigt, das zuständige Amt für Bauordnung und Denkmalpflege vor dem Hintergrund des sächsischen Denkmalschutzgesetzes seinen Handlungsspielraum zukünftig stärker nutzen wird. Letztendlich muss hier aber endlich die Landesregierung tätig werden und den Denkmalschutz ins 21. Jahrhundert katapultieren.
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